293 JVG – Jagdscheinerteilung Prüfung nicht gleich Prüfung
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Die erste Erteilung eines Jagdscheines ist davon abhängig, dass der Bewerber im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Jägerprüfung bestanden hat, die aus einen schriftlichen und einem mündlich praktischen Teil und einer Schießprüfung bestehen soll.“ § 15 Abs. 5 Satz 1 BJG „Bei der Erteilung von Ausländerjagdscheinen können Ausnahmen von Absatz 5 Satz 1 gemacht werden.“ § 15 Abs. 6 BJG
II. Der Sachverhalt
Ein deutscher Staatsangehöriger lebte viele Jahre in Österreich. Dort legte er die Jägerprüfung ab, erwarb die Tiroler Jagdkarte und pachtete eine Eigenjagd. Im Jahre 2001 zog er nach Deutschland zurück und beantragte einen deutschen Jahresjagdschein. Zur Begründung machte er geltend, dass die österreichische Jägerprüfung in Deutschland als gleichwertig anerkannt werde, weshalb österreichische Staatsangehörige einen Jahresjagdschein für Ausländer erhielten. Das müsse auch für deutsche Staatsangehörige gelten – gleiches Recht für alle! Die Untere Jagdbehörde lehnte den Antrag ab. Sie verwies darauf, dass deutsche Staatsangehörige nach § 15 Abs. 5 BJG ausnahmslos die deutsche Jägerprüfung abgelegt haben müssten, da in § 15 Abs. 6 BJG nur für Ausländer Ausnahmen vorgesehen seien. Der Jäger ging vor Gericht. Er beantragte, die Stadt L. zu verpflichten, ihm einen deutschen Jahresjagdschein zu erteilen.
III. Das Urteil
Das Gericht wies die Klage des Jägers ab. Nach § 15 Abs. 5 BJG erhielten deutsche Staatsangehörige nur dann einen Jahresjagdschein, wenn sie im Inland die deutsche Jägerprüfung bestanden hätten. Von dieser zwingenden Voraussetzung lasse das Gesetz keine Ausnahmen zu. Lediglich für Ausländer könne hiervon unter bestimmten Gegebenheiten abgesehen werden. Diese Erleichterung für Ausländer stelle keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. Denn ein Ausländer könne die deutsche Jägerprüfung in der Regel nur unter erschwerten Bedingungen ablegen, weil er die deutsche Sprache nicht in ausreichendem Maße beherrsche und seinen ständigen Wohnsitz oft im Ausland habe. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, ausländische Jägerprüfungen den inländischen vollständig gleichzustellen. Die Gleichwertigkeit einer ausländischen Prüfung bedeute noch keine Gleichstellung mit der deutschen, ansonsten hätte es der Ausnahmeregelung in § 15 Abs. 6 BJG gar nicht bedurft. Eine solche Gleichstellung könne im Bereich des nationalen Sicherheitsrechts, zu dem auch das Jagdrecht gehöre, nicht beansprucht werden. Im Übrigen dürfte eine automatische Erteilung des Jagdscheines an Ausländer mit gleichwertiger Jägerprüfung, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland hätten und über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügten, rechtlich nicht haltbar sein. Denn in diesen Fällen fehlten die oben genannten Erschwernisse für eine Ausnahme, so dass es keinen Grund für eine Erleichterung gebe. Verwaltungsgericht Leipzig, Urteil vom 25.3 2004 – 5 K 1865/02 –
IV. Weiteres Urteil
Ein italienischer Staatsangehöriger, in Deutschland lebend, beantragte einen Jahresjagdschein für Ausländer. Zur Begründung machte er geltend, dass er im Besitz eines italienischen Jagdscheines sei und nun in Deutschland jagen wolle. Die Untere Jagdbehörde lehnte den Antrag ab. Nach § 15 Abs. 6 BJG könnten zwar für Ausländer Ausnahmen vom Bestehen der deutschen Jägerprüfung gemacht werden, jedoch nur für solche Personen, die in ihrem Herkunftsland eine gleichwertige Prüfung abgelegt hätten. Die italienische Prüfung sei jedoch qualitativ der deutschen nicht gleichwertig. Das Gericht wies die Klage des Italieners ab. Da der Italiener die deutsche Jägerprüfung nicht abgelegt habe, könne ihm nur im Ermessenswege nach § 15 Abs. 6 BJG ein Jagdschein erteilt werden. Wie dieses Ermessen auszuüben sei, werde in einem Erlass des zuständigen Ministeriums geregelt, damit die Unteren Jagdbehörden einheitliche und sachgerechte Entscheidungen träfen. Nach diesen Richtlinien sei in Baden-Württemberg die Erteilung eines Jahresjagdscheins an Ausländer nur zulässig, wenn der Ausländer in seinem Heimatland eine gleichwertige Prüfung bestanden habe. Als gleichwertig werde z. B. die Prüfung in Österreich und Schweden anerkannt, nicht jedoch die in Italien. Einem Italiener mit italienischen Jagdschein könne daher nur ein Tagesjagdschein für Ausländer erteilt werden. Diese unterschiedliche Behandlung zwischen Ausländern verletze nicht den Gleichheitssatz, weil sie nicht auf der unterschiedlichen Staatsangehörigkeit beruhe, sondern auf der Gleichwertigkeit der ausländischen Jägerprüfung. Der Italiener ohne gleichwertige Jägerprüfung werde damit bezüglich der Erteilung eines Jahresjagdscheins so behandelt wie ein Deutscher ohne Jägerprüfung, während ein Schwede mit schwedischer Jägerprüfung einem Deutschen mit deutscher Jägerprüfung gleichgestellt werde, weil beide Prüfungen gleichwertig seien. Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg, Urteil vom 14. 1. 1999 – 5 S 1357/97 – V. Anmerkungen Nach § 15 Abs. 5 BJG ist die erste Erteilung eines Jagdscheins vom Bestehen der deutschen Jägerprüfung abhängig. Das gilt grundsätzlich für alle, für Deutsche und Ausländer, weil der Wortlaut nicht nach Deutschen und Ausländern unterscheidet. Grund hierfür ist der Nachweis ausreichender Kenntnisse in den im Gesetz genannten Prüfungsbereichen, weil der Jäger mit der Hege und der Regulierung des Schalenwildes wichtige Aufgaben zu Gunsten der Allgemeinheit erfüllt. Hierfür ist der Nachweis spezieller Fachkenntnisse notwendig, der durch das Bestehen der deutschen Jägerprüfung erbracht wird. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält § 15 Abs. 6 BJG. Danach können bei der Erteilung von Ausländerjagdscheinen Ausnahmen gemacht werden. Wie sich aus dem Wort „können“ ergibt, handelt es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Unteren Jagdbehörde. Das bedeutet nicht, dass die Untere Jagdbehörde nach freiem Belieben Jagdscheine an Ausländer erteilen kann. Denn die Ausübung dieses Ermessens wird durch Erlasse der zuständigen Landesminister strikt eingeschränkt, damit entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung einheitliche und sachgerechte Entscheidungen ergehen. Der Zweck der Ausnahmeregelung zugunsten von Ausländern besteht zum einen darin, ausländischen Personen, die in ihrem Heimatland leben und dort eine Jägerprüfung abgelegt haben oder bereits die Jagd ausüben, die Möglichkeit zu eröffnen, eine Jagdeinladung nach Deutschland wahrzunehmen. Diese Personen erhalten einen Tagesjagdschein für Ausländer, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 BJG gegeben sind, insbesondere eine ausreichende Haftpflichtversicherung besteht. Zum anderen sollen Ausländer vom Bestehen der deutschen Jägerprüfung dann befreit werden, wenn sie in ihrem Herkunftsland eine Jägerprüfung bestanden haben, die der deutschen qualitativ gleichwertig ist. Denn in diesem Falle ist es unverhältnismäßig, vom Ausländer auch das Bestehen der deutschen Jägerprüfung zu verlangen, weil er diese in der Regel nur unter erschwerten Bedingungen ablegen kann. Wegen der Gleichwertigkeit der Prüfung kann dieser Personenkreis auch einen Jahresjagdschein für Ausländer erhalten. Lediglich Ausländer mit deutscher Jägerprüfung erhalten einen deutschen Jahresjagdschein. Für Ausländer, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben und die deutsche Sprache ausreichend verstehen, gelten diese Erleichterungen bei strikter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben nicht. Bei ihnen besteht kein Grund für eine Besserstellung gegenüber Deutschen. Das hat das Verwaltungsgericht Leipzig im obigen Urteil deutlich zu erkennen gegeben. Vor allem Ausländer der zweiten Generation, die im Inland aufgewachsen sind, hier leben und eine deutsche Schule besucht haben, können sich daher nicht auf diese Vergünstigungen berufen. Sie sind Deutschen gleichgestellt. Welche ausländischen Jägerprüfungen als gleichwertig anerkannt werden, entscheiden die zuständigen Landesminister/ Landesministerien. Hier beginnt nun das Chaos. Denn die Beurteilung der ausländischen Prüfungen fallen länderweise sehr unterschiedlich aus, der daraufhin erteilte Jagdschein aber gilt im gesamten Bundesgebiet. Es genügt also, dass ein Bundesland die ausländische Jägerprüfung als gleichwertig anerkennt und einen Jagdschein erteilt, um anschließend in ganz Deutschland jagen zu können. Das großzügigste Bundesland wird damit zum Einfallstor für Ausländer, die in anderen Ländern keinen Jagdschein erhalten würden. Trotz dieser teilweisen Benachteiligung von Deutschen wäre es aber fatal, allein deswegen einen einheitlichen europäischen Jagdschein oder eine generelle gegenseitige Anerkennung der Jägerprüfungen zu fordern. Denn die Jagdwesen in Europa, insbesondere die Aufgaben und Ziele von Jagd und Hege, die Art zu jagen und zu hegen sowie die Prüfungsanforderungen sind viel zu unterschiedlich, um sie einander pauschal gleichzustellen. Wir Deutschen würden dadurch viel verlieren.
VI. Ergebnis
1. Deutsche erhalten nur dann einen Jagdschein, wenn sie die deutsche Jägerprüfung abgelegt haben. Ohne Ausnahme. 2. Ausländer, die die deutsche Jägerprüfung nicht abgelegt haben, können einen Jagdschein für Ausländer erhalten. 3. Haben sie eine ausländische Prüfung bestanden oder besitzen sie bereits einen ausländischen Jagdschein, kann ihnen ein Tagesjagdschein für Ausländer erteilt werden. 4. Haben sie eine gleichwertige ausländische Jägerprüfung abgelegt, können sie einen Jahresjagdschein für Ausländer erlangen. 5. Einen deutschen Jahresjagdschein erhalten sie, wenn sie die deutsche Jägerprüfung bestanden haben. 6. Auch bei Ausländern müssen stets die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Jagdscheins gegeben sein: Haftpflichtversicherung, Zuverlässigkeit, körperliche Eignung und Mindestalter.