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Notfall-Ratgeber: Was tun bei Vergiftungen?

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Der Albtraum jedes Hundeführers: Beim Spaziergang frisst der Hund irgendetwas. Während der Mensch zu seinem Vierläufer eilt, schlingt der es noch schnell hinunter. Was zu tun ist, falls der Verdacht besteht, dass der Hund Gift gefressen hat, erläutert Dr. Heike Hesse.

(Fotos: Heike Hesse)

Bei einem ganz gewöhnlichen Spaziergang hat der Vierläufer etwas gefressen. Nun stellt sich die Frage, was der Hund hier gefressen hat und ob es womöglich ein ausgelegter Giftköder war. Finden sich am Fang Farbspuren, liegt der Verdacht nah, dass es tatsächlich Gift war, das er aufgenommen hat. Denn viele Hersteller von Giften fügen diesen Farbe hinzu, um bei versehentlicher Einnahme einen Hinweis darauf zu haben.

Augen auf!

Zunächst einmal sollten Sie Ruhe bewahren und den Hund anleinen. Dann schauen Sie sich den Fang des Hundes an. Achten Sie dabei auf Verfärbungen von Zunge und Speichel sowie frische Schnittverletzungen, die bspw. durch ausgelegte Rasierklingen oder andere scharfe Gegenstände in Ködern verursacht werden können.

Vorsicht: Farbe am Fang oder an der Zunge kann ein Anzeichen dafür sein, dass der Vierläufer eingefärbtes Gift zu sich genommen hat.

Danach betrachten Sie die Fundstelle: Finden sich noch Reste, packen Sie diese ein und nehmen Sie sie mit zum Tierarzt. Lässt sich aus diesen Resten bereits schließen, dass es sich sicher um einen Giftköder handelt, oder hat der Hund möglicherweise einfach nur etwas Aas verspeist? Ist möglicherweise bekannt, dass ein Hundehasser hier Gefahrenquellen schafft, oder ist es aufgrund der Lage eher unwahrscheinlich, dass dort ein Köder ausgelegt sein könnte? Oft bleibt ein gewisses Maß an Unsicherheit und der Entscheidung des Halters überlassen, ob er nun den Tierarzt aufsucht oder zunächst abwartet.

Sofortmaßnahme bei wahrscheinlicher Giftaufnahme

Können Sie an einer blauen oder roten Verfärbung der Schleimhäute oder des Speichels bereits erkennen, dass der Hund Gift gefressen hat, sollten Sie sofort – also innerhalb der nächsten halben Stunde – einen Tierarzt aufsuchen. Wichtig ist, wirklich schnell zu sein! Kündigen Sie Ihr Eintreffen beim Tierarzt telefonisch an, um sicherzugehen, dass die entsprechende Praxis auch besetzt ist. Es gilt, keinesfalls unnötig Zeit zu verlieren.

Egal ob das eigene Butterbrot oder eine Handvoll Leckerli: Wichtig ist, dass der Magen nach einer mutmaßlichen Giftaufnahme jetzt mäßig gefüllt wird.

Der Griff in den Fang, um selbst ein Erbrechen auszulösen, ist nicht empfehlenswert: Zum einen funktioniert es oft nicht gut genug, und zum anderen führt es relativ häufig zu Bissverletzungen beim Halter. Besser ist es, bei der Gewissheit, dass der Hund Gift gefressen hat, den Hund auf der Fahrt zu füttern. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich das Futter im Magen mit dem Gift vermischt und so zunächst auch im Magen gehalten wird. Dies ist wichtig, da der Tierarzt dem Hund Apomorphin, eine sogenannte „Kotzspritze“, verabreichen wird, um so ein Erbrechen auszulösen.

Erbrochen werden kann jedoch nur das, was sich noch im Magen befindet. Ist der Magen wenigstens leicht gefüllt, erleichtert dies das Erbrechen. Spätestens nach ein bis zwei Stunden wird der Mageninhalt weiter an den Dünndarm geleitet und kann nun nicht mehr zurückgeholt werden.

Der Hund darf jedoch jetzt nicht trinken! Dies hätte in diesem Augenblick den Effekt, dass die Flüssigkeit schnell in den Dünndarm abgegeben würde. Dabei würde auch Gift „mitgeschwemmt“, wodurch ein erhöhter Teil des Giftes in den Stoffwechsel gelangen würde. Das wäre absolut kontraproduktiv, da möglichst viel des Gifts durch Erbrechen wieder aus dem Körper ausgeschleust werden soll, ohne dass es verstoffwechselt wird.

Hat der Tierarzt nun die „Kotzspritze“ verabreicht, beginnt der Hund, sich innerhalb von gut fünf Minuten zu erbrechen, bis der Magen völlig leer ist. Da die Hunde in der Folge oft schlapp sind, wird nun meistens eine Infusion verabreicht. Die dient der Kreislaufstabilisierung und erhöht außerdem die Ausscheidung von bereits verstoffwechseltem Gift.

Nach der Gabe von Apomorphin durch den Tierarzt erbricht sich der Hund – in diesem Fall wurde Rattengift aufgenommen.

Wie erkenne ich Hinweise auf eine Vergiftung, falls die Giftaufnahme nicht beobachtet wurde? Falls die unmittelbare Giftaufnahme unbemerkt bleibt, besteht oft erst wieder die Chance, etwas zu bemerken, wenn es bereits zu Symptomen kommt. Diese können schwankender Gang, Leerkauen oder Schmatzen möglicherweise mit Schaumbildung, Hecheln, Zittern oder Krampfen, Durchfall, Würgen oder Erbrechen mit Blutbeimischungen in Erbrochenem oder Blutergüsse in der Haut sein. Bei solchen schwerwiegenden Symptomen müssen Sie unbedingt sofort einen Tierarzt aufzusuchen. Je nach Schwere der Symptome bleibt abzuwägen, ob eine Therapie eingeleitet wird oder ob der Hund gar von seinem Leiden erlöst werden muss.

Frisches Blut im und am Fang deutet auf Schnittverletzungen hin. Besonders Welpen neigen dazu, arglos alles Fressbare zu vertilgen.
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