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Präzise und wirkungsvoll

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Fangschuss-Helfer:
Seit der Wiederzulassung von Hohlspitzmunition für Kurzwaffen eröffnen sich beim Fangschuss neue Möglichkeiten. Heinrich Weidinger stellt Fangschussgeber und Reduzierhülsen vor und testete verschiedene Laborierungen.

 

Reduzierhülsen, aus denen kalibergleiche Revolvermunition verschossen werden können, sind speziell für Fangschusszwecke gut geeignet

Von Heinrich Weidinger

Anruf der Polizei um 23 Uhr. An der Kreisstraße wurde ein Reh angefahren. Es liegt im hohen Gras der Böschung und lebt noch. Unfallbeteiligte stehen ratlos umher. Ein schneller, sicherer Schuss aus der Kurzwaffe beendet das Leiden. Immer wieder ergeben sich für den Jäger Situationen wie diese, in denen für den Fangschuss die Büchsenpatrone zu stark ist. Neben einer überzogenen Wirkung geht von ihr auch ein erhebliches Gefährdungspotenzial aus.

Neben dem Einsatz von Pistolen und Revolvern besteht die Möglichkeit, für Fangschüsse auf Schalenwild Fangschussgeber und Reduzierhülsen einzusetzen.

Ausreichend stark und dazu preisgünstig

Für Schalenwild sind Fangschussgeber („FSG“) seit längerer Zeit bekannt. Sie bestehen aus einer Aluhülse in Form einer Schrotpatrone, in die ein gezogener Stahllauf mit Patronenlager eingesetzt ist. Die „Lauf“-Längen können dabei die Länge der „Schrot-Hülse“ überschreiten. Bei einer Gesamtlänge von neun Zentimetern liegt das Gewicht eines Fangschussgebers im Kaliber 12 für .38 Spezial-Munition (geladen) bei 100 Gramm. Das Gerät von Lothar Walther im Kaliber .38 Spezial mit gezogenem 60 mm-Lauf entspricht dabei etwa einem 2 1/3 Zoll-Revolverlauf. Mit „PTB“-Aufdruck gekennzeichnet, sind Fangschussgeber ab 18 Jahren frei verkäuflich. Ein Neubeschuss der Waffe entfällt.

Nachdem für den Fangschuss auf Schalenwild nur solche Kurzwaffenpatronen verwendet werden dürfen, deren Mündungsenergie E0 wenigstens 200 Joule beträgt, fallen Randfeuerpatronen aus. Zwar leistet die .22 Magnum mit knapp 500 Joule wesentlich mehr, hat aber den Nachteil der kleinkalibrigen leichten Geschosse.

Für die Verwendung in Flinten kommen daher nur stärkere Kaliber in Frage, wie die .32 H&R Magnum oder die .38 Spezial. Auf Grund des geringeren Geschossdurchmessers eignet sich erstere auch Balg schonend für die Fallen- und Baujagd und ist mit einer E0 von 312 Joule dennoch für Schalenwild ausreichend stark.

Reduzier- oder Adapterhülsen bieten die Möglichkeit, kalibergleiche Kurzwaffenpatronen aus Langwaffen zu schießen. Für Schalenwild können zum Beispiel die Kaliber 7,65 Browning oder die .30 Carbine aus .30er-Kalibern wie .308 oder .30-06 verschossen werden. Für die 8 mm-Kaliber bietet sich die Revolverpatrone .32 H&R Magnum an.

Die Reduzierhülsen aus Stahl haben die Form einer Patronenhülse des betreffenden Büchsenkalibers. Wegen der deutlich kürzeren Hülsenlänge haben die Geschosse zwangsläufig einen langen „Anlauf“ bis zum Eintritt in die Züge und Felder, was zu Präzisionsverlusten führen kann.

Auch Reduzierhülsen sind ab 18 Jahren frei verkäuflich. Mit dem „PTB“-Prüfzeichen gekennzeichnet, entfällt ebenfalls ein Beschuss der Waffe. Verglichen mit einer Kurzwaffe sind die Läufe und Hülsen klein und leicht. Zudem verschießen sie Patronen, die für den gedachten Zweck ausreichend stark und dazu preisgünstig sind.

Fangschüsse werden in der Regel auf kürzeste Entfernung abgeben, die – realistisch gesehen – etwa zwischen fünf Zentimetern und drei Metern anzusetzen ist. Im ersten Fall handelt es sich um Nahschüsse mit fast aufgesetzter Mündung, bei denen die Schussgenauigkeit zu vernachlässigen ist. Aber schon ab fünf Metern kommt der Treffsicherheit eine erhebliche Bedeutung zu, gilt es doch, das verletzte Stück Wild schnellstmöglich mit einem gezielten Schuss zu töten.

Gefährdung von Personen oder Hunden vermeiden

Was die Präzision angeht, können die „FSG“ auf die betreffende Waffe hin leicht optimiert werden. Sie lassen sich zum Beispiel mit einem Tesaband dem Innenmaß des Patronenlagers anpassen. Der dadurch erreichte knappe Sitz minimiert das der Präzision abträgliche „Schlackern“ im Flintenlauf. Eine zusätzliche Markierung ermöglicht das stets gleiche Einsetzen im Lauf. Dass beim Einsetzen von Bockwaffen der obere Lauf gewählt wird, versteht sich schon wegen der geringeren Abweichung zur Visierlinie, die bei unten liegendem Schrotlauf und hoher Zielfernrohrmontage für Nahschüsse völlig unbrauchbar sein kann.

In Kipplaufwaffen sind Adapterhülsen schneller und unkomplizierter zu laden als in Repetierern. Das gilt für Flinten wie für Büchsen. Mittels eines Schusspflasters lässt sich das Herausfallen der Patrone aus dem Fangschussgeber verhindern.

Sowohl Fangschussgeber als auch Reduzierhülsen stellt die Firma Lothar Walter aus Königsbronn in einer Vielzahl unterschiedlicher Kaliberkombinationen her, die im Fachhandel erhältlich sind. Welche Waffe auch geführt wird, sie muss sicher getragen werden und doch schnell zugriffsbereit sein. Das bedingt entsprechend jagdlich geeignete Holster. Die Preise liegen bei 63 Euro. Neben den hier beschriebenen Sorten werden auch solche für Randfeuer- und Flobertpatronen sowie Reduzierstücke für Schrotläufe gefertigt.

Die Mindestanforderung mit der E0 von 200 Joule werden jedoch allenfalls Reh- und oder schwachem Schwarzwild gerecht. Für Wild ab etwa 30 Kilogramm Lebendgewicht sollte mehr Leistung zur Verfügung stehen.

Um die vergleichsweise niedrige Energie umsetzen zu können, sind Vollmantel-Geschosse, die nicht oder nur gering aufpilzen, für Fangschüsse auf Schalenwild ungeeignet. Besser sind Blei-, Teilmantel- oder Hohlspitzgeschosse, die durch Vergrößerung des Querschnittes eine höhere Wirkung entfalten. Um die Gefährdung von Personen oder Hunden zu vermeiden, sind daher keine Ausschüsse erwünscht.

Um die Geschosswirkung beziehungsweise Tiefenwirkung zu simulieren, wurde ein Beschuss durchgeführt – als Ersatz für ballistische Gelatine wurde Fensterkitt gewählt. Außerdem wurde Fichten-Stirnholz beschossen, um die Eindringtiefe vergleichen zu können. Die Ergebnisse lassen sich in Tabelle 1 nachlesen.

Schwachbrüstig

Die 7,65 Browning war bis in die 1970er Jahre als Polizeipatrone und vor dem Krieg als Forstschutzpatrone weit verbreitet. Für beide Aufgabengebiete hat sie sich als zu schwachbrüstig erwiesen und wurde erst von der 9 mm kurz und dann von der 9 mm Para abgelöst. Für den Fangschuss sind die Standard-VM-Ladungen mit einer E0 von nur etwa 200 Joule allenfalls für Rehwild tauglich. Teilmantel- beziehungsweise Hohlspitzgeschosse werden kaum angeboten.
Die Patrone lässt sich mit Reduzierhülsen auch aus Läufen in den .30er-Kalibern (zum Beispiel .308, .30-06) verschießen.

Leistung um fast 100 Prozent übertroffen

Die .32 H&R Magnum kam 1984 mit Revolvern von Harrington und Richardson auf den Markt. Die Patrone hat diesen Waffenhersteller schon um zwei Jahrzehnte überlebt. Inzwischen fertigen andere amerikanische Firmen und auch Weihrauch Revolver in diesem Kaliber. Im Prinzip ist es eine verlängerte .32 S&W long, deren Leistung sie allerdings um fast 100 Prozent übertrifft. Mit einem Geschossdurchmesser von exakt 8,0 Millimetern lässt sich die Geschossführung im 7,89 mm-Felddurchmesser des 8 mm S-Kalibers erreichen.

Mittels Reduzierhülse aus einem 98er im Kaliber 8×57 IS verschossen, erreichten einfache Bleigeschosse nicht die Präzision der Teilmantel-Hohlspitz-Patronen. Interessant war, dass sich auch erstere in Kitt geradezu klassisch aufpilzten, was aus Fangschussgebern nicht der Fall war.

Es wurde auch geprüft, inwieweit die Verbleiung auf die Treffpunktlage des Büchsenlaufes Einfluss hat. Zwei Schüsse mit der Jagdlaborierung 8×57 IS hatten nach zehn Schuss mit .32 H&R-Bleigeschossen noch die gleiche Treffpunktlage.

Erstaunlich war die Präzision aus dem nur 28 Millimeter langen Lauf des Lothar Walther-Fangschussgebers mit nur 21 Millimetern bei drei Schuss. Eine Vierer-Gruppe kam auf 29 Millimeter.

Unzählige Laborierungen zeugen von Popularität

Seit 100 Jahren ist die .38 Spezial „die“ Revolverpatrone schlechthin, und unzählige Laborierungen zeugen von ihrer Popularität. Für Fangschüsse sind vor allem solche Ladungen interessant, deren Geschosse bei geringer Eindringtiefe einen möglichst hohen Energietransfer gewährleisten, was je nach Geschosstyp mehr oder weniger gut gelingt.

Seit dem damaligen Verbot von Hohlspitzgeschossen kam als jagdlich geeignete Patrone eigentlich nur die RWS-Fangschusslaborierung in Frage, die mit einer E0 von 385 Joule ausreichend stark war. Teilmantel-Flachkopf- und Teilmantel-Hohlspitz-Ladungen haben mittlerweile die meisten Hersteller im Programm. Je nach Laborierung ist eine Energie von 270 bis über 500 Joule verfügbar.

Für Testzwecke standen im Kaliber .38 Spezial eine Handladung mit 8,1 g-Hornady-Teilmantel und kleiner, 2,5 Millimeter tiefer Hohlspitze und die starke Federal +P-Teilmantel-Ladung mit großer, sechs Millimeter tiefer Hohlspitze zur Verfügung. Beide pilzten mit 16 Millimeter fast auf doppelte Kaliberstärke auf.

Verwendung in einer Kurzwaffe

9 mm Luger oder 9 mm Parabellum, wie sie vormals hieß, ist wie die vorgenannte Patrone ebenfalls über hundert Jahre alt. Wird sie jagdlich eingesetzt, kommen nur Teilmantel- beziehungsweise Hohlspitzgeschosse in Frage. Der Gasdruck mit 2 350 bar erlaubt die Verwendung in Fangschussgebern für Flinten nicht. Die .357 Magnum scheidet mit ihren 3 000 bar deshalb ebenfalls aus. In beiden Fällen bleibt dem Jäger nur deren Verwendung in einer Kurzwaffe.

Aus einer Brünner CZ 75 auf fünf Meter in Kitt geschossen, pilzte die Federal-„Expanding“ gleichmäßiger auf als die Hohlspitz-Laborierung trotz der Sollbruchstellen. In Holz geschossen, verformte sich letztere überraschender Weise nicht. Mit dieser Waffe wurden schon einige Fangschüsse abgegeben, wobei stets weicher Waldboden die durchschlagenden Geschosse auffing. Lediglich bei einem starken Stück Rotwild blieb ein 8 g-Kegelstumpf-Geschoss im Atlas stecken. Harter Untergrund, zum Beispiel Beton oder Asphalt, erfordert dann größte Sorgfalt beim Schießen. Gegen einen Ziegelstein geschossen, prallte das Geschoss ab und wurde etwa 35 Meter weiter per Zufall auf elf Millimeter aufgestaucht gefunden.

Jagdlich gut einzusetzende Kurzwaffe – die SIG-Sauer-Pistolen

Die .357 SIG ist eine flaschenförmige Pistolenpatrone, die für jagdliche Zwecke besonders gut geeignet ist. Es stehen neben Vollmantel auch Teilmantel- und Hohlspitzgeschosse zur Verfügung. Die E0 liegt deutlich über der 9 mm Luger, erreicht aber nicht ganz die nachstehende Revolverpatrone .357 Magnum, wenngleich die Federal „Hydra-Shok“-Laborierung auf 690 Joule kommt. Als jagdlich gut einzusetzende Kurzwaffen bieten sich in dieser Laborierung vor allem die SIG-Sauer-Pistolen an. Zum Zeitpunkt des Tests waren leider nur Vollmantel-Geschosse im Handel, und daher unterblieben entsprechende Beschussversuche.

Vorteilhafte Fangschussalternative

Die .357 Magnum ist zweifelsohne „die“ jagdliche Fangschusspatrone schlechthin. Ab einer Lauflänge von vier Inch setzt sie ihr Potential bereits gut um. Teilmantel-Laborierungen liefern eine Energie zwischen 700 und 1 000 Joule. Hohlspitzladungen liegen etwa im selben Bereich. „Harte“ Geschosse durchschlagen glatt ein Reh und sogar schwaches Rot- oder Schwarzwild. Daher sind weiche und zur Aufpilzung neigende Geschosse unbedingt vorzuziehen. Eine zwölf Zentimeter dicke Kitt-Schicht wurde glatt durchschlagen, die Geschosse konnten nicht geborgen werden.

Zu kurze Läufe nutzen die Leistung dieses Kalibers nicht aus, erzeugen einen starken Mündungsknall und Rückschlag, der sich bei kleinen Waffengriffen umso mehr bemerkbar macht. Diese Effekte lassen sich mit Patronen des Kalibers .38 Spezial – die aus Waffen in .357 verschossen werden können – deutlich mindern.

Fangschussgeber bietet Lothar Walther zwar auch in .357 Magnum an, diese müssen jedoch mit der Waffe (wie ein Einstecklauf) beschossen werden. Die Beschusskosten liegen bei etwa 30 Euro.

Wünschenswert wäre die Verwendung dieser Revolverpatrone mittels Reduzierhülsen in 9,3-Büchsenläufen. Bei dem nicht gerade niedrigen Patronenpreis und der enorm hohen E0 der 9,3-Kaliber sicher eine vorteilhafte Fangschussalternative.

Als Kurzwaffen kommen fast durchweg Revolver mit Lauflängen von vier bis fünf Inch in Betracht. Sechszöller sind schon etwas voluminös, wer aber weder Gewicht noch Größe scheut, ist für Fangschüsse bestens gerüstet, von Befürwortern noch stärkerer Kaliber wie der .44 Magnum ganz abgesehen.

Bleibt festzuhalten, dass die Umstände ganz wesentlich die Wahl von Waffe und Munition bestimmen. Ist das Wild so verletzt, dass Fluchtversuche unterbleiben, kann der Jäger näher herangehen, als wenn die Gefahr des Aufmüdens besteht. Wegen des Bodenbewuchses lässt sich beides oftmals erst auf kürzeste Entfernung feststellen. Wie beim „Fernschuss“ ist der Kammerschuss, soweit er sich anbringen lässt, dem Schuss auf schwerer zu treffende Körperbereiche wie dem Träger eines Rehes, unbedingt vorzuziehen. Tut sich krankes Wild in Schussweite frei sichtbar nieder, ist schnellstmöglich mit der Büchse zu schießen. Der Tierschutz hat hier eindeutig Priorität, und die Entwertung von Wildbret muss dann in Kauf genommen werden.

Verletztes Wild liegt bei Verkehrsunfällen häufig direkt auf der Straße, so dass bei Durchschüssen immer mit gefährlichen Abprallern zu rechnen ist. Wenn sich zum Beispiel die Polizei weigert, mit ihrer Dienstwaffe einzugreifen, hat das bei Vollmantel-Patronen durchaus seine Berechtigung. Auch wenn der Jäger Kurzwaffenpatronen mit Hohlspitz- oder Teilmantel-Geschossen mittels Fangschussgeber oder Reduzierhülse verschießt, ist größte Vorsicht geboten. Nicht zuletzt deshalb, weil jagdlich „unbedarfte“ Dritte als Zuschauer zugegen sind.

Schießfertigkeiten ausloten

Wer sich für den „Ernstfall“ des Kurzwaffeneinsatzes vorbereiten will, dem sei dringend angeraten, seine Schießfertigkeiten auszuloten. Schon auf fünf Meter einen Bierdeckel mit einem starken Kurzwaffen-Kaliber zuverlässig zu treffen, ist schwieriger als angenommen wird. Die Kurzwaffendisziplinen des DJV auf 25 Meter mit der Match-KK-Pistole sind da sicher nicht das adäquate Training. Welche Waffe auch immer geführt wird, sie muss sicher getragen werden und doch schnell zugriffsbereit sein.

Die Wiederzulassung von Hohlspitzgeschossen bietet dem Jäger eine für diese Zwecke besonders geeignete Munition. Ob aus „FSG“, Reduzierhülsen oder Kurzwaffen verschossen, ist die ausreichende Wirkung bei verringertem Gefährdungspotential gewährleistet. Leider wurde dieser Komplex bei der Neufassung des Waffengesetzes anscheinend übersehen. Dies bedeutet für den Jäger, dass der Munitionserwerb nicht eindeutig geregelt ist. Ob die Lösung von Ordnungsämtern, den Munitionserwerb von Kurzwaffenpatronen gegen Gebühr zu genehmigen, rechtskonform ist, bleibt abzuwarten. Die Stadt Fürth hat dem Autor zumindest das Kaliber .32 H&R Magnum auf diesem Weg genehmigt.

 

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