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Jagdgast jagte ohne Jagdschein – Kündigungsgrund für den Pachtvertrag?

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Ein Pachtvertrag ist ein „zähes Pflänzchen“, das sich nicht so einfach ausreißen lässt. Es müssen schon sehr triftige Gründe vorliegen, damit ein solcher Vertrag außerordentlich gekündigt werden kann. Ein einmaliger Verstoß gegen bestehende Bestimmungen reicht für eine außerordentliche Kündigung i. d. R. nicht aus.

Was passiert, wenn ein Jagdgast ohne gültigen Jagdschein jagt? Auch wenn deshalb nicht gleich der Pachtvertrag gekündigt werden kann, so ist es ratsam, wenn man sich als Pächter den Jagdschein seiner Gäste zeigen lässt. Denn im Schadensfalle könnte auch der Pächter ggf. mit haftbar gemacht werden

Von Dr. Wolf-Dieter Kuhlmann

Die Bild-Zeitung berichtete am 28. 11. 1998 auf der Titelseite unter der Überschrift „Jagdpächter-Urteil“, das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz habe entschieden, einem Jagdpächter könne der Pachtvertrag nicht fristlos gekündigt werden, wenn er einen anderen einmal ohne Jagdschein habe jagen lassen. OLG Koblenz vom 13. 2. 1998, Az. 10 U 98/97.

Jagdpachtverträge sollen gem. § 11 Abs. 4 BJG grundsätzlich für einen Zeitraum von mindestens neun Jahren abgeschlossen werden, eine ordentliche Kündigung während der vereinbarten Laufzeit ist nicht vorgesehen. Möglich ist aber die außerordentliche ( fristlose ) Kündigung des Vertrages, wenn ein hinreichender Grund hierfür vorliegt. Was war im vorliegenden Fall geschehen?

Die Beiziehung des zitierten Berufungsurteils und der angegriffenen Entscheidung des in erster Instanz angerufenen Landgerichts (LG) Trier ergibt zunächst, dass der von „Bild“ berichtete Sachverhalt gar nicht zutraf. Offenbar vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung über das Verlangen auf Wiederaufbau einer abgebrannten Jagdhütte hatte die Verpächterin den Jagdpachtvertrag mit der Begründung außerordentlich aufgekündigt, der Pächter habe etwa sechs Monate zuvor einen Jäger in seiner Abwesenheit ohne Jagderlaubnisschein im Revier jagen lassen.

Das Landgericht hatte die Kündigung für wirksam erachtet, das Oberlandesgericht sah die Rechtslage völlig anders und urteilte, der vorgetragene Sachverhalt reiche für eine außerordentliche Kündigung „keinesfalls“ aus, ein einmaliger, schon Monate zurückliegender Vertragsverstoß genüge insoweit nicht.

Diese Entscheidung liegt voll auf der Linie der einschlägigen Rechtsprechung: Abgesehen von Fällen des Zahlungsverzuges hinsichtlich der Jagdpacht rechtfertigen grundsätzlich nur schwere Vertragsverletzungen eines Jagdpachtvertrages seine außerordentliche Aufkündigung, wobei regelmäßige Voraussetzung einer wirksamen Kündigung die vorherige – erfolglose – Abmahnung des Vertragspartners wegen eines gleichgelagerten Falles ist (§§ 581, 553 BGB).

Unter einer Abmahnung versteht man die ausdrückliche Beanstandung eines bestimmten Fehlverhaltens verbunden mit der Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall. Ausreichende Kündigungssachverhalte liegen nach richtiger Auffassung des OLG nur vor, wenn „durch schwere, nachhaltige Verletzung vertraglicher Pflichten des anderen Teils die erforderliche Vertrauensgrundlage in derartigem Maße irreparabel zerrüttet wäre, dass diesem die Fortsetzung der Vertragsbeziehungen nach Treu und Glauben schlechthin nicht mehr zumutbar wäre“.

Kündigung bei schwerer jagdrechtlicher Straftat

Zu den Hauptpflichten des Pächters gehören – neben der Zahlung des vereinbarten Pachtzinses und ggf. weiterer Leistungen wie Wildschadensersatz – die Wildschadensverhütung und die waidgerechte Jagdausübung (LG Dessau, Urteil 18. 12. 1997 Az. 2 O 698/97), was selbstverständlich die Einhaltung der jagdrechtlichen Vorschriften umfasst.

Als ausreichende Kündigungsgründe sind von der Rechtsprechung beispielsweise anerkannt worden die Begehung schwerer jagdrechtlicher Straftaten (Wilderei durch unerlaubte Grenzübertretung bei Nachsuche), die ungenügende Verminderung des Wildbestandes trotz mehrfacher Mahnungen wegen übergroßer Wildschäden oder aber auch die Übertragung der gesamten Jagdausübung auf einen Begehungsscheininhaber entgegen vertraglicher Regelungen (Quasi Unterverpachtung).

Auch der Streit zwischen mehreren Mitpächtern kann den Verpächter zur Kündigung gegenüber einem oder ggf. allen Pächtern berechtigen, wenn die Auseinandersetzungen der Pächter untereinander den Vertragszweck ernsthaft gefährden, insbesondere eine ordnungsgemäße Bejagung des Reviers nicht mehr sichergestellt ist. Grundsätzlich kann insbesondere auch eine vertragswidrige Erteilung von (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Begehungsscheinen jedenfalls im Wiederholungsfalle nach Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

In vielen Jagdpachtverträgen sind ausdrücklich Regelungen darüber enthalten, bei welchen Sachverhalten der Verpächter – ggf. sogar ohne vorherige Abmahnung – außerordentlich kündigen darf. Häufig handelt es sich bei den Verträgen um Musterverträge, die daher dem Gesetz über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG ) unterliegen. Vor allem Regelungen über Gründe, die ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung berechtigen sollen, werden in der Regel wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam sein.

Ob eine Kündigung auf ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht gestützt werden kann, muss also immer im Einzelfall geprüft werden. Vor der feststellbaren Ausuferung von Sonderregelungen in Jagdpachtverträgen wird bereits zu Recht gewarnt und eine Beanstandung durch die zuständige Untere Jagdbehörde gefordert (vgl. Nick/Frank, Das Jagdrecht in Bayern, § 11 BJG Anm. 1.2).

Der Pächter muss auch wissen, dass schwere Vertragsverletzungen nicht nur zur außerordentlichen Kündigung durch den Verpächter, i.d.R. also die Jagdgenossenschaft, berechtigen, sondern dass ggf. auch noch Schadensersatzansprüche in nicht geringer Höhe auf ihn zukommen können. In § 13 Satz 3 BJG hat der Gesetzgeber eine entsprechende Pflicht ausdrücklich für den Fall normiert, dass ein Jagdpachtvertrag kraft Gesetzes erlischt, weil der Pächter seinen Jagdschein unanfechtbar verloren hat.

Schwere jagdrechtliche Verfehlungen sind teuer

Schadensersatz wegen Vertragsverletzung muss der Pächter aber auch dann leisten, wenn er schuldhaft einen Grund für die außerordentliche Kündigung des Vertrages gesetzt hat. Gelingt es dem Verpächter z. B. nicht, das Revier zum bisherigen Pachtzins neu zu verpachten, so hat der Altpächter für die Restlaufzeit seines Vertrages die Differenz zwischen alter und neuer Pacht als Schaden zu ersetzen. Dass die Jagdhaftpflichtversicherung für solche Schäden nicht eintrittspflichtig ist, versteht sich von selbst. Schwere jagdrechtliche Verfehlungen können also teuer werden.

Zurück zum Ausgang der Überlegungen: Hätte der „Bild“-Sachverhalt – Pächter lässt Jagdgast ohne Jagdschein an einer Jagd teilnehmen – zur Kündigung gereicht? Wohl kaum, wenn es sich um einen einmaligen, also nicht zuvor abgemahnten Sachverhalt handelte. Allerdings könnten bei Vorsatz des Pächters natürlich jagd- bzw. waffenrechtliche Rechtsverletzungen zur Debatte stehen, die im Einzelfall auch den Entzug des Jagdscheins nach sich ziehen könnten, der Jagdpachtvertrag würde dann kraft Gesetzes erlöschen (§ 13 BJG).
Zum Schluss: Wer ohne Jagdschein jagt, genießt regelmäßig auch keinen Versicherungsschutz der Jagdhaftpflichtversicherung. Wenn hier ein Schaden entsteht, könnte der Jagdausübungsberechtigte seinerseits ggf. zu Schadensersatzzahlungen herangezogen werden. Die Kontrolle der Jagdscheine bei einer Gesellschaftsjagd hat also ihren guten Sinn!



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