Die bevorstehende Reform des Bundesjagdgesetzes hat Ängste ausgelöst, dass „Wald vor Wild“ Gesetz wird. WILD UND HUND hat mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Uwe Feiler (CDU) über die Ziele der Novelle gesprochen und gefragt, was das Bundeslandwirtschaftsministerium vorhat.
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WuH: Die Reform des Bundesjagdgesetzes ist bereits in der vergangenen Legislaturperiode in der Schublade verschwunden. Warum jetzt und was ist an der Reform so schwierig?
Uwe Feiler: Zunächst geht es um drei Dinge, die wir schon seit Längerem regeln wollen: Das ist die Bleiminimierung in Büchsenmunition, die Festschreibung eines Schießübungsnachweises und eine Vereinheitlichung der Jäger- und Falknerprüfung. In diesen Punkten besteht weitgehend Einigkeit. Das Thema Wald und Wild kam im vergangenen Jahr durch den Waldgipfel hinzu. Hier gibt es noch Abstimmungsbedarf. Das bekommen wir aber nur hin, wenn wir die Waldbesitzer und die Jäger mitnehmen. Für uns gilt dabei ganz klar die Maxime „Wald und Wild“ und nicht „Wald ohne Wild“.
WuH: Frau Klöckner hatte auf dem Waldgipfel angekündigt, dass Waldstrategie und Bundesjagdgesetz zwei Seiten derselben Medaille sind. Was schwebt Ihnen konkret vor?
Uwe Feiler: Bei der Entwicklung der Waldstrategie und des Jagdgesetzes gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede, sie sind Gegenstand zweier getrennter Verfahren. Trotzdem muss natürlich auch das Bundesjagdgesetz auf den dringend notwendigen Umbau unserer Wälder hin zu mehr Klimastabilität reagieren. Uns schwebt vor, mehr Verantwortung an die Akteure vor Ort zu geben.
WuH: Das heißt?
Uwe Feiler: Grundeigentümer und Jagdpächter sollen sich vor Ort über Maßnahmen und Ziel-Abschusspläne einigen. Das funktioniert in den allermeisten Teilen unseres Landes bereits recht gut. Es gibt aber auch einige Regionen, wo es hakt. Denken Sie zum Beispiel an Regionen, wo durch Sturm, Dürre und Borkenkäfer geschädigter Wald mit öffentlichen Mitteln wiederbewaldet werden soll. In solchen Fällen mag dann staatliches Eingreifen in zwei Punkten notwendig sein: Erstens gibt es behördlich festgelegte Mindestabschusspläne, wenn die Beteiligten vor Ort sich nicht bereits hinreichend auf einen Mindestabschuss verständigt und diesen auch umgesetzt haben. Grundlage für deren Höhe soll zweitens ein Vegetationsgutachten sein.
WuH: Warum braucht es den Mindestabschussplan oder gar keinen Abschussplan für Rehwild mehr?
Uwe Feiler: Das ist schon etwas wie ein Paradigmenwechsel. Die bisherige Abschussplanidee war gedacht, um die Jäger in der Abschusshöhe zu begrenzen. Was der Gesetzgeber sich damals nicht gefragt hat, weil es kaum vorstellbar war: Was machen wir, wenn ein Jagdpächter seinen Abschuss kontinuierlich unterschreitet? Ein Sanktionsmechanismus war zu der Zeit, als diese Regelung getroffen wurde, nicht vorstellbar und wurde deshalb auch nicht angewandt. Mit dem Mindestabschuss bekommen wir ein Instrumentarium, diese Pflicht dort einzufordern, wo die Abschussvereinbarungen zwischen Verpächtern und Pächtern nicht funktionieren.
„Für uns gilt dabei ganz klar die Maxime Wald und Wild‘ und nicht ‘Wald ohne Wild‘.“
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WuH: Ein bundeseinheitliches Vegetationsgutachten gibt es nicht. Wird das Ländersache bleiben? Welches würden Sie dann vorziehen?
Uwe Feiler: Laut Bundeswaldinventur haben wir auf einem Drittel der Waldfläche in Deutschland Probleme mit dem Verbiss. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Derzeit geben wir für 250 000 Hektar Kalamitätsflächen 800 Millionen. Euro Fördergelder in vier Jahren aus. Auf diesen Flächen müssen wir sicherstellen, dass der Wald hochkommt. Das hat auch etwas mit Evaluation von Steuermitteln zu tun. Es gibt natürlich auch Waldbesitzer, die für elf Millionen Hektar Waldfläche, also den gesamten deutschen Wald, Vegetationsgutachten fordern. Aus unserer Sicht bedarf es das nicht, sondern nur dort, wo es keine Einigkeit über den Zustand der Waldvegetation gibt. Es kann aber auch nicht sein, dass ein Revier, auch bei Einigkeit von Grundbesitzern und Jagdpächtern, einen unplausibel niedrigeren Abschuss hat als alle Reviere drum herum. Auch da kann ein Gutachten helfen, der Gesamtsituation Rechnung zu tragen. Aber eben nicht flächendeckend.
WuH: Also bleibt das Ländersache?
Uwe Feiler: Wir werden versuchen, mit den Ländern eine einheitliche Linie in Sachen Vegetationsgutachten zu finden.
WuH: Kritiker, wie die Gesellschaft für Wildtier und Jagdforschung befürchten, dass eine einseitige „Wald vor Wild“-Maxime im Bundesjagdgesetz festgeschrieben werden soll? Wie wollen sie die Interessen der Waldwirtschaft und die Ansprüche von Wildtieren ausgleichen?
Uwe Feiler: Es heißt nicht „Wald vor Wild“ sondern „Wald und Wild“. Wir müssen die Jägerschaft, die für das Wild eintritt, unbedingt mitnehmen.
„Laut Bundeswaldinventur haben wir auf einem Drittel der Fläche in Deutschland Probleme mit dem Verbiss.“
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WuH: Der Deutsche Forstwirtschaftsrat hat einen umfangreichen Forderungskatalog erstellt, um das – wie er sagt – Jagdrecht gegenüber dem Jagdausübungsrecht zu stärken. Ein Punkt ist darin die Aufhebung der Mindestpachtdauer von 9 Jahren. Ist das für Sie diskutabel?
Uwe Feiler: Diese Forderung gibt es in der Tat. Ich glaube, dass für Pächter und Verpächter Rechtssicherheit über mehrere Jahre wichtig ist. Ich würde den Zeitraum nicht zu kurz bemessen und halte eine grundsätzliche Kürzung für nicht erforderlich. Ich meine aber, dass man im Rahmen der Vertragsfreiheit Sonderkündigungsklauseln zwischen den Parteien vereinbaren kann, die zum Zug kommen, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert.
WuH: Eine weitere wichtige Forderung lautet, dass Wildschäden im Wald vollständig zu ersetzen seien. Haben Sie vor, dies neu festzuschreiben?
Uwe Feiler: Das Bundesjagdgesetz enthält bereits Regelungen zum Wildschadenersatz im Feld und Wald. Was es im Wald schwierig macht, ist, dass man einen jährlichen Schaden sehr schwer quantifizieren kann. Die Berechnung des Schadens ist wegen der langen Umtriebszeiten der Bäume sehr kompliziert. Deshalb haben viele Pachtverträge heute Waldschadenspauschalen. Es gibt also heute bereits Wildschadenersatzformen für den Wald. Dazu braucht es keine Neuregelung im BJagdG.
WuH: Wie würden Sie der Befürchtung der Jägerschaft entgegentreten, die befürchtet, dass das Jagdausübungsrecht gemindert wird und durch den zusätzlichen Druck die Freude an der Jagd verloren geht?
Uwe Feiler: Ich glaube, diese Befürchtung ist unbegründet. Das Wissen der Akteure vor Ort beispielsweise um Schutzgebiete oder besonders gefährdete Flächen ist wichtig und unersetzbar. Auch die Jäger haben ein elementares Interesse daran, dass Wälder als Lebensräume des Wildes erhalten bleiben und für den Klimawandel resilient gemacht werden. Ich meine, dass der angestrebte Dialog und die größere Eigenverantwortung vor Ort die Position und die Eigenständigkeit der Jägerschaft stärken.
„Wir müssen die Jägerschaft, die für das Wild eintritt, unbedingt mitnehmen.“
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WuH. Die Frage der Jagd in Schutzgebieten hat bei der letzten Novelle in der Ressortabstimmung zwischen Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium zu Unmut geführt. Wird sich hier etwas ändern?
Uwe Feiler: Der Paragraf 20 (Örtliche Verbote), der in der letzten Novelle einer der Stolpersteine war, wird nicht geändert.
WuH: Welchen Fahrplan gibt es?
Uwe Feiler: Ein Ressortentwurf soll bis Ende Juni/Anfang Juli stehen. Wir gehen danach in die Bund-Länderanhörung. Wenn es geht, wollen wird das Bundesjagdgesetz noch in diesem Jahr vom Tisch haben. Auf jeden Fall aber ist im Koalitionsvertrag vereinbart, das neue Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Die Fragen für WILD UND HUND stellte Heiko Hornung.