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Der alte Jagdhund: Abschieben oder einsetzen?

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Viel zu schnell geht es – aus der Sicht des Hundeführers – mit dem treuen vierläufigen Jagdhelfer bergab; dann zeigt sich, wer wirklich an seinem Hund hängt und bereit ist, seinem ergrauten Weggefährten für die gemeinsamen Jahre durch Fürsorge zu danken.

 

Drei Jahre ein junger Hund, drei Jahre ein guter Hund, drei Jahre ein alter Hund. An diesem Sprichwort über Jagdgebrauchshunde ist leider sehr oft etwas dran. Was können wir aber tun, um unseren alten vierläufigen Jagdgefährten möglichst lange fit zu halten und gegebenenfalls Altersbeschwerden zu lindern?

Wie beim Menschen auch, beginnt die „Altersvorsorge“ in jungen Jahren. Jagdhunde verbringen ihr Leben ja schließlich nicht auf dem Sofa, vielmehr gehören sie zu den wenigen noch „berufstätigen“ Hunden. Schon als Welpe und Junghund sollte neben den regelmäßigen Impfungen und Entwurmungen auf eine gewisse Pflege nicht verzichtet werden.

Es muss zum Beispiel einfach eine Selbstverständlichkeit sein, dem Jagdgebrauchshund Gelegenheit zu geben, sich sogleich nach jeder Wasserarbeit trockenzulaufen oder besser: Man sollte ihn grundsätzlich abtrocknen. Nicht nur kurzhaarige Rassen sollten im Winter erst dann wieder in den Zwinger oder ins kalte Auto gebracht werden, wenn sie vollständig trocken sind.

Dies hat nichts mit manchmal von „ganz kernigen“ Hundeführern zu hörender Verweichlichung zu tun, sondern bedeutet auch Vorsorge bezüglich Rheuma- und Nierenerkrankungen im höheren Alter. Abgesehen von der dem Hund aus Zuneigung zuteil werdenden Pflege ist es auch schlicht kurzsichtig, seinen mit viel Mühen aufgezogenen, ausgebildeten, geprüften und im Jagdbetrieb bewährten Waidgenossen durch schlechte Betreuung vorzeitig aufs Altenteil schicken zu müssen.

Auch die geistige Fitness altert

Alle Jagdhunde, im besonderen Wasser- und Erdhunde, sind der Gefahr von Ohrenentzündungen ausgesetzt. Diese sollten frühzeitig tierärztlich behandelt werden; denn chronisch gewordener Ohrenzwang kann auch schon in jüngeren Jahren zur völligen Dienstuntauglichkeit des vierläufigen Jagdhelfers führen.

Der Alterungsprozess erstreckt sich nicht nur auf die körperliche Fitness, auch das geistige und seelische Wohlbefinden kann beeinträchtigt werden. Wenn der ältere Jagdhund immer schneller ermüdet, häufig hechelt und bei oder nach Belastungen auch noch hustet, sollte er schleunigst zum Tierarzt. Durch eine gründliche Untersuchung einschließlich Abhören des Herzens, und gegebenenfalls auch einer EKG- und Röntgenuntersuchung, ist schnell abgeklärt, ob eine Herzschwäche, eine so genannte Herzinsuffizienz, vorliegt.

Moderne Medikamente sorgen u. a. über eine Erweiterung der Blutgefäße für eine verbesserte Herzleistung, lindern so die Symptome der Herzschwäche und verlängern das Leben Ihres Vierläufers. Hat sich schon Flüssigkeit in der Lunge angesammelt, was sich auch durch Husten äußert, kann über eine medikamentöse Entwässerung schnell Linderung erreicht werden.

Natürlich darf ein herzkranker Hund keinen schweren körperlichen Belastungen, wie beispielsweise einer anstrengenden Drück- oder Treibjagd, mehr ausgesetzt werden. Kurze Reviergänge und auch leichte Arbeiten hingegen schaden ihm nicht.

Auch der „Alte“ sollte mit zur Jagd

Überhaupt sollte der Jäger seinen Jagdhelfer soweit und so lange irgend möglich auch im Alter noch in den jagdlichen Alltag integrieren; denn, wie auch bei alten Menschen zu beobachten, beschleunigt das „aufs Abstellgleis geschoben sein“ nicht nur den körperlichen, sondern auch den geistigen Verfall.

So lässt man den alten Stöberhund z. B. nur bei einem Treiben frei mitlaufen und leint ihn danach an. Der Bauhund, bei dem die Wendigkeit nachlässt, wird eben nicht mehr in einen mehr-etagigen Mutterbau mit all seinen Tücken geschickt, sondern darf gelegentlich einen Rotrock aus dem Kunstbau herausbellen, und der Nachsuchen-Spezialist wird sich nicht überflüssig vorkommen, wenn man ihm die eine oder andere einfache Totsuche gönnt.

Auch ist es unnötig, einen alterssteifen Hund bei Minustemperaturen ins eiskalte Wasser zu schicken, aber den einen oder anderen Breitschnabel im frühen Herbst aus dem Tümpel zu holen, erhöht sein „Selbstwertgefühl“.

Hunde-Senioren überschätzen sich leicht

Wichtig ist, dass der Hunde-Senior nicht völlig ausgeschlossen wird von den Dingen, die bisher sein Lebensinhalt waren. Wenn man bedenkt, dass die Passion eines noch so alten Jagdhundes letztlich ungebrochen ist, weiß man, welche Gefahr sich dahinter verbirgt: Er überschätzt nämlich sein Leistungsvermögen, „übernimmt“ sich leicht und hat dann an den Folgen schwer zu tragen. Sein unbändiger Arbeitswille ist eben auch dann noch vorhanden, wenn er körperlich nicht mehr so ganz fit ist. Aber eins möchte er: dabei sein, wenn es ins Revier geht.

Häufig tun sich alte Jagdhunde nach langem Liegen schwer, aufzustehen, und lahmen auch die ersten Schritte. Nach einer gewissen Laufstrecke bessern sich jedoch diese Beschwerden, der Hund „läuft sich ein“, die Lahmheit verschwindet. Diese Symptome deuten auf eine Arthrose hin, eine degenerative Gelenkerkrankung, die mit Schmerzen einhergeht. Nässe und Kälte verstärken diese Beschwerden, deshalb ist es wichtig, besonders diesen Vierläufern warme, trockene Lagerplätze anzubieten.

Arthrose ist zwar nicht heilbar, aber die Schmerzen sind durch mehrere hochwirksame Medikamente gut zu beseitigen oder wenigstens zu lindern, und der Hund kann sich wieder relativ beschwerdefrei bewegen. Und maßvolle, regelmäßige Bewegung ist nötig, damit die Gelenke nicht völlig „einrosten“.

Wenn möglich sollte der alte Jagdgefährte spätestens jetzt vom Zwinger ins Haus übersiedeln, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten.

Ohne Hör- und Sehvermägen leidet die Führigkeit

Mit zunehmendem Alter lassen auch Seh- und Hörvermögen des Hundes nach. Dies behindert zwar den alten Hund in der gewohnten Umgebung selbst relativ wenig; denn er lebt ja schließlich in seiner „Hundewelt der Gerüche“ und findet sich darin mit der Nase zurecht, aber seine Führigkeit im Jagdbetrieb kann darunter bis zur Untauglichkeit leiden.

Vor allem beim jagdlichen Einsatz an Raubwild unter und über der Erde sowie an wehrhaftem Wild sollte bedacht werden, dass der alte Jagdhund sein körperliches Unvermögen nicht abzuschätzen vermag. Hier ist der Hundeführer in der Verantwortung. Er muss nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden, was er seinem erfahrenen, aber gealterten Waidgefährten noch zumuten kann.

Viel Einfühlungsvermögen ist ebenfalls gefordert, wenn es darum geht, ob und wann ein junger Nachfolger angeschafft wird. Dem sehr alten und gebrechlichen Hund einen Welpen zuzumuten, ist oft keine gute Idee. Aber es gibt auch Ausnahmen, bei denen der Alte mit dem Jungen wieder so richtig auflebt und mit sichtlichem Wohlgefallen endlich Mutter- oder Vaterfreuden genießt.

Ein Senior will seine Ruhe haben

Aber ein Hundesenior, der in erster Linie in Ruhe gelassen werden möchte, ist auch leicht durch die ständige Anwesenheit eines quirligen jungen Artgenossen überfordert. Es ist deshalb ratsam, den Nachfolger ins Haus zu holen, so lange der Alte noch etwas mithalten kann.

Die unumgängliche „Bevorzugung“ des neuen Vierläufers während seiner Aufzucht, Ausbildung und später im Jagdbetrieb kann man durchaus etwas kompensieren, indem der Oldie ins Wohnhaus übersiedeln darf oder andere Vorrechte genießt, die er zuvor nicht hatte. Immer aber muss der Hundeführer Rudelchef bleiben, um eventuell aufkommende Rangstreitigkeiten zwischen kräftemäßig ungleichen Parteien im Keim zu ersticken.

Eine der schwersten Entscheidungen, vor die ein Hundeführer gestellt wird, ist die Frage nach dem Zeitpunkt des Abschiednehmens. Eins ist dabei klar: Wenn der ergraute vierläufige Jagdgefährte ganz offensichtlich zu leiden beginnt, muss ihm ein würdiges Ende bereitet werden. Natürlich versucht jeder Hundeführer, diesen Zeitpunkt so lange wie es ihm vertretbar erscheint, hinauszuzögern, aber irgendwann gibt es plötzlich kein Zurück mehr.

Wann ist es Zeit zum Abschiednehmen?

Wann ist dieser Zeitpunkt gekommen? Wenn der alte Jagdhelfer beispielsweise unter starken Schmerzen oder schwerer Atemnot leidet, die medikamentös nicht zu beheben sind, und ihm das Weiterleben zur Qual werden lassen, dann muss der Mensch sich überwinden und eine Entscheidung treffen. Ähnlich verhält es sich, wenn der alte Hund nicht mehr in der Lage ist, allein zu fressen, zu schöpfen, sich zu lösen oder zu nässen. In solchen unheilbaren Fällen sollte man den Hund von seinen Leiden befreien.

Welchen Weg der Jäger hierfür wählt, muss er selbst entscheiden. Die Euthanasie beim Tierarzt erfolgt schnell und schmerzlos, sie kann zu Hause ebenso wie in der gewohnten Tierarztpraxis erfolgen. Letzteres kann sogar weniger Stress für Ihren alten Jagdhund bedeuten; denn Besuche in der Praxis sind ihm vertraut.

Kommt der Tierarzt allerdings zum ersten Mal ins „heimische Revier“ zur verständlicherweise sehr aufgeregten Familie, dann wirkt das auf ihn nicht immer sehr beruhigend. Und wir sollten uns schließlich bemühen, dem einstigen Jagdhelfer, mit dem man so viel Freude hatte und der einem im Laufe vieler gemeinsamer Jahre so sehr ans Herz gewachsen ist, den letzten Gang so leicht wie möglich zu machen. $(kursiv:Dr. Cornelia Renczes)

 

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