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Einjagen des Vorstehhundes Teil 1

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Im ersten Teil unserer Serie erläutert Revierjagdmeister Sascha Schmitt, wie Sie Ihren Vorstehhund für die Suchjagd auf Niederwild einarbeiten.

In elegantem Galoppsprung eilt der junge Deutsch-Kurzhaar über den Rübenacker. Jede Wendung erfolgt perfekt in den Wind, und kein Quadratmeter bleibt bei seiner Quersuche unbeachtet liegen. Plötzlich streckt sich der Vierläufer und steht felsenfest vor. Wie gebannt starrt der Hund vor sich ins Rübenfeld. Sehen kann er die Beute nicht, aber seine feine Nase zeigt ihm, dass sie sich direkt vor ihm drückt.

Seitlich versetzt nähert sich der Jäger seinem Jagdhelfer und ermahnt ihn mit leisen Worten zur Ruhe. Fast hat er seinen Hund erreicht, da steigt mit lautem Gepolter ein Fasanenhahn aus den Rüben empor und versucht zu entkommen. Schon hat der Jäger die Flinte im Anschlag, im Mitschwingen genießt er den Anblick des bunt schillernden Hühnervogels.

Noch ist der Hahn zu nah, der raue Schuss würde das Wildbret entwerten. Doch jetzt ist genügend Raum zwischen Mündung und Ziel: Im Schuss klappt der Hahn die Schwingen an und stürzt wie ein Stein tödlich getroffen zu Boden. Der Kurzhaar hat sich keinen Zentimeter bewegt, nun wartet er auf den erlösenden Befehl, ohne die Aufprallstelle des bunten Gockels aus den Augen zu lassen. Auf „Voran, Apport!“ hastet er los. Kurz muss er die Nase einsetzen, schon hat er gefunden. Ohne Zögern nimmt er den Vogel auf und trägt ihn eilig zu seinem Herrn. Mit wedelnder Rute setzt er sich vor den Jäger und gibt erst auf Befehl die kostbare Beute aus. Stolz erfüllt den Jäger, während er den Fasan auf seinen Rucksack bindet und seinen Vierläufer ausgiebig lobt.

Die Suchjagd mit einem firmen Vorstehhund gehört zu den stimmungsvollsten Jagdarten der heutigen Zeit und gerät aus verschiedenen Gründen immer mehr in Vergessenheit. Der Hauptgrund ist sicher der nahezu flächendeckende Rückgang der Niederwildbesätze in Deutschland, die selbst eine schonende Bejagung nicht mehr zulassen. Mittlerweile hat aber ein immer größer werdender Teil der Jägerschaft verstanden, dass es in erster Linie die ausufernden Raubwildbesätze sind, die unsere Niederwildarten zehnten, und steuert aktiv gegen diesen Trend an.

Mit Handzeichen signalisiert der Hundeführer seinem jungen Vierläufer, in welcher Richtung er mit der Suche beginnen soll. (Fotos: Michael Migos)

Um für die Suchjagd eingesetzt zu werden, muss der Vierläufer über einige grundlegende Fähigkeiten verfügen: Absoluter Gehorsam ist gerade bei der Suche ein absolutes Muss, denn der Vierläufer muss sich jederzeit in der Hand des Führers befinden und den erforderlichen Gehorsam auch auf Distanz sicher zeigen. Gerade das „Down“ auf Handzeichen, Ruf und Pfiff muss zuverlässig ausgeführ werden, um zu vermeiden, dass der Hund sich zu einem unkontrollierbaren Hasenhetzer entwickelt.

Der sichere Apport ist die zweite, unverzichtbare Voraussetzung, denn schließlich soll unser Vollgebrauchshund auch für die Arbeit nach dem Schuss eingesetzt werden und verendetes oder krankes Wild nachsuchen. Sicheres Vor- und vor allem Durchstehen wären wünschenswert, sind aber nicht zwingend nötig, denn gerade das feste Durchstehen lässt sich bei der aktiven Suchjagd sehr leicht fördern.

Eines muss dem Jäger jedoch klar sein: Auch wenn es die Niederwildbesätze noch zulassen würden, ist die Suchjagd keine Jagdart, bei der Massenstrecken erzielt werden, und gerade das Einjagen des jungen Vorstehhundes dient in erster Linie nicht dem eigenen Vergnügen, sondern ist die Grundlage, um in Zukunft erfolgreich mit dem eigenen Vierläufer zu jagen. Der kundige Hundeführer sollte das Einjagen des jungen Jagdhelfers allein durchführen, während der Novize gut daran tut, sich um die Begleitung eines erfahrenen Jägers zu bemühen.

Das Suchengelände sollte so beschaffen sein, dass die Vegetation nicht deutlich über Kniehöhe reicht, damit der Vierläufer immer vom Jäger mit dem Auge verfolgt werden kann und man ihn auch auf größere Distanz vorstehen sieht. Oft ist es unumgänglich, große Flächen abzusuchen, und das ist nur möglich, wenn sich der Vierläufer auch von seinem Herrn löst und weite Strecken zurücklegt. Geeignete Suchengelände sind Rübenäcker, niedrige Zwischenfruchtschläge oder Brachflächen, in denen sich das klassische Niederwild der Suchjagd, also Rebhuhn, Fasan und Feldhase, aufhält.

Entscheidend für den Erfolg ist auch der Wind. Im Idealfall suchen Jäger und Hund immer gegen den Wind, damit dieser dem Vierläufer die Wittrung schon von Weitem zuträgt. Gerade junge Vierläufer brauchen ideale Verhältnisse, um schnell zum Erfolg gebracht werden zu können. Ihnen fehlt es noch an Routine, um mit suboptimalen Windverhältnissen umgehen zu können. Mit zunehmender Erfahrung ist es nicht mehr so essenziell wichtig, den Hund nur mit Frontwind arbeiten zu lassen. Getreu dem alten Hundeführerspruch: „Ein guter Hund macht sich seinen Wind!“, entwickeln unsere Vierläufer sehr rasch eigene Strategien, um mit unterschiedlichen Windverhältnissen umgehen zu können. Gerade bei Nackenwind neigen versierte Hunde dazu, in gerader Richtung vom Jäger strikt geradeaus zu laufen, um dann in klassischer Quersuche und mit perfektem Wind auf ihren Führer hin zu suchen.

Um den unerfahrenen Hund möglichst sicher zum Erfolg zu bringen, empfiehlt es sich, mit dem Einjagen direkt nach Beginn der Jagdzeit zu starten. Mit zunehmender Bejagung neigen Fasane dazu, rasch abzulaufen und sich nicht mehr zu drücken. Auch der Hase hält seinen Kessel nicht mehr so lange. Dies würde die Arbeit des Hundes erschweren, denn das Nachziehen, Umschlagen und abschließende Festmachen von ablaufendem Wild ist für ihn als Neuling definitiv zu kompliziert.

Damit der Hund nicht zum unkontrollierbaren Hasenhetzer wird, sollte das „Down“ auf Kommando sicher sitzen.

Ist der Vierläufer zur Quersuche geschnallt, ist es die Aufgabe des Hundeführers, dass die gezeigte Suche auch tatsächlich planmäßig bleibt. Dabei wird darauf geachtet, dass keine Flächen liegen bleiben, ohne dass der Hund diese mit der Nase überprüft hat. Er sollte sich durch den Wendepfiff und das entsprechende Handzeichen in die gewünschte Richtung leiten lassen. Es wäre jedoch grundverkehrt, den Vierläufer wie auf dem Dressurplatz mit Anweisungen zu überhäufen. Geben Sie Ihrem Hund den Freiraum, um eigenen Jagdverstand entwickeln zu können. Mit dem Vierläufer zu jagen, hat viel mit gegenseitigem Vertrauen zu tun. Absolute Kontrolle ist im Feld keine Grundlage für Teamarbeit.

Eingegriffen wird nur, wenn er sich zusehends verselbstständigen sollte oder grundlegende Fehler macht, wie es das Wenden aus dem Wind wäre. Auch gesundes Rehwild oder Hasen zu hetzen, wird konsequent mit dem Trillerpfiff abgebrochen. Immer wieder sieht man dabei Hundeführer, die ihren Vierläufer am Wild ins „Down“ bringen und unmittelbar danach wieder in die Suche schicken wollen. Dies ist ein grober Führerfehler, auf den gerade junge Hunde mit fröhlichem Hetzen reagieren.

Ist es gelungen, den vierläufigen Zögling am abgehenden Hasen zu halten, wird er im „Down“ belassen, bis Meister Lampe aus dem Gesichtsfeld des Hundes verschwunden ist. Erst dann wird er wieder zur Suche aufgefordert. Dabei ist darauf zu achten, dass der Vierläufer nicht die Hasenspur kreuzt, denn dann besteht die Gefahr, dass er sich an der Spur festsaugt und dem Hundeführer aus der Hand geht.

Ein ideales Suchengelände am Rand einer Brachfläche erleichtert es dem jungen Hund, zum Erfolg zu kommen.

Spannend wird es, wenn der Vierläufer im Suchengang an Wild kommt: Zeigt er, dass er frische Wittrung aufgenommen hat, zieht er langsam an oder steht gar, versucht der Hundeführer, ihn auf Distanz zum Durchstehen zu ermahnen, während er sich rasch, aber nicht übereilt, seinem Hund nähert. Dabei ist darauf zu achten, dass die Annäherung so erfolgt, dass der Vierläufer seinen Herrn aus dem Augenwinkel erblicken kann. Viele Vierläufer neigen zum Einspringen, wenn sie spitz von hinten angegangen werden. Sollte der Vierläufer das Wild herausstoßen, wird dieses unter keinen Umständen erlegt, auch wenn die Entfernung zum Stück passen sollte. Dies darf nur erfolgen, wenn seitens des Vierläufers kein Fehler gemacht wurde. Sonst stellt sich das gewünschte Vor- und vor allem Durchstehen nie ein.

Prellt der Vierläufer vor und vergrämt die potenzielle Beute, bleiben die Schrote im Lauf, und der Hund wird sofort ins „Down“ gebracht. Dort bleibt er eine Weile liegen, und erst dann wird die Suche fortgesetzt. Der Sinn des Einjagens ist es nicht, maximale Strecke in jeder Situation zu machen. Wer gegen diesen Grundsatz verstößt, verbaut seinem Vierläufer die Chance, wirklich firm im Feld zu werden.

Steht der Vierläufer jedoch felsenfest vor, tritt der Jäger das Wild selbst heraus und versucht, das passende Stück zu erlegen. Sollte der Hund auf den Schuss die Beute sofort greifen wollen, wird er wieder ins „Down“ gebracht. Es ist wichtig, dass er lernt, erst auf Befehl zu apportieren. Sonst entwickelt sich die leidige Schusshitzigkeit sehr rasch, was zukünftiges Jagen zur Qual werden lässt.

Wird das Wild vom Hund herausgestoßen, sollte es während der Ausbildung nicht erlegt werden, um das Vorstehen und Durchstehen nicht zu gefährden.

Ist das Stück sicher verendet, gibt man dem Vierläufer kurz Zeit, sich zu beruhigen, und schickt ihn im Anschluss zur Freiverlorensuche. Auch hierbei sollte der junge Hund gegen den Wind suchen. So wird ihm das Auffinden der Beute erleichtert. Hat er gefunden, wird nach gleichem Schema verfahren, wie bei der Vorbereitung auf die Herbstzuchtprüfung: Der Vierläufer muss zutragen, sich sauber vorsetzen und darf erst auf Befehl ausgeben. Sollten sich hier noch Defizite zeigen, müssen diese nochmals mit einigen Übungseinheiten abgestellt werden.

Wurde das abgehende Niederwild jedoch krankgeschossen, wird die gleiche Prozedur durchgeführt, wie der Vierläufer sie von der Einarbeitung auf der Schleppe kennt. Der Hund wird am Anschuss bzw. an der Aufprallstelle des Wildes abgelegt, dann ruhig eingewiesen und zum Bringen aufgefordert. Im Gegensatz zur Nachsuche auf Schalenwild wird bei Fasan und Hase sofort nachgesucht und nicht erst nach einer gewissen Wartezeit. Dies ist zum einem dem Umstand geschuldet, dass sich die Wundspur oder das wunde Geläuf nicht so lange vom Hund arbeiten lässt, zum anderen wird so vermieden, dass sich das Wild zu weit vom Anschuss entfernen kann. Sollte die Nachsuche mit dem jungen Vierläufer nicht erfolgreich abgeschlossen werden, muss die Arbeit unbedingt mit einem erfahrenen Hund fortgesetzt werden. Denn Aufgeben ist schon allein aus Tierschutzgründen keine Option. Meistert der junge Zögling aber diese anspruchsvolle Aufgabe, gehören diese Momente zu den Sternstunden jedes Hundeführers.

Wer mit seinem Vierläufer auf diese Art verfährt, wird bereits nach einigen Malen merken, dass sich der Hund auf die gestellten Aufgaben einstellt und in zunehmendem Maße immer weniger Hilfestellung durch den Hundeführer braucht.

Lohn aller Mühen: Der sauber durchgearbeitete Jagdhelfer sitzt vor und gibt den apportierten Fasanenhahn aus. (Foto: Tanja Brandt)
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