Lesen Sie hier einen Kommentar des WILD UND HUND-Chefredakteurs Heiko Hornung zur viel diskutierten SWR-Dokumentation „Durchgeknallt – Was bei der Jagd falsch läuft“.
Der Film von Lutz Wetzel, den er als freier Journalist für den SWR produzierte, sorgt für reichlich Gesprächsstoff und wird jetzt in den Foren haarklein in seine fachlichen Bestandteile zerlegt, die dem „normalen nicht-jagenden“ Zuschauer nicht aufgefallen, bewusst oder bekannt sein dürften.
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Heiko Hornung, Chefredakteur WILD UND HUND |
Viele der Kommentatoren sitzen in der Falle, oder besser in ihrem grünen Suppenteller, über dessen Rand sie einfach nicht hinausschauen können. Fassen wir doch einmal die Kernpunkte zusammen, die bei einem normalen Zuschauer hängen geblieben sind:
- Die Jagd wird in Deutschland kritisch gesehen. Das hat sie unter anderem auch einigen Jägern und deren zweifelhaften Jagdpraktiken zu verdanken.
- Es gibt Jäger, und die werden immer mehr, die sich einen Kopf um die Jagd machen und sie als Handwerk voranbringen und besser machen wollen. Dazu bilden sie sich fort.
- Gute Jäger haben ein Interesse am sauberen Schießen und am Verwerten von Wildbret.
- Geld und Adel sind kein Ausweis für den besseren Jäger.
- Selbst der Naturschutz (zwar nur ein Vertreter) hat nichts gegen Jagd, sondern möchte, dass diese dem Wildtier gegenüber sauber abläuft.
- Tierschutz- oder radikale Tierrechtsorganisationen leben in Wolken-Kuckucksheim und haben keine Ahnung.
Welcher gerechte Jäger will diesen Aussagen widersprechen?
Das größte Problem, das Jäger mit dem Film haben, ist die grüne Brille, durch die sie ihn betrachten. Aber selbst wenn man diese aufbehält und jede einzelne Aussage einmal auf ihren Kern abklopft, so halte ich für mich persönlich fest:
Gatterjagd ist nicht mehr zeitgemäß. Auch wenn es gestandene Jäger gibt, die keinen Unterschied zwischen Abschüssen in einem Wildgatter und in freier Wildbahn sehen wollen. Ich meine schon, dass der Umstand, dass Wild entkommen kann, ein wesentlicher Unterschied ist und nur dann das Wort „Jagd“ verdient.
Jagen und Schlachten sind zwei paar Stiefel. Der Abschuss von Wild, das zu diesem Zweck ausgesetzt wurde, muss glaube ich nicht wirklich diskutiert werden. Wenn auch für das Schießvergnügen vielleicht Dutzende Weiher angelegt wurden, mag das, soweit sie nicht durch Futterberge eutrophiert wurden, einen positiven Effekt für die Artenvielfalt gehabt haben. Die Jagd hat trotzdem einen Geschmack. Denn ist die Ente, die dafür ausgesetzt und gefüttert wurde, noch wild?
Auch das ganzjährige Füttern von Rotwild in einem Überbestand hat nichts mit Jagd und Füttern zur Notzeit zu tun. Da genügt unter anderem ein Blick ins Jagdgesetz. Eigentum hin oder her, damit ist in der Gesellschaft heute kein Staat mehr zu machen. Und ohne diese Gesellschaft auszukommen, ist utopisch. Jagd wird öffentlich verhandelt, ob wir das wollen oder nicht.
Jagd muss sich an den Bedürfnissen des Wildtieres orientieren, nicht an den Bedürfnissen des Jägers, wenn sie eine Chance auf gesellschaftliche Akzeptanz haben will. Dazu gehört auch, dass Jäger sich nach der Jägerprüfung weiterbilden und ihre Fertigkeiten verbessern. Wer nur eine Jagdzeitschrift liest, um sein Meinungsbild bestätigt zu sehen, und die Fähigkeit abhanden kommt, sich und sein Tun gelegentlich zu hinterfragen, hat einen wesentlichen Kern der Waidgerechtigkeit nicht verstanden. Künstlich erzeugte Massenstrecken (durch Überpopulation, Futter, Aussetzen) und gezüchtete Trophäen sind weder im In- noch im Ausland einer kritischen Öffentlichkeit verständlich zu machen.
Es ist ein Irrtum zu glauben, dass ein Beitrag in den Medien nur dann gut und fair ist, wenn er das auf Hochglanzprospekten von Jagdverbänden produzierte Idyll widerspiegelt oder so ist, wie wir Jäger die Jagd gerne dargestellt hätten. Wenn es uns mit der Zukunft der Jagd Ernst ist, müssen wir auch ein kritische Betrachtung zulassen können, die ohne grüne Brille auskommt.
Heiko Hornung
Chefredakteur WILD UND HUND