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10 A ls ich in Niederbayern meinen ersten Rehbock erlegte, wusste ich zwar alles, was man für einen deutschen Jagdschein lernen muss. Ich wusste auch, dass es von großer Bedeutung war, ob ein Rehbock fünf oder schon sechs Jahre zählte, klar war mir allerdings nicht, wie man den Fünfund den Sechsjährigen auseinanderhalten sollte. Da es nur noch wenige alte Böcke gibt, ist der Unterschied heute eher akademischer Natur. Die Abschusszahlen werden immer höher geschraubt, es wird immer mehr in die sogenannte Mittelklasse eingegrifen und man spricht nicht mehr von „Alter“, sondern von „Reife“. Mit drei Jahren werden die Böcke zu Vierjährigen befördert und die Vierjährigen werden als fünf jährig eingeschätzt. War es früher eine Sünde, den Abschuss zu überschreiten, wird heute der Jäger, der zu wenig Rehe schießt, als Umweltsünder abgestempelt. Auf lange Sicht kann das nicht richtig sein. Solange deswegen aber immer mehr Rehleisch in die Küchen gelangt, ist es umso wichtiger, das richtig zubereiten zu können. Jagdzeit und Alter Nach alter Tradition soll ein Rehbock „rot“ sein, bevor er erlegt wird, weil er erst dann das gehaltvolle frische Gras der ersten Mahd genießen und sich von den Entbehrungen des Winters erholen konnte. Deswegen ist das Rehwild ab der Zeit des Verfärbens durchgehend bis Ende der Schusszeit am besten für die Küche geeignet. Eine Ausnahme bildet die Blattzeit, die allerdings die interessanteste Jagd bietet. Abge bruntete Böcke sind aber auch abgefeistet. Für die Küche sind sie wieder wertvoller, wenn sie sich von den Anstrengungen der Brunt erholt haben. DAS REHWILD Rehleisch ist so zart, dass das Alter nicht so eine wichtige Rolle spielt wie bei anderem Schalenwild. Ein Kitz oder ein Schmalreh wird eine kürzere Garzeit benötigen als ein sechsjähriger Bock, der Rücken aber wird auch bei einem älteren Stück immer mürbe. Früher wurde Rehleisch gespickt, damit es beim Braten nicht austrocknet, aber das ist überlüssig, wenn das Wildbret richtig versorgt wurde, abgehangen ist und dann auch richtig gebraten wird. Außerdem kann der Geschmack von Speck viel zu dominant werden. Auskühlen und Ausschweißen Es ist nicht nur wichtig, ein Stück sofort aufzubrechen, sondern auch, es gut auskühlen und ausschweißen zu lassen. Man darf auf keinen Fall vergessen, an den Innenseiten der Keulen die Brandadern in der Nähe des Schlosses aufzuschärfen! Bei heißem Wetter können sogar zerwirkte, in einer Wanne aufeinanderliegende Wildbretstücke anbrüchig werden. Auch ist das Wildbret von Stücken, die bei schlechtem Licht nicht gefunden wurden und über Nacht unaufgebrochen im Revier geblieben sind, minderwertig. Nach den geltenden Bestimmungen darf es ohnehin nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Selbst wenn solches Wildbret nicht vollständig ungenießbar ist, beeinträchtigen die Gase, die sich im Wildkörper bilden, den Wert des Fleisches ganz erheblich. Einige abenteuerliche Rezepte sollen verdor benes Wild angeblich retten können – Aufgüsse aus Salbeitee und Kalilösung zum Beispiel. Signalisiert die Nase, dass die Reife des Wildbrets bereits deutlich überschritten ist, muss einfach auf den Braten verzichtet werden. | |
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