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318 JVG – Feldmäßiger Anbau von Gemüse

2034

318 JVG – Feldmäßiger Anbau von Gemüse, Wann muss gezäunt werden?

318 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Der Wildschaden, der an Weinbergen, Gärten, Obstgärten … oder Freilandpflanzungen von Garten- oder hochwertigen Handelsgewächsen entsteht, wird, soweit die Länder nicht anderes bestimmen, nicht ersetzt, wenn die Herstellung der üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen. Die Länder können bestimmen, welche Schutzvorrichtungen als üblich anzusehen sind.“ § 32 Abs. 2 BJagdG 2. „Als übliche Schutzvorrichtungen … sind außer anderen üblichen geeigneten Mitteln anzusehen wilddichte Zäune . gegen Rot-, Dam-, Sika und Muffelwild in Höhe von 1,80 Metern (m), . gegen Rehwild in Höhe von 1,50 m, . gegen Schwarzwild, Hasen und Wildkaninchen in Höhe von 1,20 m über der Erde und 0,30 m in der Erde.“ § 1 DVO LJG NRW (andere Länder: siehe unter V. Ergebnis).

II. Der Sachverhalt
Landwirt L. hatte auf seinen Grundstücken eine großzügige Fläche Buschbohnen feldmäßig angebaut. Die üblichen Schutzvorrichtungen gegen Wildschäden hatte er nicht errichtet. Eines Tages bemerkte er Wildschäden auf einem Feld, die er rechtzeitig anmeldete. Da es im Vorverfahren zu keiner gütlichen Einigung kam, erhob er beim zuständigen Amtsgericht Klage gegen den Jagdpächter. Zur Begründung machte er geltend, dass es sich wegen des feldmäßigen Anbaues nicht um ein Gartengewächs handle, sondern um eine Feldpflanze. Er habe daher keine Schutzvorrichtungen errichten müssen. Der Jagdpächter war damit nicht einverstanden, er beantragte die Abweisung der Klage.

III. Das Urteil
Das Oberlandesgericht gab dem Jagdpächter Recht; es wies die Klage des Landwirts kostenpflichtig ab, weil es sich trotz des feldmäßigen Anbaues nicht um eine Feldpflanze, sondern um ein Gartengewächs gehandelt habe. Die Buschbohnen hätten daher durch Errichtung der üblichen Schutzvorrichtungen geschützt werden müssen. Ob es sich bei großflächigem Anbau von Gemüsepflanzen um ein Gartengewächs oder um eine Feldpflanze handle, hänge nicht allein davon ab, ob die Bewirtschaftung gartenmäßig oder feldmäßig erfolge. Hinzukommen müsse, dass der feldmäßige Anbau in einem Gebiet von deutlich mehr als einem Landkreis derartig im Vordergrund stehe, dass dem gartenmäßigen Anbau nur noch eine sehr geringe Bedeutung zukomme. Außerdem müsse der feldmäßige Anbau in der betroffenen Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung „einiges Gewicht“ haben. Hieran fehle es im vorliegenden Falle. Nach Auskunft der zuständigen Landwirtschaftskammer erfolge der Anbau von Buschbohnen in der betroffenen Region nach Größe der Felder und maschineller Bearbeitung zwar feldmäßig, während die gartenmäßige Bewirtschaftung mit dieser Frucht mit 1,6 Prozent fast vollständig zurücktrete. Jedoch betrage der Anbau von Buschbohnen in dem Gebiet nur etwa 0,3 bis 0,5 Prozent der Gesamtackerfläche, sodass dem Anbau nicht „einiges Gewicht“ zukomme. Es genüge nicht, dass der Anbau in den wenigen Betrieben, auf die er sich konzentriere, einen erheblichen Umfang von 10 bis 12,5 Prozent erreiche. Entscheidend sei der Anteil an der Gesamtackerfläche, und der sei hier zu gering. Trotz des feldmäßigen Anbaues seien daher die Buschbohnen als Gartengewächse anzusehen, sodass sie durch die üblichen Schutzvorrichtungen hätten geschützt werden müssen. Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 18.2.2008 – 16 U 26/07 IV. Anmerkungen Bei feldmäßigem Anbau von Obst und Gemüse ist die Un- terscheidung von Gartengewächsen (Schutzvorrichtungen notwendig) und Feldpflanzen (Schutzvorrichtungen nicht notwendig) von entscheidender Bedeutung. Denn handelt es sich um Gartengewächse, muss der Geschädigte die üblichen Schutzvorrichtungen gegen Wildschäden errichten und instand halten, andernfalls hat er keinen Anspruch auf Wildschadensersatz. Handelt es sich dagegen um Feldpflanzen, kann der Geschädigte auch ohne die üblichen Schutzvorrichtungen Schadensersatz verlangen. Im ersten Falle ist es also Sache des Geschädigten, Wildschäden zu verhindern, im zweiten Sache des Jagdpächters, sofern er im Pachtvertrag den Ersatz übernommen hat. Üblicherweise sind z. B. Feldpflanzen Mais, Getreide, Kartoffeln, Rüben und Raps, während zu den Gartengewächsen vor allem Gemüse und Obst gehören. Diese Unterscheidung kann bei einem überregionalen feldmäßigen Anbau der Gartengewächse durchbrochen werden. Mit der Folge, dass das Gartengewächs zur Feldpflanze wird und dadurch Wildschäden auch ohne Umzäunung zu ersetzen sind. Nach dem grundlegenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.7.2004 – III ZR 359/03 (WuH 1/2005, S. 104) werden Gartengewächse zu Feldpflanzen, wenn alle folgenden Voraussetzungen vorliegen: 1. Der feldmäßige Anbau des Gartengewächses muss sich auf ein Gebiet von deutlich mehr als einem Landkreis erstrecken. 2. Der gartenmäßige Anbau muss gegenüber dem feldmäßigen von sehr geringer Bedeutung sein. 3. Der feldmäßige Anbau muss insgesamt in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung „einiges Gewicht“ haben, also einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtanbaufläche der Region ausmachen. 4. Der feldmäßige Anbau muss eine nachhaltige, bereits über Jahre andauernde Entwicklung haben (z. B. traditionelles Anbaugebiet für dieses Gewächs). Welchen Anteil die Anbaufläche mit dem Gartengewächs an der Gesamtackerfläche der Region mindestens haben muss, um „einiges Gewicht“ zu haben, sagt das Urteil nicht. Ein Anteil von 0,5 Prozent reicht jedenfalls nicht aus. Sinnvoll wäre es, wie bei der Unterscheidung zwischen Kulturen mit Haupt- oder Nebenholzarten eine Fläche von etwa 10 Prozent zugrunde zu legen, weil es auch hier um das Problem der erhöhten Anziehung des Wildes und damit einer selbst verursachten Erhöhung der Wildschadensgefahr geht. Ob alle unter 1. bis 4. genannten Voraussetzungen vorliegen, muss durch Einholung gutachterlicher Stellungnahmen der Landwirtschaftskammern/- ämter oder anderer Sachverständiger geklärt werden. Um beim großflächigen Anbau von Obst und Gemüse vor Überraschungen sicher zu sein und nicht Opfer eines künftigen Anbauwechsels zu werden, empfiehlt es sich, im Pachtvertrag den Ersatz von Wildschäden an feldmäßig angebauten, uneingezäunten Gartengewächsen auszuschließen. Beispiel: „Für Wildschäden an feldmäßig angebauten Garten- und hochwertigen Handelsgewächsen gilt § 32 Abs. 2 BJagdG in Verbindung mit dem Landesrecht.“

V. Ergebnis
1. Ein großflächiger feldmäßiger Anbau genügt noch nicht, um ein Gartengewächs zur Feldpflanze zu machen, mit der Folge, dass Wildschäden auch ohne Errichtung der üblichen Schutzvorrichtungen zu ersetzen sind. 2. Hinzu kommen muss ein traditioneller Anbau der Pflanze in einem Gebiet, das erheblich größer als ein Landkreis ist und einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtfläche dieser Region einnimmt. 3. Übliche Schutzvorrichtungen sind in der Regel wilddichte Zäune oder Drahtgeflechtzäune mit einer Höhe von 1,80 m gegen Rot-, Damund Sikawild, 2,50 m gegen Muffelwild (NRW und Rheinl.- Pfalz 1,80 m, Brandenburg 2,00 m), 1,50 m gegen Rehund Gamswild. Gegen Schwarzwild gilt 1,50 m Höhe, in Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinl.-Pfalz und Saarland am Boden befestigt. In NRW 1,20 m über und 0,30 m in der Erde

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