Der Schalldämpfer

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Mit aufgesetzter Flüstertüte schützt der Jäger nicht nur seine Ohren, sondern auch die seines Nachbarn und Hundes. Was Schalldämpfer leisten und auf was Sie beim Einsatz achten müssen, erklären Pascal Conter, Christopher Hocke und Dr. Ralph Nebe.

1. Was ist ein Knall?

Eine Explosion löst in der Umgebungsluft eine Luftdruck­schwankung aus. Im Wechsel folgen pulsierend Überdruck­ und Unterdruckphasen, bis wieder der normale Luftdruck herrscht. Die Größe des entstandenen Überdrucks im Ver­gleich zum normalen Umgebungsdruck wird als Schalldruck bezeichnet. Der Schalldruckpegel wird in der Maßeinheit Dezibel (dB) gemessen. Da die Berechnung des Schall­druckpegels auf einer logarithmischen Funktion basiert, be­ deutet eine Zunahme um 6 dB eine Verdoppelung des Schalldrucks. Umgekehrt ist dann eine Reduzierung um 6 dB auch eine Halbierung des Schalldrucks.

 

2. Wie entsteht der Schussknall?

An der Laufmündung passieren insgesamt vier Schallereignis­ se nahezu gleichzeitig:

  1. 
Die Luftsäule im Lauf vor dem Projektil wird komprimiert und beschleunigt – je nach Geschossgeschwindigkeit auf Überschall.
  2. Durch das Geschoss an sich entsteht der Geschossknall.
    Hierbei gilt: je größer das Kaliber, desto lauter der Knall. Überschreitet das Projektil die Schallgeschwindigkeit, nimmt der Geschossknall sprunghaft zu.
  3. Verlässt das Projektil den Lauf, öffnet sich das bisher ge­schlossene System dahinter, und heiße Verbrennungsga­se, die unter mehreren Hundert Bar Druck stehen, ex­pandieren schlagartig (Mündungsknall).
  4. Die nachströmenden heißen Gase bilden bei der schlag­artigen Entspannung an der Mündung das letzte Schall­ereignis. Diese Gase und die vom Projektil ausgestoßene Laufluftsäule überlagern sich jedoch zeitlich so nah mit dem Gas­ und Geschossknall, dass sie für das menschli­che Ohr nicht einzeln wahrnehmbar sind.

 

3. Ab wann ist der Schussknall für das Ohr gefährlich?

Zahlreiche Messversuche belegen, dass der durchschnittliche Schussknall eines Büchsenschusses, einen Meter neben der Mündung gemessen, bei etwa 165 Dezibel (dB[C]) und am Ohr bei etwa 156 dB (C) liegt. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Schmerzgrenze des menschlichen Ohres liegt bei 134 dB. Gehörschäden kön­nen bei kurzfristiger Einwirkung bereits ab 120 dB (C) entste­hen.

 

4. Wie funktioniert ein Schalldämpfer?

Hat das Geschoss den Lauf verlassen, breiten sich die hoch­ gespannten und heißen Verbrennungsgase im Schalldämp­fer (SD) aus. Die meisten SD haben daher je nach Bauart zur Laufseite hin eine mehr oder weniger große Expansions­kammer. Die Gase kühlen sich darin schlagartig ab, wenn sie sich entspannen – also ein größeres Volumen einnehmen. Dieses Abkühlen ist bereits der erste wichtige Schritt zum Re­duzieren des Knalls. Fast alle SD werden von Blenden in meh­rere Kammern unterteilt. Aufgabe dieser ist es, die heißen und komprimierten Pulvergase zu verwirbeln und umzulei­ten. Dadurch werden sie weiter abgekühlt und abgebremst. Die Verwirbelung soll einerseits die Stoßwellenfront des Mün­dungsknalls brechen, andererseits den zurückgelegten Weg der Gase im SD erhöhen. Im Idealfall strömen dann die Ver­brennungsgase weit unterhalb der Schallgeschwindigkeit aus, ohne dabei einen hohen Geräuschpegel zu erzeugen. Der Mündungsknall wird reduziert.

 

5. Kann ein normaler Repetierer nachgerüstet werden?

Das nachträgliche Anbringen eines Gewindes an die Mün­dung ist einfach und kostengünstig. Dies muss von einem Fachmann durchgeführt werden und hat, nach dem deut­schen Waffengesetz, zwingend einen Instandsetzungsbe­schuss beim Beschussamt zur Folge. Beim Kauf einer neuen Jagdwaffe kann ein Mündungsgewinde aber in den meisten Fällen bereits mitbestellt werden. Schalldämpferhersteller bieten die gängigsten metrischen Gewinde an.

 

6. Funktionieren Schalldämpfer an halbautomatischen Waffen?

Die durch den Schalldämpfer im Lauf entstehende Pulver­-gassäule kann eine Überfunktion bei Gasdruckladern zur Folge haben. Diese kann den Repetierzyklus beeinflussen. Die Gefahr von Ladehemmungen oder dem Nicht­-Auswer­fen der leeren Hülse besteht. Man kann aber nicht gene­rell behaupten, dass Selbstladewaffen mit Schalldämpfern nicht funktionieren. Bevor man sich jedoch einen Schall­dämpfer für seine Selbstladebüchse zulegt, sollte diese probegeschossen werden, um die uneingeschränkte Funktion der Waffe zu überprüfen.

 

7. Bleibt der Schalldämpfer nach Gebrauch immer auf der Waffe?

Der Schalldämpfer sollte nach dem Schießen grundsätzlich entfernt werden. Die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit kondensiert im warmen Schalldämpfer. Das Kondensat könnte in den Lauf gelangen und diesen bei längerer Lage­rung durch Korrosion beschädigen.

 

8. Reduzieren Wasser- oder Ölreste im Dämpfer die Lautstärke?

Ja, denn die schnellen und unter hohem Druck stehenden Gase verwirbeln und zerstäuben die Flüssigkeiten. Dazu ist Energie notwendig, die den Pulvergasen in Form von Wär­me und Geschwindigkeit entzogen wird. Die Gase kühlen so schneller ab, ihr Volumen wird verkleinert, und sie treten mit einer geringeren Geschwindigkeit aus. Die durchge­führten Messungen belegen, dass die zusätzliche Dämpfung durchaus bis zu 10 dB ausmachen kann und für bis zu zehn Schüsse anhält. Viele Anwender ihren SD von innen immer wieder leicht mit Öl ein – es verlängert auch die Le­bensdauer des SD.

 

9. Kann der Knall durch Unterschallmunition noch weiter reduziert werden?

Die Geschwindigkeit des Projektils bei Unterschallmunition ist geringer als die Schallgeschwindigkeit der Luft und verhindert somit den Überschallknall. Es entsteht mit aufgesetztem SD ein noch deutlich hörbares Geräusch mit einem Schalldruck­pegel zwischen 115 und 135 dB.

 

10. Kann Unterschallmunition jagdlich genutzt werden?

„Subsonic“­Munition für Großkaliberwaffen hat eine geringe­re Geschossenergie, die aus der niedrigeren Geschwindigkeit resultiert. Deformations­ oder Zerlegungsprojektile benötigen aber eine gewisse Zielgeschwindigkeit, um eine ausreichen­ de Wirkung im Ziel zu entfalten. Der Gesetzgeber schreibt eine Mindestenergie vor, die kommerziell hergestellte Unterschallmunition in jagdlichen Kalibern meist nicht erreicht. Außerdem sind handelsübliche Unterschall­laborierungen oft mit Vollmantelgeschossen versehen, die bei waidgerechten Schüssen nur eine geringe Tötungswir­kung aufweisen. Größere jagdliche Bedeutung besitzt Unterschallmunition bei Kleinkaliberwaffen. Die Mündungsgeschwindigkeit sol­cher Munition liegt bei etwa 315 m/s, also unter der Schallge­schwindigkeit. Die Energie dieser Laborierungen liegt nur geringfügig unter der Standardmunition (Mündungsge­schwindigkeit: circa 400 m/s). Sie sind somit jagdlich ein­ setzbar.

 

11. Reduzieren Schalldämpfer den Rückstoß?   

Der wohl eindrucksvollste Nebeneffekt eines SD liegt in sei­ner Rückstoßminderung. Das Prinzip ist hier ähnlich einer Rückstoßbremse. Die hochkomprimierten Pulvergase an der Laufmündung dehnen sich in der ersten Kammer des SD aus, prallen auf die erste Blende und in Folge abgeschwächt auf die weiteren. Dieser dem Rückstoß gegenläu­fige Impuls kann den Druck der Waffe auf den Schützen ge­fühlt um über 30 Prozent (%) reduzieren. Er wird praktisch zeitlich verlängert und so nicht mehr kickend oder schla­gend, sondern eher schiebend wahrgenommen. Speziell für leichtere Waffen und rasante oder größere Kaliber kann der Effekt von großem Vorteil sein.

 

12. Wie steht es um die Präzision mit Schalldämpfern? 

Nicht nur der verminderte Rückstoß durch den SD fördert die Präzision des Schützen, sondern auch der reduzierte Mündungsknall. Das schreckhafte Mucken und somit das Verreißen des Schusses wird durch diese beiden Faktoren er­ heblich beeinflusst. Das zusätzliche Gewicht an der Waffenmündung wirkt positiv auf das Schwingungsverhalten des Laufes sowie die Abtrennung der hochgespannten Pulver­gase vom Geschossheck. In verschiedenen Tests galt dies für etwa 90% der getesteten SD, Kaliber und Laborierungen. Nur in wenigen Fällen war die Präzision minimal schlechter, was jagdlich aber irrelevant war.

 

13. Muss die Waffe neu eingeschossen werden, wenn ein Schalldämpfer montiert wird?

Wird der SD auf eine bereits eingeschossene Waffe aufgesetzt, gibt es danach teilweise deutliche Schussabwei­chungen, die bis zu 10 Zentimeter oder mehr in jede Richtung auf 100 Meter betragen können. Nur in seltenen Ausnahmen schießt eine Waffe mit und ohne SD identisch. Ist eine Waffe mit SD einmal eingeschossen, so verändert sich allerdings die Treffpunktlage nicht mehr, egal wie häu­fig er auf­ oder abgeschraubt wird. Wer hingegen gleichzei­tig mit und ohne auf der Büchse jagen will, dem bleiben drei Möglichkeiten:

  1. Man hat jeweils ein Zielfernrohr für montierten SD und ohne.
  2. Man notiert sich die Abweichungen der Klicks nach Höhe und Seite und stellt das Absehen entsprechend um. Dies empfiehlt sich aber nur bei hochwertigen Ziel­optiken, deren Absehenverstellung mechanisch absolut wiederholgenau ist.
  3. Einzelne Hersteller bieten Absehenschnellverstellungen (ASV) für Höhe und Seite an, die nachrüstbar sind. Hier lassen sich die jeweiligen Einstellungen markieren und sekundenschnell präzise umstellen

 

14. Schränkt ein Schalldämpfer die Sicht durch ein Zielfernrohr ein?

Wer mit einer Zieloptik auf Drückjagden schießt, die ein ext­ rem weites Sehfeld hat, der wird seinen Schalldämpfer im unteren Rand des Zielbildes sehen. Das ist etwas gewöh­ nungsbedürftig, hat aber keinen negativen Effekt. Ähnlich wie bei der Laufmündung oder dem Korn, welches man eben­ falls sieht, ist man im Moment des Schusses ohnehin voll auf sein Ziel konzentriert.

 

15. Wird das Zielen durch Hitzeflimmern vom Schalldämpfer eingeschränkt?

Wird in kurzen Abständen mehrfach mit einem SD geschos sen, ist bei einem Blick durch die Zieloptik ein Hitzeflimmern festzustellen. Da im SD die Gase entspannen und abkühlen, nimmt er die Wärme auf, die er danach über seine Mantel­ fläche abgibt. Dieser Effekt macht sich insbesondere in kalten Umgebungen bemerkbar. Eine feste Regel, nach wie vielen Schüssen dieser Effekt auftritt, gibt es allerdings nicht, da er stark von Kaliber, Schussfolge und SD abhängt. Aus jagdlicher Sicht ist Hitzeflimmern aber zu vernachlässigen, da es erst jenseits von vier bis fünf Schüssen wirklich störend wirkt. Für den Schießstand kann dies jedoch auf größere Entfernungen extrem lästig sein, vor allem bei hohen Vergrößerungen. Schnell wird so ein gutes Schießergebnis verhindert. Die prag­matische Lösung am Schießstand: ein Ventilator, der auf den SD gerichtet ist, kühlt zwischen den Schüssen (wenn erlaubt).

 

16. Wird das Mündungsfeuer durch Schalldämpfer immer geschluckt?

In den meisten Fällen ja. Das ist abhängig von der Lauflänge und dem Kaliber. Wer beispielsweise hoch rasante Kaliber in extrem kurzen Läufen verwendet, wird das Mündungsfeuer nicht komplett eliminieren können, da Pulverreste noch im SD umgesetzt werden können. Der Vorteil: Insbesondere in der Dämmerung wird der Schütze so weniger geblendet, und ein zweiter Schuss kann, falls nötig, schnell und sicherer nachgesetzt werden.

 

17. Wie lange hält ein Schalldämpfer, und wie wird er gereinigt?

Die Haltbarkeit ist stark schwankend und von Kaliber, Lauf­länge und Material abhängig. Als Fausregel können mehrere Tausend Schuss angenommen werden. Danach kann die Dämpfungsleistung nachlassen. Wer einen guten SD sein Eigennennt, hat circa 250 bis 600 Euro investiert, und dieser soll natürlich auch möglichst lange halten. Um die teilweise vom Hersteller angegebenen Lebenszyklen zu erreichen, sollte er von Zeit zu Zeit gereinigt werden, etwa alle 50 bis 100 Schüsse. Idealerweise kann der SD hierzu in einzelne Module zerlegt werden. Dann reicht ein einfaches Abwi­schen mit einem Öllappen und ein kurzes Abbürsten der Blenden. Bei nicht zerlegbaren Flüstertüten empfiehlt sich nach intensivem Gebrauch die Reinigung im Ultraschallbad, um hartnäckige Verschmutzungen und Pulverrückstände gänzlich zu entfernen.

 

18. Was ist der sogenannte „First Round Pop“ (FRP)?

Der sogenannte Erstschusseffekt ist durch ein meist deut­lich lauteres Schussgeräusch beim ersten Schuss im Ver­gleich zu den direkt danach abgegebenen Folgeschüssen zu beobachten. Eine Ursache hierfür soll, wie oft behaup­tet, der höhere Sauerstoffgehalt im SD beim ersten Schuss sein. Ergebnisse aus drei Messreihen mit normalen, erhöhten und niedrigeren Sauerstoffverhältnissen im SD bestäti­gen, dass der FRP von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist: Temperatur, Reste unverbrannten Pulvers im SD, Mün­dungsgasdruck, Umsatzrate des Treibladungspulvers, Anzahl und Geometrie der Blenden sowie Aufbau und Volumen des SD.

 

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