ANZEIGE

329 JVG – Elektrozaun untersagt

1843

 329 JVG – Kein Wildschadenersatz, Elektrozaun untersagt

329 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einem solchen angegliedert ist, durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt, so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. … Hat der Jagdpächter den Ersatz übernommen, so trifft ihn die Ersatzpflicht. § 29 Abs. 1 BJagdG 2. Ein Anspruch auf Ersatz von Wildschäden ist nicht gegeben, wenn der Geschädigte die vom Jagdausübungsberechtigten zur Abwehr von Wildschäden getroffenen Maßnahmen unwirksam macht. § 32 Abs. 1 BJagdG

II. Der Sachverhalt
Jäger J. war Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks. Im Pachtvertrag hatte er den Ersatz von Wildschäden übernommen. Zur Vermeidung ausgedehnter Wiesenschäden beabsichtigte er, wie bereits in den Vorjahren, Elektrozäune zu stellen. Der Grundstücksinhaber untersagte jedoch pauschal und ohne nähere Begründung die Errichtung von Wildschutzzäunen auf seinen Grundstücken. Mit der Anbringung außerhalb seiner Flächen war er aber einverstanden. In der Folge entstanden auf den ungeschützten Flächen erhebliche Wildschäden, die von der Gemeinde durch Vorbescheid auf 684 Euro festgesetzt wurden. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. J. legte Berufung ein.

III. Das Urteil
Das Landgericht gab dem Jagdpächter Recht. Es hob das Urteil des Amtsgerichts und den Vorbescheid der Gemeinde auf und lehnte den Ersatz des Wildschadens ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Anspruch nach § 32 Abs. 1 BJagdG ausgeschlossen sei. Nach dieser Bestimmung sei ein Anspruch nicht gegeben, wenn der Geschädigte die vom Jagdausübungsberechtigten zur Abwehr von Wildschäden getroffenen Maßnahmen unwirksam macht. Ebenso werde behandelt, wer die Errichtung von Schutzmaßnahmen von vornherein ohne triftigen Grund untersagt. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Der Geschädigte habe die Errichtung von Elektrozäunen auf seinen Flächen generell untersagt, ohne dass hierfür ein überzeugender Grund bestanden habe. Sein Hinweis, den Zaun auf dem Nachbargrundstück zu erstellen, gehe fehl, weil der Jagdausübungsberechtigte dadurch in fremde Rechte eingreifen würde. Landgericht Koblenz, Urteil vom 21.5.2010 – 14 S 100/09 –

IV. Anmerkungen
1. Unwirksammachen der Schutzmaßnahme Die hier maßgebliche Vorschrift des § 32 Abs. 1 BJagdG behandelt den stärksten Fall eines Mitverschuldens des Geschädigten, nämlich dass er die vom Jagdausübungsberechtigten getroffenen Schutzmaßnahmen unwirksam macht. Ein solches Verhalten ist so massiv, dass der dadurch entstehende Schaden insgesamt nicht zu ersetzen ist. Ein derartiger Fall ist zum Beispiel gegeben, . wenn der Geschädigte den Zaun oder sonstige Schutzmaßnahmen vorsätzlich zerstört oder unbrauchbar macht, etwa durch Abschalten des Stromes oder Unterbrechung des Stromkreises; . wenn er den Zaun oder sonstige Schutzmaßnahmen fahrlässig unbrauchbar macht, zum Beispiel beim Befahren des Feldes, und ihn nicht unverzüglich wieder instand setzt, obwohl ihm das möglich ist (sonst unverzügliche Meldung); . wenn er den Zaun zur Bewirtschaftung öffnet, danach aber nicht wieder schließt; . wenn er einen umgestürzten Zaun sieht und nicht aufrichtet, obwohl ihm das mit geringem Aufwand an Ort und Stelle möglich ist (andernfalls unverzügliche Meldung); . wenn er vom Jagdausübungsberechtigten zur Verfü gung gestelltes Material entgegen der Absprache nicht zur Wildschadensverhütung verwendet. 2. Grundlose Versagung der Schutzmaßnahme In gleicher Weise ausgeschlossen ist der Ersatzanspruch, wenn der Geschä digte die Errichtung geeigneter Schutzmaßnahmen ohne triftigen Grund verbietet. Denn nach § 26 BJagdG ist der Jagdausübungsberechtigte berechtigt, das Wild zur Verhütung von Wildschäden vom Grundstück abzuhalten, sofern er dadurch das Grundstück nicht beschädigt. Auch macht es keinen Unterschied, ob die Maßnahme nachträglich unbrauchbar gemacht oder von vornherein ohne überzeugenden Grund untersagt wird. Ein triftiger Grund dürfte fehlen, wenn nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft ein vernünftiger, unbefangener Landwirt die Errichtung der Schutzmaßnahme zur Vermeidung von Wildschäden erlauben beziehungsweise bei eigener Haftung vornehmen würde. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn die Schutzmaßnahme zur Verhütung/ Verminderung von Wild schäden geeignet ist und dem Landwirt dadurch kein Verlust entsteht. Das gilt auch, wenn der Jagdausübungsberechtigte sich bereit erklärt, den durch die Schutzmaßnahme entstehenden Ernteausfall/Schaden zu ersetzen, zum Beispiel bei Freilassung eines Randstreifens für einen Elektrozaun, um höhere Schäden innerhalb des Schlages zu verhindern. Wird die Schutzmaßnahme gleichwohl untersagt, sind Wildschäden im zuletzt genannten Fall allenfalls bis zur Höhe des vorgenannten Ernteausfalls/ Schadens zu ersetzen. Darüber hinausgehende Wildschäden hat der Geschädigte zu tragen, weil sie durch den Zaun verhindert worden wären. Hat ein Gehilfe die Schutzmaßnahmen unwirksam gemacht, muss der Landwirt nach § 831 Bürgerliches Gesetzbuch dafür einstehen, sofern er nicht nachweist, dass der Gehilfe stets zuverlässig und sorgfältig gearbeitet hat. In allen Fällen ist der Anspruch nur in dem Umfang ausgeschlossen, in dem der Schaden auf der Unbrauchbarmachung/ Versagung der Schutzmaßnahme beruht. Daher müssen Schäden, die unabhängig hiervon eintreten, grundsätzlich ersetzt werden. Wird beispielsweise die Errichtung eines Zaunes grundlos untersagt und tritt ein Wildschaden durch Fasanen ein, so ist der Schaden zu ersetzen, weil er durch den Zaun nicht verhindert worden wäre. Eine vorbildliche Regelung gibt es in Mecklenburg-Vorpommern: Dort sind die Landwirte kraft Gesetzes verpflichtet, an der Vermeidung von Wildschäden in folgender Weise aktiv mitzuwirken (§ 3 der Beitragssatzung der Wildschadensausgleichskasse): . rechtzeitige vorherige Information des Jagdausübungsberechtigten über Ort, Flächengröße und Termin der Aussaat und Ernte von regelmäßig gefährdeten Flächen; . unverzügliche Benachrichtigung des Jagdausübungsberechtigten über den Eintritt von Wildschäden, damit dieser sofort Gegenmaßnahmen ergreifen kann; . Unterstützung beim Aufstellen und Umsetzen von jagdlichen Einrichtungen und Zäunen zur Abwehr von Wildschäden; . Anlegung von Stilllegungsflächen zwischen besonders gefährdeten Kulturen und Wald oder sonstigen Wildeinständen (zum Beispiel Schilf) sowie um Feuchtbiotope, die sich innerhalb besonders gefährdeter Kulturen befinden.

V. Ergebnis
1. Macht ein Landwirt die vom Jagdausübungsberechtigten erstellten geeigneten Schutzmaßnahmen unwirksam (zum Beispiel Elektrozaun), verliert er seinen Ersatzanspruch. 2. Die gleiche Folge tritt ein, wenn er ohne triftigen Grund die Errichtung geeigneter Schutzmaßnahmen untersagt. 3. Hat ein Gehilfe die Schutzmaßnahmen unwirksam gemacht, muss sich der Landwirt das zurechnen lassen, außer er weist nach, dass der Gehilfe stets zuverlässig und sorgfältig gearbeitet hat.

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot