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Auf die Elstern, fertig, los!

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Manchmal lohnt es sich, ungewöhnliche Jagd­methoden einfach mal auszuprobieren. Tobias Thimm und Richard Günzel versuchten es mit einem besonderen Lockbild auf die schwarz-weißen Rabenvögel im Testrevier.

Tobias Thimm

Ein getarnter Jäger bei der Elsternjagd
Tarnung ist bei der Jagd auf die schlauen Rabenvögel das A und O (Foto: Tobias Thimm).

„Mit einem freundlichen Lockbild auf Elstern? Das klappt zu dieser Jahreszeit niemals!“ In Gedanken klingen an diesem Augustmorgen noch die Stimmen der Kollegen in meinen Ohren. Während ich vorsichtig über die Kante des Tarnschirms linse, geht über den Äckern von Obertiefenbach rot die Sonne auf. Etwas Tau ist auf der Flinte, und ich fröstele. Verhalten beginnen die ersten Drosseln mit ihrem Gesang. Außer einem kreisenden Bussard ist weit und breit nichts in der Luft.

Gestern Abend hatte ich mit Volontär Richard Günzel zwei Tarnschirme in den Feldholzstreifen des Testreviers aufgebaut und gut mit Ästen aus der Umgebung verblendet. Zudem hatte ich eine Damwilddecke und ein paar Zerwirkreste organisiert, die ich noch im Dunkeln 15 m vor den Schirmen ausgebracht hatte. Zwei beflockte Lockelstern setzte ich direkt daneben. Volontär Richard sitzt etwa 700 m entfernt. Neben vier unbeflockten Elstern hatte er zusätzlich mehrere Plastikkrähen um seinen Teil des Luders ausgebracht und eine Wächterkrähe postiert.

Eine Damwilddecke, Zerwirkreste sowie zwei beflockte Lockelstern bildeten das ungewöhnliche Lockbild.
Foto: Tobias Thimm

Gegen 7.30 Uhr werden meine Zweifel an dem Vorhaben immer stärker. Fast eineinhalb Stunden lauere ich schon tief geduckt im Schirm auf Beute, doch außer einem Krähenpaar, das jenseits der Schrotschussentfernung über meinem Mini-Lockbild kreiste, ist noch nichts passiert. Auch aus Richards Richtung war bislang kein Schuss zu hören gewesen. Zu allem Überfluss wird es langsam ungemütlich auf dem kleinen ­Hocker. Während ich die unbequeme Sitzgelegenheit zurechtrücke, durchfährt es mich wie ein Blitz – nicht allzu weit, irgendwo hinter mir, ertönt das „Tschak-Tschak-Tschak“ einer Elster. Eine zweite antwortet. Sie scheint deutlich näher. Die Hände fassen die alte Bockflinte fester. Meine Augen suchen konzentriert die Büsche und Baumwipfel der Umgebung ab. Etwas Jagdfieber schüttelt mich. Aber kein Rabenvogel ist weit und breit zu sehen. Plötzlich streichen drei Schatten über mich hinweg – da sind sie! Das Trio segelt im Tiefflug ohne einen Schlag der Schwingen direkt über die Damwilddecke hinweg und fällt dann auf verschiedene kleine Obstbäume rechts und links vor mir ein. Sie haben nur Augen für die ­Decke und ihre Artgenossen aus Kunststoff. Das aufgeregte Tschackern verstummt, als meine Garbe eine der Elstern vom Wipfel eines Kirschbaums pflückt. Schwarzer Flaum schwebt noch in der kühlen Morgenluft, als sie dumpf ins Gas plumpst. Der Rest des Trupps streicht ab.

Ein Jung- und ein Altvogel ließen sich überlisten.
Foto: Tobias Thimm

Eine halbe Stunde später wiederholt sich das Spiel. Wieder streichen drei Elstern keine 50 cm über die Zerwirkreste und fallen laut rufend in den ­nahen Kirschbaum ein. Sie hüpfen aufgeregt im dichten Blattwerk von Ast zu Ast. Mit den wippenden, langen Stoßfedern halten sie auf den dünnen Zweigen das Gleichgewicht. Die 2,5-mm-­Schrote reißen wieder eine der drei aus dem Astwerk.
Während ich meine Beute aus dem taunassen Gras hebe, streiche ich den zwei Räuberinnen die Federn wieder glatt. Grün-bläulich schimmern die herabhängenden Schwingen. Eine wundervolle Wildart, die jedoch besonders gern Singvogelnester plündert und auch vor Junghasen nicht zurückschreckt.

Im Gegensatz zu mir war Richard an diesem Morgen nicht zu Schuss gekommen. Er hatte einen Anflug, doch die schlauen Schwarz-Weißen waren ausgerechnet in den Strauch eingefallen, in dem er saß. Ein Rankommen war unmöglich. Das nächste Mal müssen wir die Lockbilder wahrscheinlich noch näher an geeigneten Fallbäumen postieren. Doch eins ist sicher: Die alte, simple Jagdmethode funktioniert und lockt die neugierigen Elstern durchaus an. Am kommenden Wochenende heißt es daher für uns definitiv wieder: Auf die Elstern, fertig, los!

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