Ein Heymvorteil, sogar im Ausland

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Wie eine Herde Mustangs klang es abends am Wasserloch, als die mächtigen Hufe den roten Sandboden bearbeiteten. Hier hatten mein Jagdführer Udo Düvel von der Omambonde-Jagdfarm und ich eine Herde Eland ausgemacht, zum dritten Mal in drei Tagen.

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(Fotos: M. E.)
Und hoffentlich war heute meine Beute dabei. Eine alte Kuh sollte es sein, natürlich nicht führend. Einen mittel alten Bullen hatte ich bereits gestern vor gehabt, aber dem sollte es nicht gelten.
Mitten in der Herde, tatsächlich eine alte Kuh mit abnormem Gehörn, die linke Stange im Bogen nach links weisend. Die sollte es sein! Kein Gesäuge konnten wir erkennen, aber noch war sie von den Kälbern und Halbwüchsigen verdeckt. Wir mussten warten, bis sie getrunken hatten, doch daran dachte die Abnorme nicht, sie zog an den dicht gedrängt trinkenden Kälbern vorbei, den Hang hinauf. Lange zog sie und wollte sie nicht verhoffen, doch dann stand sie still, nur einen Augenblick. Längst hatte ich angestrichen, als Udo mir sagte: „Jetzt schieß!“
Der satte Kugelschlag verriet mir den guten Kammertreffer. Die Beschossene flüchtete den Hang hinauf, aber nicht weit, da verließen sie die Kräfte, und sie stürzte rückwärts hinunter, wo sie von einem Kameldornbaum am Fuße des Hangs aufgehalten wurde. Das mächtige Wild mit einem Gewicht von über acht Zentnern war das bisher stärkste, das meine Heym zur Strecke gebracht hatte. Das sind mittlerweile über dreißig Stück, im ersten Jahr.
Eigentlich bin ich ein Verfechter von sogenannten „Working Guns“, keine feinen, edlen Jagdwaffen, keine großen Namen, einfach nur harte Fakten, Schussleistung, Führigkeit, guter Anschlag und schnelle Zielerfassung. Darauf kommt es mir an. Neuwaffe? Hatte ich nie gehabt, brauchte ich nie, auch mit billigen, gebrauchten Waffen kann man gut jagen, wenn man selbst nur schießen kann, es kommt auf den Schützen, nicht auf die Waffe an. So hatte ich bis dahin gedacht. Doch das sollte sich bald ändern.
Während der ersten Heym-Challenge, ich war als Gast von Dr. M. eingeladen worden, hatte ich Gelegenheit, mir die Auswahl an Jagdwaffen anzusehen, die in Gleichamberg gefertigt wurden. Nicht eine der Waffen, die ich in der Hand hatte, wollte ich wieder weglegen, doch hatte es mir die SR 21 mit klassischem, geradem Schaft besonders angetan. Als Stutzen, als normal- oder großkalibrige Büchse, mit Standard- oder Aufpreißschaft, die Waffe war wie für mich gemacht. Als ich dann das Angebot bekam, „Wir werden eine für Dich bauen, ganz auf Dich abgestimmt“, überlegte ich genau einen Tag, und meine Waffensammlung sollte dann doch noch Zuwachs bekommen.
Der Büchsenmacher im Keller des Heymwerks sah mich scharf an, und schon konnte er sagen, was für einen Schaft ich brauchte: Der Klassik-Schaft mit geradem Schaftrücken und ohne Backe würde passen, die Schaftlänge ca. 37 cm. Wenige Wochen später hatte ich dann die Waffe in meinen Händen. Das Zielfernrohr eines namhaften deutschen Herstellers mit 1,5-6 facher Vergrößerung war im Werk montiert und eingeschossen worden. Der schwere Lauf ließ die Waffe im klassischen Kaliber 9,3×62 im freihändigen Anschlag sicher und ruhig liegen.
Für Ausland und Drückjagd, dafür hatte ich die Waffe vorgesehen, einfach ideal. Schon zur Hirschbrunft hatte sie gute Dienste geleistet, ich konnte sie anschlagen wie eine maßgeschäftete Flinte. Das Repetieren, auch ohne Geradezug, ging sehr schnell von der Hand und ich musste mich nach über 20 Jahren harter Jagd im In- und Ausland davon überzeugen lassen, dass es nicht nur am Schützen, sondern auch an der Waffe liegt, wenn man auch „halbe“ Chancen nutzen kann.


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Der erste Test auf dem heimischen Schießstand zeigte bei der Waffe eine sehr gute Präzision. Ein Streukreis von ca. 2-2,5 cm von fünf Schuss auf 100 Meter mit Fabrikmunition, das ließ keine Wünsche offen. Auffällig war hier das angenehme Schussverhalten, obwohl ich die Waffe als sehr leicht empfand. Ich, ebenso wie mein Jagdfreund Thomas, konnten kontrolliert schießen, nicht einmal hatten wir das Gefühl, die Waffe „macht was sie will“. Ein gutes Gefühl.
Der Abzug hat zwar einen Rückstecher, den ich allerdings noch nie nutzte. Der Direktabzug war so ideal eingestellt, dass ein Mucken oder Durchreißen kaum möglich war. Der Schlossgang hatte kaum Spiel, nur eben soviel, dass Staub und Sand das System nicht blockieren und damit in die Knie zwingen könnten, besonders wichtig auf der Auslandsjagd. In Namibia mit seinen Halbwüstenlandschaften und über 40 Grad im Schatten, Staubstürmen und harter Pirsch durchs Bushvelt hatte ich keine einzige Funktionsstörung, und auch im heimischen Brandenburg konnten minus 19 Grad Celsius, Regen, Schnee und der allgegenwärtige Sand und Braunkohlestaub die Funktion der Waffe nicht beeinträchtigen.
Zudem der Schaft, schlank gehalten und schön gemasert, so dass die Waffe eine wahre Augenweide ist. Auch die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Nach mittlerweile über 300 abgegebenen Schüssen und einem Jahr harter Jagd habe ich immer noch das Gefühl, eine Neuwaffe zu besitzen.
Was sich im Schießkino und auf den laufenden Keiler bereits angedeutet hatte, wurde dann auf der Jagd gewahr. Nur hier kann man endgültig sagen, ob die Waffe und der Schütze ein Gespann wie aus einem Guss sind. Manche Waffen, die ich, angepriesen als Superdrückjagdwaffe, in die Hand nahm, fühlten sich an wie ein Fremdkörper, andere erkannte ich nicht gleich als Waffe, sahen sie mir doch verdächtig nach einer orthopädischen Unterarmgehhilfe aus. Mir wird auch heute noch unwohl, wenn ich an eine klassische afrikanische Safari denke, mit einer Plastikwaffe und angeschraubtem Dreibein. Alte Pioniere der Afrikajagd wie Selous, Bell, Sutherland und Co. würden sich im Grabe herumdrehen. Das Flair einer klassischen Safari ist so schnell passe’. Welch ein Verlust für die Jagdkultur!
Anders war es bei der Heym SR21, meiner Heym. Sie fügte sich, wie schon immer dagewesen, in die Szene ein. Aber auch sicher und präzise schießen kann man damit, ob auf stehende oder bewegliche Ziele. Die Heym kann einfach alles.
Nach drei Durchgängen auf den laufenden Keiler hatte ich anschließend die Zehn nicht mehr verfehlt. Beim fast schon instinktiven Anschlagen hatte ich genug Zeit, noch einen weiteren Schuss auf den flitzenden Pappkameraden abzugeben. Ebenso im Schießkino: Die Sauen rollierten, bzw. hätten dies getan, wären sie echte Schwarzkittel gewesen.
Auch noch so moderne Geradezugrepetierer können durch das Repetieren die Zeit, die ein schlecht passender Schaft an Korrekturen kostet, nicht mehr herausholen. Mit der richtigen Technik beim Repetieren ist die SR 21 ebenso schnell. Geradezug hatte ich nie vermisst und nie gebraucht, auch wenn ich solche Waffen schon auf dem Schiessstand geführt hatte, es war eben nicht „meins“. Der klassische Repetierer war mir immer schnell genug, wenn man sauber anschlagen konnte, und das konnte ich mit der Heym.
Aber was gibt das auf der Jagd, was im Realeinsatz? Nur hier, im Angesicht der eigenen Passion, kann sich zeigen, wie Schütze und Waffe harmonieren, und dadurch Beute machen.
Hier stand ich nun, mit der SR 21 auf einem Drückjagdbock in der brandenburgischen Heimat. Lange Zeit tat sich nichts, dann Rehwild, ich zählte in der ersten Stunde neuen Stück, alle flüchtig. Da der flüchtige Schuss auf Rehwild verboten war, hielt ich mich daran. Keines der Stücke hatte mir den Gefallen getan, kurz zu verhoffen.
Und dann eine Rotte Sauen, zwei Bachen mit mindestens acht Frischlingen, alle im Pulk zusammen. Dann wechselten sie über eine Freifläche, und die Rotte zog sich in die Länge, so dass der erste Frischling die Kugel erhielt, die ihn nach kurzer Flucht verenden ließ. Jetzt kam Bewegung in die Rotte, ich fasste den zweiten, der wie vom Blitz getroffen zusammenbrach. Wie sich hinterher herausstellte, ein Wirbelsäulendurchschuss. Den Rest der Rotte konnte ich nicht mehr beschießen, zeigten sie mir danach das Weidloch.
Nach wenigen Minuten dann ein Überläufer, der eilig den Hang der Braunkohlekippe hinauf hastete, auf halber Höhe verhoffte und sich breit stellte, Entfernung ca. 120 m. Kurz aufgelegt, schnell das Ziel erfasst, dann hörte ich wieder den satten Kugelschlag, der den Überläuferkeiler bei seinem Sturz hinunter bis zum Fuße der Kippe begleitete. Zu guter Letzt kam mir auf kurze Distanz noch ein Frischling mit Keulenschuss, den ich mit einem Schuss aufs Haupt erlöste.
Vier Sauen lagen zu meinen Füßen, meine Heym hatte ganze Arbeit geleistet. Drei dieser Sauen wurden mir zugesprochen, der Frosch mit dem Keulenschuss dem Nachbarschützen. Damit war ich Jagdkönig, was aber bei uns nicht großartig gefeiert wird. Doch ich hätte feiern können, meine neue Büchse, meine neue Lieblingswaffe!
Es hatte sich gezeigt, dass man auch mit einer formschönen, klassischen Waffe exzellente Ergebnisse erzielen kann. Warum auch nicht? Auch schöne Frauen können mitunter hochintelligent sein. Und in Gleichamberg, da gibt es wahrscheinlich auch schöne, intelligente Frauen, aber bei den Waffen habe ich dahingehend Gewissheit.
Was werden meine Heym und ich noch zusammen erleben? Da wäre noch der Traum vom Sable in Zimbabwe, einem Elch in Skandinavien oder noch mehr schnelle Drückjagdsauen, wer weiß das schon. So sinniere ich vor mich hin auf meinem Hochsitz im heimischen Revier, als leise, heimlich, ein mittel alter Abschusshirsch die Schneise querte. Viel Zeit blieb nicht, bis er in die mannshohen Bromberren zog, wo er sich sicher fühlte und es auch war, aber da  war die Heym schon im Anschlag. Sekundenbruchteile später lag ein ungerader Zwölfender im Knall, den ich im Schweiße meines Angesichts alleine aus den Brombeeren bergen konnte. Ich hätte keine Sekunde zögern dürfen, sonst wäre die Chance, diese „halbe“ Chance, vertan. Gut, dass meine Waffe und ich ein Gespann sind, das sich „auf Anschlag“ versteht. Ich hatte eben den Heimvorteil und den „Heymvorteil“.

 


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Die richtige Waffe kann aus einem guten einen hervorragenden Schützen machen, das hat mich meine neue Waffe gelehrt. Übrigens: Mein Vater, der seit über vierzig Jahren seinen alten 98er führte und mittlerweile eine vierstellige Zahl an Sauen erlegt hatte, hat seit letztem Jahr auch eine Heym SR 21, nachdem er meine in Händen hielt.
Ich kann jedem Waidgenossen nur raten, lassen sie sich diesen „Heymvorteil“ nicht entgehen! Waidmannsheil aus nah und fern.
M. E.

 

 

 

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