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339 JVG – Revolver unter dem Kopfkissen

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339 JVG – Süße Träume REVOLVER UNTER DEM KOPFKISSEN

339 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.“ § 45 Abs. 2 WaffG 2. „Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden … oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.“ § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) und b) WaffG

II. Der Sachverhalt
Waffenbesitzer W. besaß einen Gasrevolver Röhm RG 6, der zum Verschießen von Kleinkalibermunition umgebaut war. Diese und weitere Waffen waren in seiner Waffenbesitzkarte eingetragen. Im Mai 2007 durchsuchte die Polizei seine Wohnung, weil er in der Veranstaltung einer Bürgerinitiative gedroht hatte, eine Handgranate gegen einen geplanten Hochspannungsleitungsmast einzusetzen. Während der Untersuchung zeigte W. den Polizisten seinen Gasrevolver, der mit unterschiedlicher KK-Munition geladen war und im Schlafzimmer unter seinem Kopfkissen lag. Auf Befragen gab W. an, er habe die Waffe dort zur Verteidigung aufbewahrt, weil in derDes Weiteren bestehe die Gefahr, dass W. seine Waffen missbräuchlich und leichtfertig verwenden werde. Denn er habe seine Waffe schussbereit unter seinem Kopfkissen bereitgehalten, um eine von ihm erwartete Notwehrsituation abzuwehren, anstatt diese durch andere, mildere Mittel zu beseitigen. Ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff, wie ihn die Notwehr erfordere, habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen. Durch das Bereithalten der schussbereiten Waffe habe die Gefahr bestanden, dass W. von ihr voreilig rechtswidrig Gebrauch machen würde und dadurch ein anderer verletzt oder getötet worden wäre. Das Waffenbesitzverbot ergebe sich aus § 41 WaffG. Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil vom 23.10.2008 – 5 A 46/08 –
III. Das Urteil
Vor Gericht hatte W. keinen Erfolg, seine Klage wurde kostenpflichtig abgewiesen. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten sei rechtmäßig, weil nachträglich die Voraussetzungen für ihre Erteilung entfallen seien. W. sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) und b) WaffG unzuverlässig, da zu befürchten sei, dass er seine Waffen nicht ordnungsgemäß verwahren und missbräuchlich verwenden werde. Nach § 36 WaffG seien Kurzwaffen grundsätzlich entladen und von der Munition getrennt in einem Behältnis der Sicherheitsstufe B oder höherwertig aufzubewahren. Ein Ablegen unter dem Kopfkissen sei daher nicht erlaubt. Zwar dürfe ein Waffenbesitzer seine Waffe innerhalb der eigenen Wohnung ohne behördliche Erlaubnis bei sich führen, dabei müsse er aber jederzeit die volle alleinige Kontrolle über sie besitzen. Dies sei aber während des Schlafens nicht der Fall. Denn es sei weder gewährleistet, dass der Schlafende beim Zugriff eines Unberechtigten aufwachen würde, noch dass er im Schlaf seine Lage nicht verändern und dadurch die Waffe freilegen würde, sodass sie dem Zugriff eines Nichtberechtigten ausgesetzt wäre. Dieser Verstoß gegen die ordnungsgemäße Aufbewahrung wiege besonders schwer, weil die Waffe geladen gewesen sei und nachts von seiner Ehefrau hätte ergriffen werden können. Allein die bloße Möglichkeit des Zugriffs eines Nichtberechtigten genüge, um einen schweren Verstoß zu begründen.

IV. Anmerkungen
Wer schläft, hat seine Sinne abgeschaltet und damit die tatsächliche Gewalt über seine Waffe verloren, selbst wenn diese unter ihm liegt. Er erlangt die Herrschaft über sie erst zurück, sobald er wieder erwacht. Solange er schläft, bemerkt er weder das Verrutschen der Waffe noch das Annähern oder Lauern eines Nichtberechtigten auf eine unbemerkte Zugriffsmöglichkeit. Ein Familienmitglied, das selbst nicht zum Besitz der Waffe berechtigt ist, hätte leichtes Spiel, die Waffe zu entwenden. Aber auch Diebe haben schon Schmuck vom Nachttisch entwendet, während der Eigentümer daneben schlief. Über all das kann man unterschiedlicher Meinung sein – entscheidend ist allein, wie die Gerichte das bewerten. Für sie dürfte der „abgeschaltete Kopf“, die fehlende Überwachung, ausschlaggebend sein. Im Übrigen befand sich in diesem Fall die Waffe bei der Durchsuchung unter dem Kopfkissen, ohne dass W. darüber lag. Zu bedenken ist auch, dass ein illegales Überlassen der Waffe schon vorliegt, wenn Nichtberechtigte – wozu auch Familienmitglieder gehören – die Möglichkeit haben, allein und unbemerkt die Waffe an sich zu nehmen, selbst wenn sie dies gar nicht beabsichtigen (Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 6.12.1978 – 1 C 94.76 und – 1 C 7.77 -; WuH 11/1993, S. 43). Waffenrechtlich gesehen liegt zwar kein verbotenes Führen vor, wenn der Berechtigte seine Waffe in seiner Wohnung bei sich trägt, auch geladen. Eine ganz andere Frage ist aber, ob darin nicht schon eine Verletzung der Sorgfaltspflichten zu sehen ist, weil der Umgang mit unnötig geladenen Waffen vermeidbare Gefahren begründet. Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hat dies bereits bejaht, da nach § 3 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschriften Waffen nur während der tatsächlichen Jagdausübung geladen sein dürfen (Beschluss vom 19.5.2006 – 8 ME 50/06 -; WuH 16/2008, S. 98). Zwar gelten die Unfallverhütungsvorschriften unmittelbar nur für Jäger, die in der Berufsgenossenschaft versichert sind, also für Pächter, Jagdaufseher und Eigenjagdinhaber; sie werden aber von den Gerichten analog (erweiternd) auf alle Waffenbesitzer angewendet, soweit es um die Vermeidung von Unfällen geht. Deshalb kann ein Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften bei jedem Waffenbesitzer als „unvorsichtiger Umgang“ mit der Waffe eingestuft werden und nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) WaffG zur Unzuverlässigkeit führen. Die in diesem Verfahren auch angesprochene Notwehr setzt nach § 32 Strafgesetzbuch voraus, dass 1. ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf sich, sein Eigentum oder einen Dritten vorliegt und 2. dass die Verteidigungsmaßnahme zur Abwehr des Angriffs erforderlich ist. Beide Voraussetzungen lagen hier nicht vor.

V. Ergebnis
1. Zu Hause sind Schusswaffen entweder entladen im Waffentresor aufzubewahren oder unter ständiger alleiniger Sachherrschaft bei sich zu behalten. Das Trocknen, Zerlegen, Reinigen und Vorzeigen einer Waffe hat daher in ständiger Anwesenheit und unter permanenter Aufsicht des Berechtigten zu erfolgen, ein Verlassen des Zimmers oder Ablegen in einem anderen Raum ist nicht erlaubt. 2. Zu Hause muss die Waffe grundsätzlich entladen sein, um nicht gegen die Sicherheitsbestimmungen zu verstoßen. 3. Ein Schlafender übt nicht die tatsächliche Gewalt/Kontrolle über die in oder neben seinem Bett liegende Waffe aus, sodass sie während dieser Zeit weder zu Hause legal bei sich getragen noch ordnungsgemäß aufbewahrt wird. Folge: Unzuverlässigkeit. Vergangenheit fremde Personen auf dem rückw.rtigen Teil seines Grundstücks herumgeschlichen seien. Den Umbau habe nicht er, sondern sein Großvater vorgenommen. Sobald er aufgestanden sei, habe er die Waffe in seinem Stahlschrank verwahrt. Die Waffenbehörde widerrief die Waffenbesitzkarten des W., verfügte ein Waffenbesitzverbot auch für erlaubnisfreie Waffen und gab W. auf, seine Waffen innerhalb einer bestimmten Frist einem Berechtigten zu überlassen. Dagegen erhob W. Klage vor dem Verwaltungsgericht.

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