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Abrundung von Jagdbezirken (2): Wald-Feld-Grenze allein reicht nicht

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Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage

„Jagdbezirke können durch Abtrennung, Angliederung oder Austausch von Grundflächen abgerundet werden, wenn dies aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung notwendig ist.“ § 5 Abs. 1 BJG
„Bei der Abrundung soll die Gesamtgröße der Jagdreviere möglichst wenig verändert werden; Möglichkeiten eines Flächenausgleichs sind auszuschöpfen.“ Art. 4 Abs. 1 S. 2 BayJG

II. Der Sachverhalt

Eine Fläche von rund zehn Hektar gehörte zum westlich angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirk P., war aber durch eine Wasserfläche so von dessen Gebiet abgeschnitten, dass sie nur über den östlich angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirk L. erreicht werden konnte.

Im Jahre 1991 beantragte daher die Jagdgenossenschaft des Jagdbezirks L. bei der Unteren Jagdbehörde, die Fläche ihrem Jagdbezirk anzugliedern. Sie machte geltend, dass dieses Gebiet wegen seiner Abgeschnittenheit für eine selbständige ordnungsgemäße Hege und Jagdausübung nicht geeignet sei.

Die Untere Jagdbehörde bat den zuständigen Jagdberater um seine Stellungnahme. Dieser führte aus, dass die betroffene Fläche dicht mit Erlen, Weiden und Büschen bewachsen sei und daher allen Wildarten gute Deckung und Einstände biete.

Sie sei aber arm an Äsungsflächen, so dass das Rehwild gezwungen sei, auf die angrenzenden Äsungsflächen im Jagdbezirk L. auszutreten. Wegen des fehlenden direkten Anschlusses an den Jagdbezirk P., der geringen Größe und der fehlenden Äsungsflächen könne eine eigene jagdliche Bewirtschaftung dieser Fläche nicht befürwortet werden. Er empfahl daher die Angliederung an den Jagdbezirk L.

Daraufhin erließ die Untere Jagdbehörde einen Abrundungsbescheid, in dem die Fläche aus den vom Jagdberater genannten Gründen dem Jagdbezirk L. angegliedert wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Jagdgenossenschaft P. Widerspruch; sie machte geltend, dass es keine zwingenden Gründe für diese Maßnahme gebe. Eine Abrundung sei nur gerechtfertigt, wenn sie einen den Erfordernissen der Hege und Jagdausübung widersprechenden Zustand beseitige. Das sei nicht der Fall. Die Regierung von Schwaben (Obere Jagdbehörde) wies den Widerspruch zurück, die Sache kam vor Gericht.

III. Das Urteil

Das Gericht wies die Klage ab. Es stellte fest, dass die Abrundung rechtmäßig sei, weil Gründe der Jagdpflege (Hege) und Jagdausübung sie erforderten.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes müsse die Abrundung „notwendig“ (§ 5 BJG) bzw. „erforderlich“ (Art. 4 BayJG) sein. Dieses Merkmal sei gegeben, wenn sich die Maßnahme „aus der Sicht eines neutralen, jagdlich erfahrenen Betrachters nach den örtlichen Verhältnissen als sachdienlich aufdrängt“.

Weder sei es notwendig, dass ohne die Abrundung einer ordnungsgemäßen Hege und Jagdausübung unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstünden, noch reiche es aus, dass die Angliederung lediglich zweckmäßig sei, die Jagd und Hege also nur erleichtere.

Nach diesem Maßstab sei die Abrundung aus Gründen der Jagdpflege und Jagdausübung „notwendig“ gewesen. Allerdings genüge hierfür das Auseinanderfallen von Einstands- und Äsungsflächen (Wald-Feld- Grenze) für sich allein noch nicht, weil es keinen jagdlichen Grundsatz gebe, dass Einstandsgebiete und Äsungsflächen in demselben Jagdbezirk liegen müssten.

Anders sei es aber, wenn zu diesem Auseinanderfallen noch weitere Gründe hinzukämen, die zwar allein ebenfalls nicht ausreichen würden, aber in ihrer Summe das notwendige Gewicht für eine Abrundung hätten.

Als solche weiteren Gründe komme hier insbesondere hinzu, dass die Grenze wegen zahlreicher Ein- und Ausbuchtungen unklar verlaufe und infolge des dichten Auwaldes mit nur geringer Sichtweite die Gefahr von Grenzverletzungen und Gefährdungen Dritter erheblich sei.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22.4.1998 – 19 B 96.3971 –

IV. Ergebnis

1. Abrundungen erfolgen von Amts wegen oder auf Antrag der Jagdgenossenschaft/des Eigenjagdinhabers, nicht des Pächters.

2. Eine Abrundung setzt voraus, dass sie aus Gründen der Hege und Jagdausübung „notwendig“ ist. Das ist der Fall, wenn sie sich nach den örtlichen Verhältnissen objektiv als sachdienlich aufdrängt.

Es genügt nicht, dass sie nur „zweckmäßig“ oder „wünschenswert“ ist und Erleichterungen bewirkt; andererseits wird nicht verlangt, dass ohne die Abrundung eine ordnungsgemäße Hege und Jagdausübung völlig ausgeschlossen ist.

3. Allein die Beseitigung von Wald- Feld-Grenzen (Einstand-Äsung) genügt nicht. Kommen aber weitere Gründe hinzu, so können diese insgesamt die Notwendigkeit einer Abrundung begründen.

4. Abrundungen sollen möglichst durch Flächenaustausch erfolgen, damit die Jagdbezirke so wenig wie möglich verändert werden. Eine einseitige Abtrennung und Angliederung ist daher in der Regel nur dann zulässig, wenn ein Flächenaustausch aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht in Betracht kommt.


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