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Terrier auf der Hasenspur

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Die Kunst eines Führers ist es, den Charakter seines Jagdhundes zu kennen und diesen bei der Ausbildung zu beachten. Revierjagdmeister Sascha Schmitt erklärt, wie er zwei unterschiedlich veranlagte Terrier auf der Hasenspur eingearbeitet hat.

(Foto: Michael Stadtfeld)

Die unterschiedlichen Wesenszüge bei dem Deutschen Jagdterrier-Rüden „Ragnar“ und der Glatthaarfoxterrier-Hündin „Zwille“ waren bereits im frühen Welpenalter sehr deutlich zu erkennen, sodass schon von Beginn an entsprechend darauf reagiert werden konnte. Während „Zwille“ sich an neue Aufgaben immer erst herantasten musste, blieb „Ragnar“ seiner eigenen Vorgehensweise – einfach drauf – konstant treu.

Dies soll aber keineswegs heißen, dass „Zwille“ nicht wesensfest ist und über zu wenig Passion verfügt. Oder dass der Jagdterrier durchweg überpassioniert und schlecht handhabbar ist. Die zwei Junghunde zeigen trotzdem identische Charaktereigenschaften, obwohl sich ihre Arbeitsweise deutlich unterscheidet. Beide sind sozialverträglich, ruhig und haben einen hellwachen Verstand.

Bevor die zwei auf der Hasenspur eingearbeitet wurden, sind sie auf Futter- und Kaninchenschleppen an der langen Feldleine gefördert worden. Dabei arbeitete „Zwille“ – nach langem Überprüfen des Anschusses – in einem ruhigen Tempo und sehr konzentriert. Regelmäßig verhielt sie und blickte sich nach ihrem Führer um, nahm die Arbeit aber nach Ermuntern sowie Lob sofort wieder auf und brachte die Spur bis zum Ende vorwärts.

„Ragnar“ hingegen fiel jede Schleppe ohne viel Federlesen an, stemmte sich mit Macht in die Halsung und hastete den Spurverlauf entlang. Dabei überschoss er regelmäßig Haken und fand nur durch Korrektur und Unterstützung wieder zur Spur zurück.

Es war klar, dass beide absolut unterschiedlich auf der Hasenspur eingearbeitet werden mussten. Außerdem ist es förderlich, die ersten Hasenspuren mit der Feldleine zu arbeiten.

„Ragnar“
Deutscher Jagdterrier, Gewölft: Juli 2017, Wesen: Sehr agiler, selbstbewusster Rüde, der jedes Problem mit der rassetypischen Energie angeht. Immer hellwach und bereit für Aktion. Stark ausgeprägte Wildschärfe vereint sich in ihm mit dem Drang zur Folge. Der Spurwille war bereits im Welpenalter stark ausgeprägt, der zum Teil die Bindung an den Herrn überlagert. „Ragnar“ will finden und geht dabei auch regelmäßig sehr weit. Lockerer Hals auf Spur und Fährte, jedoch absolut im grünen Bereich

Ein eher zurückhaltender Hund wie „Zwille“ könnte die Spur nach kurzer Zeit abbrechen, um zu ihrem Führer zurückzukehren. Ein stürmischer Vierläufer wie „Ragnar“ würde die Spur nicht sauber ausarbeiten. So wurden beide Terrier zuerst mit der langen Leine angesetzt.

Auch wenn es von vielen Hundeführern kategorisch abgelehnt wird, bekam die Foxterrier-Hündin ihre ersten Hasen sichtig präsentiert. Dabei wurde darauf geachtet, dass der Bodenbewuchs im Spurgelände möglichst niedrig ist, damit sie ihn lange Zeit sieht. Sie verfolgte die ersten zwei Hasen komplett ohne Lautäußerung und kam nach kurzer Strecke wieder zum Führer zurück, obwohl dieser ihr an der Feldleine folgte und sie durch Lob aufmunterte.

Erst der dritte Hase innerhalb eines Vormittags brachte sie dann in die nötigte Trieblage, um den Hasen lange sichtig zu verfolgen. Genau in dieser hohen Reizlage wurde „Zwille“ geschnallt. Die Führerbindung war überdeckt, der Foxterrier arbeitete den Hasen ausreichend weit und setzte dabei zunehmend seine Nase ein. Hindernisse, die sie vorher zum Abbrechen der Spurarbeit bewegten, überwand die Hündin ohne Probleme.

Mit jeder Spur an der Feldleine wurde „Ragnar“ ruhiger und lernte, sich zu konzentrieren. (Fotos: Sascha Schmitt)

Dieses Schema wurde an zwei weiteren Tagen wiederholt. Der erste Hase wurde der Hündin grundsätzlich sichtig gegeben, erst wenn sie im Verlauf der Spur merklich Passion aufgebaut hatte, wurde sie geschnallt. Glücklicherweise konnte sie den Hasen hierbei stechen, was ihr einen weiteren Willensschub gab. Dies war akustisch an ihrem immer sicherer werdenden Sicht- und Spurlaut zu erkennen, der auch deutlich giftiger wurde.

Von diesem Zeitpunkt an wurde „Zwille“ nur noch mit der Ablaufleine angesetzt, zeigte sehr ansprechende Spurarbeiten und einen gesunden Spurlaut. Bei der Foxterrier-Hündin musste also zuerst durch den sichtigen Hasen eine Verbindung von Wittrung und Beute geknüpft sowie eine Passion entwickelt werden, die die starke Bindung an den Hundeführer überdeckte.

Aufmunterndes, anfeuerndes Lob während der Spurarbeit an der langen Leine bestärkten die Hündin in ihrem Tun und ließen endgültig den Spurwillen durchbrechen. Dazu brauchte es relativ viele Spuren und zu Beginn der Ausbildung auch mehrere Hasen in kurzen Intervallen hintereinander. Mittlerweile arbeitet „Zwille“ jede Hasenspur auch ohne entsprechende Aufwärmrunde.

Wäre mit dem Jagdterrier „Ragnar“ in dieser Art verfahren worden, hätte es zu keinem guten Ende geführt. In ihm galt es, keine Glut zu entfachen, sondern vielmehr ein loderndes Feuer in kontrollierte Bahnen zu lenken.

Auch wenn der Hund etwas länger weg war, wird er abgeliebelt, sobald er zu seinem Führer zurückkommt.

Derartig passionierte Vierläufer mit dem sichtigen Hasen zu konfrontieren, macht eine ansprechende Spurarbeit für sie nahezu unmöglich. Der dadurch erzeugte Rausch würde den jungen Kerl in kürzester Zeit unlenkbar machen. Deshalb waren bei „Ragnar“ Ruhe und Kontrolle die Schlüssel zum Erfolg.

Mit Bedacht angesetzt, folgte der Hundeführer dem vorwärtsstürmenden Terrier an der Feldleine. Jegliches Lob und Anfeuern wäre hier absolut kontraproduktiv. Stattdessen wurde mit der Feldleine das Arbeitstempo des Hundes gedrosselt und darauf geachtet, dass er gezielt die Spur vorwärtsbringt und nicht in einer Art Quersuche stürmt. Je unruhiger und schneller „Ragnar“ wurde, desto stoischer wurde das Verhalten des Hundeführers. Dass es nicht immer leicht ist, in solchen Situationen ruhig zu bleiben, liegt in der Natur vieler Hundeführer.

Doch Zwang oder Schelte haben hier nichts zu suchen. Mit der Zeit entwickelte „Ragnar“ eine erfreulich gute Spurtreue und arbeitete vorbildlich an der langen Leine. Mit jeder Wiederholung verstand der junge Vierläufer es besser, sich zu konzentrieren und bei der Stange zu bleiben. Denn eines war von Anfang an klar: „Ragnar“ will jagen und zwar so viel wie möglich. Freie Spuren wurden ihm in der gesamten Prüfungsvorbereitung nur zwei gegönnt, damit nicht wieder unnötig Öl ins Feuer gegossen wird.

Mit sehr viel Ruhe und Bedacht überprüft der Foxterrier den Abgang des Hasens.

Bei der freien Arbeit zeigte er einen unbändigen Willen zur Folge und einen stark ausgeprägten Spurlaut. Besonders erfreulich war, dass er nach den sehr ausgedehnten Hasenspuren sofort zu seinem Führer zurückkehrte, was mit überschwänglichem Lob und Leckerlis bedacht wurde.

Beide Junghunde haben sich zu zuverlässigen Spurarbeitern entwickelt und zeigen konstante Leistungen auf ansprechendem Niveau. Dies wurde aber durch absolut unterschiedliche Einarbeitungsmethoden erreicht. Hier liegt eben bei vielen Hunden der Hase im Pfeffer: Auch wenn das Ziel oftmals gleich ist, führen immer verschiedene Wege zum Wunschergebnis. Diese gilt es, bei jedem Vierläufer zu entdecken und dann gemeinsam zu gehen.

„Zwille“
Glatthaarfoxterrier
Gewölft: Mai 2017
Wesen: Eine sehr ruhige, aufgeräumte Hündin, die sämtliche Aufgaben mit Bedacht löst und regelmäßig etwas Anlaufzeit braucht. Sie jagt sehr führerbezogen, mit ausreichend Wildschärfe. Die Passion für die Spurarbeit war bereits als Welpe deutlich erkennbar, sie tat sich aber schwer, in die Weite zu arbeiten. Auf mehreren Drückjagden eingesetzt, stöberte sie immer selbstständig, gehört aber eher zu den kurz jagenden Vierläufern. Sicherer Sichtlaut ist vorhanden, der bei ausreichender Reizlage in Spurlaut übergehen kann.
Nachdem bei der Hündin „Zwille“ die Passion durchkam, überquerte sie auch Hindernisse, die sie vorher zum Abbrechen verleiteten.
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