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Alptraum Magendrehung

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Gefahr für den Hund:
Die Magendrehung ist eine altbekannte Krankheit, die trotz umfangreicher Forschung nichts von ihrem Schrecken verloren hat. Wird sie nicht rechtzeitig erkannt, kann sie den Tod bedeuten.

 

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Liegt es an der Rasse oder an den Fütterungs- und Bewegungsgewohnheiten? Die Ursachen einer Magendrehung sind weitgehend unbekannt

Von Dr. Stephan Neumann

Die Ursachen und ihre Folgen

Doch was passiert bei der Magendrehung? Durch unterschiedliche Gründe dreht sich der Magen um die eigene Achse, dabei kann es bis zu einer vollständigen Drehung von 360 Grad kommen. Gleichzeitig wird der Schlund und der Dünndarm mit verdreht, so dass kein Nahrungsbrei und kein Gas aus dem Magen entweichen kann. Es kommt durch Gärungsprozesse zur weiteren Gasbildung, und der Magen vergrößert sich zusehends. Er kann dabei leicht die Größe eines Fußballes annehmen. Eine weitere Folge ist die mangelnde Blutversorgung der Magenwand durch die „abgedrehten“ Arterien. Sauerstoff kommt kaum noch in den Magenzellen an und gefährliche Abfallprodukte des Zellstoffwechsels können nicht mehr abtransportiert werden. Die Magenzellen sterben ab. Man erkennt dies an einer grünlich, schwarzen Verfärbung der Magenwand. Ist dieser Zustand erreicht, kann der Magen platzen, eine fast immer tödliche Bauchfellentzündung würde entstehen. Zum Glück aber platzt der Magen recht selten. In jedem Fall kommt es bei der Magendrehung zum Schock durch Versacken des Blutes, durch Druck des geblähten Magens auf das Herz und durch die giftigen Stoffwechsel-Abbauprodukte aus der Magenwand. Diese können auch die Herzmuskelzellen angreifen und ein lebensbedrohliches Herzkammerflimmern hervorrufen.

Hochläufige Hunde – beispielsweise Vorstehhunde – erkranken häufiger an der Magendrehung als kleinere. Theoretisch können auch niederläufige Arten Phänomen erleiden, es kommt aber in der Praxis so gut wie nie vor. Warum es gerade die großen Hunderassen betrifft, ist nicht ganz geklärt. Man weiß, dass ein tiefer Brustkorb die Wahrscheinlichkeit erhöht. Vermutlich ist bei diesen Hunden die Magenaufhängung ungünstiger als bei den kleinen Hunderassen.

Keine Übergroßen Futterportionen!

Der Einfluss des Futters und der Fütterungstechnik auf die Entstehung der Magendrehung wird immer wieder diskutiert. Bekannt ist, dass große Mengen Futter den Magen überladen können und damit die Entstehung der Drehung begünstigen. Auch ist gärendes Futter gefährlich, da es große Mengen Gas produziert, die den Magen dehnen und damit auch dessen Drehung verursachen können. Es ist deshalb abzulehnen, übergroße Futterportionen anzubieten. Man tut seinem Hund eher einen Gefallen, die Futtermenge auf zwei Fütterungen zu verteilen. Vermutungen über weitere Einflüsse des Futters auf die Entstehung der Magendrehung sind rein spekulativ. Es wird immer wieder in Zeitschriften erwähnt, dass das Wälzen des Hundes mit Futter im Magen die Drehung begünstigt. Bewiesen ist dies aber nicht. Trotzdem kann man annehmen, dass ein leicht gefüllter Magen beim Wälzen um die eigene Achse kippen kann. Dann wäre der Magen um 90 Grad gedreht. Die Magenpassage ist dann bereits gestört und Entweichen von Gas unmöglich. Durch weitere Gärung kann nun der Magen weiter über 180 und 270 Grad bis zur vollständigen Verlagerung gedreht werden. Wie bereits gesagt: reine Theorie! Trotzdem sollte der Vierbeiner nach der Fütterung etwas Ruhe für die Verdauung bekommen und ein jagdlicher Einsatz erst etwa eine Stunde nach der Futteraufnahmen beginnen.

Eindeutige Symptome

Durch den gedrehten Magen bekommt der Vierläufer anfangs Bauchschmerzen. Der sich zunehmend spannende Magen schmerzt an sich, aber auch Druck auf andere innere Organe erzeugt Leiden. Das Allgemeinbefinden des Hundes, welches sich durch Verhalten, Futter- und Tränkeaufnahme äußert, wird zunehmend gestört. Der Hund wirkt apatisch. Das heißt, mit fortschreitender Magendrehung verkriecht sich der Hund, hört nicht mehr auf sein Herrchen, lehnt jegliche Nahrung ab. Manche Hunde versuchen, sich zu erbrechen, dabei kommt allerdings höchstens weißer Schleim aus dem Schlund, da ja der Magenausgang zu diesem Zeitpunkt nicht mehr durchgängig ist. Jetzt kann man auch eine zunehmende Vergrößerung des Bauchraumes durch den sich blähenden Magen beobachten. Doch Achtung: Bei langhaarigen Hunden ist mitunter auch ein hochgradig geblähter Magen von außen kaum erkennbar. Tippt man vorsichtig mit den Fingerspitzen auf die Bauchdecken, hat man dass Gefühl, auf eine Trommel zu schlagen.

Behandlung in mehreren Teilen

Im weiteren Verlauf treten die Symptome eines Schockes in den Vordergrund. Der Hund liegt nur noch auf der Seite, kann nicht mehr laufen. Der Puls ist flach und schnell, die Schleimhäute werden zunehmend blasser. Bei fehlender Therapie verendet der Vierläufer. Der Zeitraum vom Beginn der Magenverdrehung bis zum Tod hängt vom Grad der Magendrehung ab. Es sind aber insgesamt nur wenige Stunden – also ein Wettlauf mit der Zeit. Will man seinem Hund noch helfen, muss sofort der Tierarzt aufgesucht werden.

Die Aussagen des Hundehalters lassen oft schon auf eine Drehung schließen. Wenn der Tierarzt den trommelförmig gespannten Bauch tastet, bestätigt sich meist die Vermutung. Eine Röntgenaufnahme macht schließlich das Ausmaß der Magendrehung sichtbar. Die Behandlung der Magendrehung besteht aus mehreren Teilen: Es gilt als Erstes, den Magendruck schnell zu reduzieren, um ein weiteres Absterben der Magenwand zu verhindern. Der Schock muss intensiv behandelt werden, der Kreislauf des Hundes stabilisiert werden. Der Magen muss so schnell wie möglich in seine Ursprungslage gedreht werden. Komplikationen am Herzen müssen beobachtet und gegebenenfalls behandelt werden.

So verläuft die Operation

Im Einzelnen heißt dies: Sofort nach Einlieferung des Hundes in die Tierarztpraxis wird Gas aus dem Magen abgelassen, meistens durch Stich mit einer Kanüle.
Parallel dazu legt man dem Vierläufer eine Verweilkanüle, um über eine Infusion den Kreislauf zu stabilisieren und den Schock zu behandeln. Ist der Patient soweit stabil, beginnt die Operation. Ein erfahrenes OP-Team ist bei der Magendrehung besonders wichtig, da solche Hunde narkoselabil sind. Eine gute Überwachung und Steuerung der Narkose ist deshalb essentiell.

Die Operation wird mit einem Schnitt in der Bauchmitte begonnen. Wenn der Bauchraum geöffnet wurde, ist der dunkel gefärbte stark geblähte Magen nicht zu übersehen. Im ersten Schritt der Operation wird der Magen eröffnet, um den Inhalt aus Gas und gärendem Futter zu entfernen. Nach Verschluss der Magenwand kann der Magen meistens ohne Mühe in seine natürlich Position zurückgedreht werden. Als besondere Komplikation bei der Magendrehung kann in einer zusätzlichen Milzdrehung bestehen, die mitunter einer Entfernung der Milz notwendig macht. Sind die Milzgefäße nicht vollständig durch Blutpfröpfe verschlossen, kann sie sich nach der Zurückverlagerung des Magens erholen und im Bauchraum verbleiben. Schließlich sollte der zurückverlagerte Magen vor einer wiederholten Drehung geschützt werden. Eine Naht fixiert den Magen an die innere Bauchwand.

Die Nachbehandlung

Ein gut eingespieltes Operationsteam ist meistens in der Lage, eine Magendrehung innerhalb von einer bis zwei Stunden zu operieren. Danach ist die Arbeit allerdings noch nicht erledigt. Giftstoffe, die bei der Verdrehung des Magens und dem Absterben von Magenwandzellen freigesetzt werden, können insbesondere den Herzmuskel schädigen und noch nach einigen Tagen zu todbringenden Komplikationen führen. Hunde sollten nach einer Magendrehung einige Tage in der Praxis oder Klinik überwacht werden. Da nach einer solchen Operation eine künstliche Ernährung über zwei bis drei Tage notwendig ist, ergibt sich allein daraus der Zwang, den Hund beim Tierarzt zu lassen. Sind die ersten Tage schadlos vergangen, ist der Hund komplikationslos genesen und kann wieder normal eingesetzt werden. Spätfolge kann beispielsweise eine erneute Magendrehung sein. Durch die Fixierung des Magens wird die Gefahr zwar weitgehend reduziert, doch es gibt ja bekanntermaßen in der Natur nichts, was es nicht gibt.

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Der geblähte Magen ist am besten hinter den Rippen zu ertasten.

 

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