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Schlittenhundgespanne brauchen Sondererlaubnis

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Verbotenes Befahren von Waldwegen

I. Die Rechtsgrundlage

„Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet, soweit sich nicht aus dem Gesetz Abweichungen ergeben. Das gilt auch für das Radfahren und das Fahren mit Krankenfahrstühlen auf Straßen und Wegen.

Wer den Wald betritt, hat sich so zu verhalten, dass die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt oder verunreinigt sowie andere schutzwürdige Interessen der Waldbesitzer und die Erholung anderer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.“
§ 2 LForstG NW.

„Verboten ist das Fahren im Wald mit Ausnahme des Radfahrens und des Fahrens mit Krankenfahrstühlen auf Straßen und Wegen, soweit hierfür nicht eine besondere Befugnis vorliegt.” § 3 LForstG NW.

II. Der Sachverhalt

An einem Dezembertag des Jahres 1992 fuhr die Betroffene B. mit einem Schlittenhundgespann auf Rädern durch den Wald. Sie benutzte einen Waldweg, der mit dem Verkehrszeichen Nr. 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) versehen war.

Das Amtsgericht verurteilte sie wegen verbotenen Fahrens auf Waldwegen zu einer Geldbuße (Ordnungswidrigkeit).

Hiergegen legte sie Rechtsmittel ein; sie machte geltend, dass das Fahren mit einem Hundegespann dem Fahren mit einem Fahrrad gleichzusetzen sei, zumal es nicht verboten sei, Hunde vor ein Fahrrad zu spannen und damit Waldwege zu befahren. Ferner dürften auch Kinder- und Leiterwagen mitgeführt werden, obwohl dies im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt werde.

III. Das Urteil

Das Oberlandesgericht ließ die Rechtsbeschwerde „zur Fortbildung des Rechts“ zu, weil über diese Fragen bisher noch nicht entschieden worden sei. Es kam aber zu dem Ergebnis, dass die Geldbuße zu Recht wegen vorsätzlichen verbotenen Fahrens auf Waldwegen verhängt worden sei.

Die Betroffene habe den Tatbestand des Verbots erfüllt, weil sie mit Ihrem Hundegespann entgegen § 3 Abs. 1e LForstG NW Waldwege befahren habe, ohne hierfür eine besondere Befugnis zu besitzen.

Entgegen der Auffassung der Betroffenen sei das Fahren mit einem Hundegespann nicht dem Radfahren gleichzusetzen. Der entscheidende Unterschied liege darin, dass Fahrräder mit der eigenen Muskelkraft des Fahrers fortbewegt würden, während Hundegespanne von den Tieren angetrieben würden.

Ferner ähnele ein mit Hunden bespanntes Gefährt weder in seiner äußeren Erscheinungsform noch in der Art seiner Bedienung und Fortbewegung einem Fahrrad, sondern eher – wegen der Bespannung mit Hunden – einer Kutsche, mit der das Befahren von Waldwegen ebenfalls grundsätzlich verboten sei.

Auch der weitere Einwand der Betroffenen, dass es nach dem Gesetzeswortlaut nicht verboten sei, Hunde vor ein Fahrrad zu spannen und damit Waldwege zu befahren, sei nicht zutreffend; denn unter dem Begriff des „Radfahrens“ falle nicht (mehr), wenn das Fahrrad anstatt durch die eigene Körperkraft durch ein oder mehrere Tiere fortbewegt werde. Auch stehe dem Verbot nicht entgegen, dass das Mitführen von Kinder- und Handwagen zulässig sei, weil diese dem Gehwegverkehr und damit dem Fußgängerbereich zuzuordnen seien (Folge aus § 24 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung).

Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung gelte für Spaziergänger einschließlich solcher Fortbewegungsmittel (Kinder- und Handwagen u. ä.), die sich mit dem Fußgängerverkehr vertrügen und nicht befürchten ließen, dass sie die Lebensgemeinschaft Wald stören, beschädigen oder verunreinigen würden. Schlittenhundgespanne störten und gefährdeten nicht unerheblich erholungssuchende Spaziergänger.

Außer dem Betreten als Fußgänger sei die Benutzung von Krankenfahrstühlen und Fahrrädern erlaubt, um einerseits auch Kranken und Behinderten den Wald zu Erholungszwecken zugänglich zu machen und andererseits das Radfahren mit seinem hohen Freizeit- und Erholungswert zu ermöglichen.

Die Benutzung von Hundegespannen sei grundsätzlich verboten. Die Hundemeute benötige nicht nur einen erheblichen Platz auf den Waldwegen, sie behindere auch die Spaziergänger und störe empfindlich die Lebensgemeinschaft Wald (§ 2 Abs. 3 LForstG NW, s. o.).
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 18.01.1994 – Ss 582/93 (Z) –

IV. Anmerkungen

In unserer heutigen Zeit, geprägt von Freiheit und Freizeit, ist es grundsätzlich erlaubt, den Wald und die freie Landschaft auf eigene Gefahr – auch außerhalb der öffentlichen Wege – zu betreten, sofern dadurch kein Schaden entsteht. Wie beim Jagdrecht bestimmt das Bundesrecht nur den Rahmen dieses allgemeinen Betretungsrechts, die weiteren Einzelheiten einschließlich der notwendigen Einschränkungen regeln die Länder (wie immer unterschiedlich).

1. Das Betreten des Waldes

Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet; das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten ist nur auf Straßen und Wegen erlaubt (§14 BWaldG).

Zum „Betreten“ (= als Fußgänger) gehört auch das Laufen, Joggen, Rasten, Spielen (ohne Organisation, z. B. Ballspielen und Drachen steigen lassen mit den Kindern), das Skilaufen und Schlittenfahren (nur Handschlitten) sowie das Mitführen von Hand- und Kinderwagen.
Erlaubt ist, sowohl die Wege als auch außerhalb der Wege die Bestände zu betreten, rund um die Uhr.

  • Dieses allgemeine Betretungsrecht gilt jedoch nicht grenzenlos. Es wird auf zweifache Weise eingeschränkt: Zum einen gilt es nur für Zwecke der Erholung, zum anderen enthält das Landesrecht Einschränkungen, soweit dies aus Gründen der Bewirtschaftung des Waldes, zur Abwehr von Gefahren oder zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt notwendig ist.

Deshalb ist grundsätzlich verboten (Landesrecht beachten):

  • das Betreten von Forstkulturen, Forstdickungen, Saatkempen und Pflanzgärten;
  • das Betreten gesperrter Waldflächen;
  • das Betreten von Waldflächen während des Holzeinschlags;
  • das Betreten von forstwirtschaftlichen und jagdlichen Einrichtungen (z. B. Ansitzleiter, Hochsitz, Kanzel);
  • das Fahren im Wald, außer dem Radfahren und dem Fahren mit Krankenfahrstühlen auf Wegen.
  • Das Reiten und Radfahren ist nur auf Straßen und Wegen gestattet, nach Landesrecht ist das Reiten häufig weiter eingeschränkt auf spezielle Reitwege.
  • Das Betreten, Radfahren und Reiten ist nur zum Zwecke der Erholung gestattet und muss waldverträglich erfolgen. Nur der für die Allgemeinheit so wichtige Erholungszweck rechtfertigt die mit der Benutzung zwangsläufig verbundenen Eigentumsbeschränkungen.

Deshalb sind nur mit besonderer Genehmigung der zuständigen Behörde erlaubt:

  • gewerbliche Betätigungen (z. B. Reitschule, Kutschfahrten u. a.);
  • organisierte Veranstaltungen (z. B. Volksmarsch, Skilanglauf, Wettkampfsport, Radfahrveranstaltungen, Schleppjagden);
  • störende Benutzungsformen (Musikveranstaltung, Motorsportrennen, Gotcha-Kämpfe, Survival-Games, Drachenfliegen).
  • In Naturschutzgebieten, Nationalparks, Wildschutzgebieten u. ä. kann das Betretungsrecht auf Wege beschränkt und das Radfahren und Reiten ganz untersagt werden (je nach Schutzzweck des Gebiets, z. B. um Störungen von Tieren oder Zerstörungen von geschützten Pflanzen zu verhindern)(Lte)
    2. Das Betreten der Flur

    Das Betreten der Flur auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Flächen zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet (§ 27 BNaturSchG). Zu den ungenutzten Flächen gehören z. B. Feldraine, Böschungen, Öd- und Brachflächen.
    Verboten ist daher das Betreten von (Landesrecht beachten):

    • landwirtschaftlich genutzten Flächen während der Nutzzeit (= von der Bestellung bis zur Ernte);
    • Grünland während des Aufwuchses und der Beweidung;
    • Garten-, Obst- und Weinbauanlagen;
    • landwirtschaftlichen Einrichtungen.

    Für gewerbliche Nutzungen, organisierte Veranstaltungen und störende Betätigungen gelten die obigen Ausführungen entsprechend (behördliche Genehmigung notwendig), desgleichen für Naturschutzgebiete, Nationalparke, Wildschutzgebiete u. a.

    3. Abwehrrecht des Jagdausübungsberechtigten

    Führt die rechtswidrige Benutzung des Waldes oder der Flur zu einer
    erheblichen Störung des Wildes oder der Jagdausübung, so kann der Jagdausübungsberechtigte von dem Betreffenden nach erfolgloser Abmahnung Unterlassung verlangen (siehe $ 1004 Bürgerliches Gesetzbuch), weil sein Jagdausübungsrecht und die ihm vom Gesetz auferlegte Erfüllung der Hegepflicht beeinträchtigt werden.

    Bei Hundegespannen wäre dies sicher der Fall, weil die Hundemeute das Wild allzu sehr an ein Wolfsrudel erinnert. Führt die Route entlang der Einstände oder durchquert sie diese gar, so dürfte das Revier bald schalenwildrein sein.

    V. Ergebnis

    1. Das allgemeine Betretungsrecht gestattet das Betreten des Waldes und der Flur, auch außerhalb der öffentlichen Wege, sowie das Radfahren, Fahren mit Krankenfahrstühlen und Reiten nur auf öffentlichen Wegen.
    Es erlaubt nicht, auf Waldwegen mit Hunde- oder Pferdegespannen zu fahren, auch nicht zu Erholungszwecken.

    2. Das allgemeine Betretungsrecht gestattet auf fremden Grundstücken nur den Aufenthalt zu Erholungszwecken; dieser wichtige Grund rechtfertigt die damit für den Eigentümer verbundenen Einschränkungen.
    Gewerbliche Betätigungen und organisierte Veranstaltungen sind nur mit behördlicher Erlaubnis zulässig.

    3. In Naturschutzgebieten, Nationalparks, Wildschutzgebieten u. ä. kann das allgemeine Betretungsrecht weiter eingeschränkt werden, wenn der Schutzzweck des Gebietes dies erfordert.

    4. Bei erheblichen Störungen des Wildes oder der Jagd kann der Jagdausübungsberechtigte nach erfolgloser Abmahnung vom Hundehalter Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen.


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