Das umstrittene Projekt „Biodiversität und Schalenwildmanagement“, kurz „BioWild“, hat Anfang Juni bei einer Exkursion in Geistigen (Baden-Württemberg) eine erste Zwischenbilanz gezogen.
WILD UND HUND sprach mit einem der Jagdpächter in einem der fünf Pilotregionen über die dortige Jagd und ihre Sicht des Projektes. Peter Geiger ist einer der beiden Pächter, die im Stadtwald Tuttlingen vom BioWild-Projekt betroffen sind.
Peter Geiger ist einer der beiden Pächter, die im Stadtwald Tuttlingen vom BioWild-Projekt betroffen sind.
Foto: Peter Geiger
WuH: Herr Geiger, seit wann sind sie Pächter im Revier Großer Wald West?
Peter Geiger: Ich habe das Revier seit 25 Jahren. Damals waren nach den großen Windwürfen viele Sturmflächen im Revier. Heute sind diese Freiflächen geschlossen und der aufkommende Wald wird regelmäßig durchforstet.
WuH: Wie hat sich die Jagd auf Rehwild in ihrem Revier entwickelt?
Peter Geiger: Wir machen mit dem Förster immer gemeinsame Waldbegänge. Unser Abschuss-Soll hat sich von 20 Stück auf 25 Stück pro 305 ha Waldfläche entwickelt und ist nun seit Jahren stabil. Diesen Abschuss haben wir auch immer gut erfüllt, mal ein paar Stücke weniger, mal wieder mehr. Die forstlichen Gutachten stufen den Verbiss gleichbleibend ein und die Abschussforderungen sind in den vergangenen Jahren auch nicht nach oben gegangen. Trotzdem ist der zuständige Förster nie zufrieden. Dabei brauchen wir etwa 17-18 Ansitze pro Abschuss. Der Wald ist so dicht, dass wir kaum Schussschneisen haben.
WuH: Wurden sie in die Umsetzung des BioWild Projektes mit einbezogen?
Peter Geiger: Eigentlich wussten wir nicht genau, was es bedeutet, als uns gesagt wurde, dass wir jetzt Projektgebiet sind. So genau wussten wir auch nicht, was bei BioWild eigentlich gemacht wird, denn geredet hat keiner mit uns darüber. Auch bei der Umsetzung wurden wir nicht weiter einbezogen und dass wir als Revier mit „Habitat unangepassten Wildbeständen“ eingestuft wurden, habe ich bei der Exkursion zum ersten Mal gehört.
WuH: Wie empfanden sie die Kommunikation im Projekt und bei der Halbzeitveranstaltung?
Peter Geiger: Ich habe von meinem zuständigen Förster ein Schreiben enthalten: Ihr Revier ist zur Präsentation ausgelost worden und mein Erscheinen wäre angebracht. Ich fand, wir sollten da wohl an den Pranger gestellt werden. Dabei ist sein Revier, das er bejagt nur 200 m vom Exkursionspunkt auf unserer Fläche entfernt gewesen. Da hätte man gesehen, dass wir uns jagdlich nichts vorzuwerfen haben. Nach der Präsentation war ich völlig frustriert.
WuH: Was würden sie sich für den weiteren Verlauf des Projektes wünschen?
Peter Geiger: Ich habe als Polizist in meiner beruflichen Laufbahn ein Leben lang Verantwortung getragen. Ich halte mich an Absprachen und Zielsetzungen und versuche auch in meinem Revier verantwortungsvoll zu jagen. Aber ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit, genauso wie die der Kollegen, die Nachbarreviere pachten, nicht gewürdigt wird. Niemals ist man mit unserer Arbeit zufrieden. Und dann kommt ein Projekt, wo wir auch noch öffentlich in der Presseerklärung als verantwortungslose Jäger hingestellt werden. Wenn dieses Projekt wirklich das Gespräch zwischen Jägern und Förstern über Wild und Jagd fördern will, dann sollten die endlich damit anfangen und auch mit Respekt und auf Augenhöhe mit uns reden.
Dr. Christine Miller stellte die Fragen für WuH.
Foto: Tobias Thimm
Noch bis 2022 sollen in den Projektregionen auf 25 000 ha mit Hilfe von 248 Weisergattern und ebenso vielen eingezäunten Vergleichsflächen ein Vegetationsmonitoring stattfinden. Dabei ermitteln Wissenschaftler aus Göttingen, München und Dresden nicht nur den Einfluss von Wildverbisss, sondern berücksichtigen auch Standortfaktoren wie Klima und Nährstoffversorgung. Aus dem Projekt, das vom Bundesamt für Naturschutz mit 2,5 Millionen Euro gefördert wird, sollen sich für Waldbesitzer Hinweise für bessere Jagdstrategien sowie bessere Bewertungen der Wald-Wild-Situation ergeben. Lesen Sie einen ausführliche Analyse zu dem Projekt und dessen Schwachstellen in WuH 15/2019.