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385 JVG – Hohes Alter kein Versagungsgrund

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385 JVG – Hohes Alter kein Versagungsgrund JAGDSCHEIN RECHTSWIDRIG ENTZOGEN

Mark G. v. Pückler

385 JVG

I. Der Fall

Ein 76-jähriger Jäger staunte nicht schlecht, als er eines Tages einen Brief von der Jagdbehörde bekam. Darin wurde er – ohne Anlass – aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über seine persönliche Eignung zum Waffenbesitz vorzulegen. Zur Begründung wurde mitgeteilt, dass er ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung an Bluthochdruck, Prostatakrebs und einer Nierenerkrankung leide. Nach Auskunft des Bürgermeisters habe er „zumindest mit den Augen Probleme“.

Der Jäger lehnte es ab, sich untersuchen zu lassen. Daraufhin entzog ihm die Jagdbehörde den Jagdschein und erklärte diesen für ungültig. Der Jäger ging vor Gericht.

II. Das Urteil

Er bekam Recht. Das Gericht hob den Bescheid auf, weil keine Tatsachen vorlagen, die Zweifel an der persönlichen Eignung des Jägers begründen. Das hohe Alter allein sei noch kein Anlass für die Anforderung einer amtsärztlichen Untersuchung. Auch sei nicht ersichtlich, inwiefern ein hoher Blutdruck, ein Krebsleiden und eine Erkrankung der Nieren negative Auswirkungen auf den Umgang mit Waffen haben. Die Mitteilung des Bürgermeisters über die angebliche Sehschwäche sei keine Tatsache, sondern lediglich eine Vermutung. Das Gesetz verlange aber ausdrücklich Tatsachen, aus denen sich die Bedenken an der persönlichen Eignung ergeben. Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 26.11.1992 – 5 K 3179/92.

III. Anmerkungen

Ein Urteil, das viele ältere Jäger erfreuen wird. Denn aus ihm ergibt sich, dass es keine feste Altersgrenze für den Jagdschein gibt. Entscheidend ist immer der konkrete individuelle Zustand des Betroffenen. Ähnlich wie im Führerscheinrecht ist nicht das Alter der Maßstab, sondern tatsächlich vorhandene körperliche oder geistige Einschränkungen, die Bedenken am sicheren Umgang mit der Waffe begründen.

Hierzu gehören insbesondere der Verdacht auf Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, Geschäftsunfähigkeit, psychische Erkrankungen und Debilität. Ferner auch die Neigung zu unvorsichtigem oder unsachgemäßem Umgang mit Waffen oder Munition sowie deren unsorgfältiger Aufbewahrung (§ 6 Abs. 1 WaffG).

Eine Schwerbehinderung reicht für sich allein nicht generell aus. Auch hier ist entscheidend, auf welchen Gründen sie beruht und welche Folgen sie hat. So kann zum Beispiel eine gefahrvolle Operation

eine Schwerbehinderung begründen, ohne dass dadurch die Fähigkeit zum sicheren Umgang mit der Waffe reduziert wird. Davon geht auch das Gesetz mittelbar aus, indem es Körperbehinderten erlaubt, Wild aus Kraftfahrzeugen zu erlegen (§ 19 Abs. 1 Nr. 11 BJagdG).

IV. Ergebnis

1. Bei fehlender Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung muss die Waffenbehörde die waffenrechtlichen Erlaubnisse (WBK) widerrufen und die Jagdbehörde den Jagdschein für ungültig erklären und einziehen. Kein Ermessen (§ 45 WaffG, §§ 17, 18 BJagdG)! Folgen: Abgabe der Waffen und Munition an einen Berechtigten oder deren Unbrauchbarmachung, Erlöschen des Pachtvertrages und – bei Verschulden des Pächters – Schadensersatz an den Verpächter, falls diesem dadurch ein Schaden entsteht (§ 13 BJagdG).

2. Liegen Tatsachen vor, die lediglich Bedenken an der persönlichen Eignung begründen, muss die Behörde dem Betroffenen aufgeben, innerhalb einer bestimmten Frist auf seine Kosten ein amtsärztliches, fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine geistige und körperliche Eignung vorzulegen, um Klarheit zu schaffen (§ 6 Abs. 2 WaffG).

3. Hohes Alter allein begründet noch keine Bedenken an der persönlichen Eignung, rechtfertigt also nicht die Anforderung eines gesundheitlichen Zeugnisses.

4. Lehnt der Betroffene die Beibringung eines entsprechenden Zeugnisses ab, obwohl auf Tatsachen beruhende Bedenken vorliegen, so kann die Behörde von seiner Nicht-Eignung ausgehen und den Jagdschein sowie die WBK entziehen (§ 45 Abs. 4 WaffG, § 4 Abs. 6 AWaffV).

5. Hinweis für ältere Jäger: Wer seine Waffen vererben will, zum Beispiel an Sohn oder Enkel, muss seinen Jagdschein regelmäßig verlängern, weil bei längeren Pausen das Bedürfnis entfallen kann, sodass der Widerruf der WBK und damit die Abgabe der Waffen drohen (siehe auch WuH 4/2011, S. 98, und 18/2015, S. 90).

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