300 JVG
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
1. „Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.“ § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG 2. „Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie … mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgerecht umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden …“ § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG
II. Der Sachverhalt
Ein 64-jähriger Jäger, seit 1962 im Besitz eines Jagdscheins, war seit 30 Jahren Pächter eines Eigenjagdbezirks. Im Sommer 2005 fuhr er zu einem See in seinem Revier. Sein Drilling lag blank auf dem Rücksitz, die Munition daneben. Seine beiden Hunde befanden sich hinter den Rücksitzen auf der Ladefläche. Am See hat er nach eigenen Angaben zweimal das Auto verlassen. Einmal sei er ausgestiegen und habe mit seinen Hunden gebadet. Während dieser Zeit habe er das Fahrzeug verschlossen gehabt und die Schlüssel in seiner Kleidung am Ufer verwahrt. Ein weiteres Mal sei er ausgestiegen, um ein Zelt zu bergen, das „wilde Camper“ am Ufer zurückgelassen hätten. Da sich das Zelt in Sichtweite des Pkws befunden habe, habe er dieses Mal sein Fahrzeug nicht verschlossen. Auf der anschließenden Rückfahrt habe er dann den Verlust der Waffe und Munition bemerkt und später der Waffenbehörde gemeldet. Die se widerrief daraufhin die Waffenbesitzkarte des Jägers und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Jagdschein wurde eingezogen. Der Jäger ging vor Gericht.
III. Der Gerichts
beschluss Vor Gericht hatte der Jäger keinen Erfolg. Der Widerruf der Waffenbesitzkarte und die Entziehung des Jagdscheins seien rechtlich nicht zweifelhaft, weil der Jäger seine Waffe und Munition im Auto nicht sorgfältig verwahrt habe und daher als unzuverlässig einzustufen sei. Nach § 36 Abs. 1 WaffG habe der Besitzer einer Waffe die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie an sich nehmen. Dieser Pflicht sei der Jäger nicht nachgekommen. Bereits das Zurücklassen der Waffe auf dem Rücksitz im Pkw während des Badens stelle einen groben Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht dar. Erschwerend komme hinzu, dass die Waffe dadurch sichtbar gewesen sei und sich die Munition daneben befunden habe. Die waffenrechtliche Sorgfaltspflicht verlange, dass die Munition auch während eines kurzfristigen Transports grundsätzlich getrennt von der Waffe mitzuführen und durch zusätzliche Maßnahmen zu sichern sei, zum Beispiel durch Einschließen im Handschuhfach. Bei einem Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwahrung habe die Behörde eine Prognose zu treffen über den künftigen Umgang des Betroffenen mit Waffen und Munition. Diese müsse auf einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen beruhen und zu dem Schluss führen, dass der Betroffene auch in Zukunft mit Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß umgehen werde. Hierzu könnten auch einmalige Verfehlungen ausreichen; diese müssten dann aber hinreichend schwer wiegen oder eine sorglose, allgemein nachlässige oder auf andere Weise verfehlte Einstellung zum Umgang mit Waffen und Munition offenbaren. Ein solch grober Verstoß sei hier gegeben, weil der Drilling und die Munition wiederholt sichtbar im Fahrzeug zurückgelassen worden seien. Zwar könne im Rahmen der Prognose-Entscheidung grundsätzlich auch berücksichtigt werden, ob sich der Betroffene – nicht zuletzt unter dem Druck des Verfahrens – besonders bemühen werde, sich künftig korrekt zu verhalten. Angesichts der Schwere der Verstöße könne dieser Gesichtspunkt im gegebenen Falle jedoch nicht zu einer positiven Prognose führen. Verwaltungsgericht Stade, Beschluss vom 31.1.2006 IV. Anmerkungen Bei Beurteilung der Unzuverlässigkeit wegen unkorrekten Umgangs mit Waffen oder Munition ist immer eine Prognose- Entscheidung zu treffen. Dabei sind alle Tatsachen zu berücksichtigen, die guten wie die schlechten, also die Person des Betroffenen, die Dauer seines Waffenbesitzes, sein bisheriger Umgang mit Waffen und Munition und die Schwere und Anzahl der jetzt zu beurteilenden Verstöße unter anderem. Ergibt diese Gesamtwürdigung, dass in Zukunft mit weiteren Verfehlungen im Umgang mit Waffen oder Munition zu rechnen ist, liegt Unzuverlässigkeit vor. Die Dauer der Unzuverlässigkeit ist, anders als bei einer strafrechtlichen Verurteilung, individuell unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzulegen, also je nach Anzahl und Schwere der Verfehlungen sowie der Persönlichkeit des Betroffenen, insbesondere seines Vorlebens. Da in diesen Fällen keine strafrechtliche Verurteilung vorliegt, sondern allenfalls eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist, ist die Dauer deutlich kürzer festzulegen als fünf Jahre, in der Regel ein bis zwei Jahre. Unzutreffend ist meines Erachtens die Ansicht des Gerichts, dass beim Transport der Waffe und Munition zum, vom und im Revier die Munition unter Verschluss im Fahrzeug mitzuführen sei. Nach § 13 Abs. 6 WaffG muss die Waffe auf dem Weg zur Jagd und zurück im Auto zwar nicht schussbereit, also vollständig entladen sein, sie darf aber zugriffsbereit sein. Dasselbe muss auch für die Munition gelten. Anders ist es bei einer kurzfristigen Verwahrung im Fahrzeug, während dieses verlassen wird – hier sind vorhandene zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen (Einschließen im Handschuhfach, Mitnehmen).
V. Ergebnis
1. Das Zurücklassen von Waffe und Munition im Fahrzeug ist derzeit grundsätzlich nur dann korrekt, wenn man in der Nähe ist und das Fahrzeug im Auge hat, so dass man einen fremden Zugriff jederzeit unterbinden kann. 2. Das Fahrzeug muss verschlossen, die Waffe entladen und unsichtbar sein, die Munition ist nach obiger Entscheidung im verschlossenen Handschuhfach aufzubewahren. 3. Am besten ist es, wenn man Waffe und Munition gar nicht erst im Fahrzeug zurücklässt. Man sollte daher nicht im See baden, wenn man diese Gegenstände mit sich führt