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247 JVG – Rücklagen sind tabu

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Kein Anspruch auf Auszahlung Rücklagen sind tabu

Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage „Die Jagdgenossenschaft beschließt über die Verwendung des Reinertrages der Jagdnutzung. Beschließt die Jagdgenossenschaft, den Ertrag nicht
an die Jagdgenossen nach dem Verhältnis des Flächeninhaltes ihrer beteiligten Grundstücke zu verteilen, so kann jeder Jagdgenosse, der dem Beschluss nicht zugestimmt hat, die Auszahlung seines Anteils verlangen. Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen einem
Monat nach der Bekanntmachung der Beschlussfassung schriftlich oder mündlich zu
Protokoll des Jagdvorstandes geltend gemacht wird.“ § 10 Abs. 3 Bundesjagdgesetz

II. Der Sachverhalt
Die Jagdgenossenschaft in X. hatte in früheren Jahren Rücklagen gebildet, die im Laufe der
Zeit angewachsen waren. Nun stand eine Entscheidung darüber an, was mit diesen Mitteln
geschehen soll. Durch Beschluss bestimmte sie, die Gelder für gemeinnützige Zwecke
zu spenden. Jagdgenosse G. war damit nicht einverstanden. Er beantragte vor Gericht die Feststellung, dass der Beschluss rechtswidrig ist und ihm ein Anspruch auf Auszahlung seines Anteiles zusteht.

III. Das Urteil
Vor Gericht hatte G. keinen Erfolg. Seine Klage wurde in vollem Umfang abgewiesen, weil
Rücklagen aus früheren Jahren nicht auszukehren sind und der Beschluss über die  Verwendung ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Bei einem gemeinchaftlichen Jagdbezirk, so das Gericht in seiner Begründung, stehe nicht den Grundeigentümern, sondern allein der Jagdgenossenschaft das Jagdausübungsrecht zu, nur sie könne also die Jagd durch Verpachtung nutzen. Als Ausgleich dafür habe jeder Jagdgenosse einen Anspruch auf Auszahlung seines Anteils am Reinertrag. Beschließe die Jagdgenossenschaft,
den Reinertrag nicht oder nicht vollständig an die Grundeigentümer anteilsmäßig zu verteilen, so könne jeder Jagdgenosse, der dem Beschluss nicht zugestimmt habe, die Auszahlung seines vollen Anteils verlangen (§ 10 Abs. 3 BJG, siehe oben). Dieser Anspruch
erlösche, wenn er nicht innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich beim Jagdvorstand geltend gemacht werde. Beschließe die Jagdgenossenschaft
entsprechend ihrer Satzung, einen Teil des Reinertrages aus dem abgelaufenen Jagdjahr als Rücklage zu verwenden, so könne daher jeder Jagdgenosse, der dem nicht zugestimmt
habe, auch aus diesem Teil des Ertrages seinen Anteil verlangen, wenn er seinen
Anspruch innerhalb eines Monats geltend mache. Anders sei es aber, wenn es um Rücklagen aus früheren Jahren gehe; denn bei diesen handele es sich weder um Teile
des Reinertrages aus dem abgelaufenen Jahresjagdjahr, noch habe der Jagdgenosse seinerzeit der Bildung von Rücklagen widersprochen und rechtzeitig schriftlich Auszahlung verlangt. Der Beschluss über die Verwendung von Rücklagen sei daher keine Entscheidung über den Reingewinn aus der Jagd Jagdnutzung im Sinne des § 10 Abs. 3 BJG, sondern ein allgemeiner Beschluss der Jagdgenossenschaft. Bay. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.03.1999 – 19 ZB 98.2488 –

247 JVG - Rücklagen sind tabu
Weil beim Reviersystem der Grundeigentümer sein Jagdrecht nicht ausüben kann, bekommt er als Jagdgenosse diesen Eingriff in sein Eigentum vergütet. Ihm steht ein Auskehrungsanspruch zu – sein Anteil am Reingewinn aus der Jagdnutzung. Auf die Rücklagen der Jagdgenossenschaft kann er nachträglich aber nicht mehr zugreifen MONTAGE: DAGMAR SIEGEL

IV. Anmerkungen
1. Reviersystem
Der Anspruch ist eine Folge des Reviersystems. Da dem Eigentümer zwar das Jagdrecht
auf seinem Grund und Boden zusteht, er es aber nicht ausüben kann, weil die Jagd nur in
Jagdbezirken ausgeübt werden darf, erhält er als Ausgleich einen Anspruch auf Auszahlung
des Anteils am Reingewinn. Dieser Auskehranspruch ist also die Abgeltung dafür, dass ein
anderer sein Jagdrecht auf seinen Flächen ausübt. Ganz anders ist es bei einem
Eigenjagdbezirk: Hier ist die Fläche so groß, dass der Eigentümer zugleich Inhaber eines
Jagdbezirkes ist. Ihm stehen daher sowohl das Jagdrecht (aufgrund seines Eigentums)
als auch das Jagdausübungsrecht (als Inhaber eines Jagdbezirkes) auf seinen Flächen zu.

2. Der Auskehranspruch
Für den Anspruch des Grundeigentümers auf Auszahlung seines Anteils am Reingewinn aus
der Jagdnutzung (Verpachtung) gelten im wesentlichen folgende Grundsätze:
● Die Jagdgenossenschaft kann beschließen, den Reinertrag nicht an ihre Mitglieder zu verteilen, sondern anderweitig zu verwenden, zum Beispiel zu wohltätigen Zwecken. Ein solcher Beschluss kann nicht nur für ein Jagdjahr gefasst werden, sondern auch für  künftige, bisein neuer Beschluss über eine andere Verwendung ergeht.
● Jeder Jagdgenosse, der diesem Beschluss nicht zugestimmt hat (Gegenstimme, Stimmenthaltung, Abwesenheit), kann verlangen, dass ihm sein Anteil am Reingewinn
ausgezahlt wird.
● Dieser Anspruch muss innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Jagdvorstandes geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist der Anspruch ausgeschlossen.
● Bei für mehrere Jahre oder unbefristet geltende Beschlüsse muss der Anspruch auch in
den folgenden Jahren innerhalb eines Monats nach Ablauf des jeweiligen Jagdjahres erhoben werden, sofern er nicht für „jetzt und die Zukunft“ geltend gemacht wurde.
● Ein Jagdgenosse, der einem mehrjährigen oder unbefristeten Beschluss zugestimmt hat,
kann nachträglich in den folgenden Jagdjahren seine Zustimmung widerrufen und Auszahlung verlangen. Der Widerruf muss vor Beginn des Jagdjahres erfolgen, für das
erstmals Auszahlung begehrt wird. Widerruf und Auszahlungsverlangen gelten dann
im Zweifel auch für künftige Jagdjahre, bis ein neuer Beschluss gefasst wird oder der
Jagdgenosse eine andere Entscheidung mitteilt.
● Bei einem Eigentumswechsel ist der neue Eigentümer zunächst an die Entscheidung
seines Vorgängers gebunden. Für die Zukunft kann er aber verlangen, dass ihm sein Anteil
am Reingewinn ausbezahlt wird, ebenso kann er darauf verzichten.
● Der Auskehrungsanspruch ist fällig, sobald unter normalen Umständen mit der Erstellung
der Abrechnung gerechnet werden kann. Das ist in der Regel etwa zwei Monate nach Ablauf des Jagdjahres der Fall.
● Bei der Berechnung der Höhe des Reingewinns sind nur die mit der Erzielung des Ertrages notwendig verbundenen Aufwendungen abzuziehen. Hierzu gehören beispielsweise
nicht Aufwendungen für ein gemeinsames Jagdessen oder für Maßnahmen der einzelnen
Jagdgenossen zur Verhütung von Wildschäden an ihren Grundstücken. Eine Differenzierung zwischen Feld- und Waldflächen, jagdlich wertvollen und weniger wertvollen Grundstücken ist nicht zulässig. An der Gewinnverteilung nehmen alle bejagbaren Flächen in gleicher Weise teil.
● Zuständig für die gerichtliche Geltendmachung des Auskehrungsanspruchs ist das örtlich
zuständige Verwaltungsgericht.

V. Ergebnis

1. Beschließt die Jagdgenossenschaft über eine andere Verwendung des Reinertrages, so
kann der Jagdgenosse, der diesem Beschluss nicht zugestimmt hat, die Auszahlung
seines Anteils verlangen. Der Anspruch ist innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung
beim Jagdvorstand schriftlich geltend zu machen.
2. Entscheidet die Jagdgenossenschaft über die Verwendung von Rücklagen aus früheren
Jagdjahren, so kann ein Jagdgenosse keine Auszahlung seines Anteils an den Rücklagen
verlangen, weil es sich bei diesen Rücklagen nicht um Einnahmen aus der Jagdnutzung
des abgelaufenen Jagdjahres handelt.

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