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302 JVG – Bekämpfung der Schweinepest

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302 JVG – Bekämpfung der Schweinepest Behörde kann Abschuss erzwingen

302 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
„Die zuständige Behörde kann für den gefährdeten Bezirk unter Berücksichtigung epidemiologischer Erkenntnisse 1. Maßnahmen in Bezug auf die Tötung von Wildschweinen einschließlich der Verpflichtung der Jagdausübungsberechtigten zur Mitwirkung und 2. die Reinigung von Personen und Fahrzeugen, die mit Wildschweinen in Berührung kommen können, anordnen.“ § 14a Abs. 8 Schweinepestverordnung.

II. Der Sachverhalt
J. ist Inhaber eines rund 1 000 Hektar großen Eigenjagdbezirks, der in einem schweinepestgefährdeten Bezirk in Nordrhein-Westfalen liegt. Bei den Drückjagden in seinem Revier wurde festgestellt, dass über zehn Prozent der erlegten Schwarzkittel von der Krankheit befallen waren. In den vergangenen sechs Jahren war die Schweinepest bereits dreimal in diesem Gebiet ausgebrochen. Zur Bekämpfung der Seuche und zur Verhinderung ihrer weiteren Verbreitung gab die zuständige Behörde dem Jagdausübungsberechtigten auf, in den Monaten April bis Juli 2007 monatlich jeweils zehn Stück Schwarzwild (Frischlinge und Überläufer) zu erlegen. Auf andere Weise verendete Stücke wurden auf diese Zahl angerechnet. Für jedes nicht erlegte Stück wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro angedroht. Die Maßnahme wurde für sofort vollziehbar erklärt, um die Population ohne Zeitverlust dem seuchenmäßig unbedenklichen Bestand von zwei Stück pro hundert Hektar Wald anzunähern. J. ging vor Gericht. Er machte geltend, dass ein solcher Abschuss weder notwendig noch durchführbar sei. Außerdem seien hierfür zusätzliche Kanzeln erforderlich, deren Errichtung ihm aus Kostengründen nicht zugemutet werden könne. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei unverhältnismäßig.

III. Die Gerichtsentscheidung
Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht wiesen seinen Antrag ab. Die zuständige Behörde könne einen Jagdausübungsberechtigten verpflichten, innerhalb eines gefährdeten Bezirks den Schwarzwildbestand auf ein seuchenverträgliches Maß zu reduzieren. Die damit verbundenen Anstrengungen und Kosten seien angesichts der drohenden Gefahren weder unverhältnismäßig noch unzumutbar. Das besondere öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Schweinepest und damit an der Erfüllung des angeordneten Abschusses überwiege das private Interesse des Jagdausübungsberechtigten, von diesen Maßnahmen und Kosten verschont zu bleiben. Denn infiziertes Schwarzwild bilde ein Reservoir für die klassische Schweinepest und trage wesentlich zur Verbreitung dieser hoch ansteckenden Seuche bei. Allein in den Monaten März bis Juni 2006 habe der Schaden in der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in den Kreisen B. und R. etwa 82 Millionen Euro betragen, verursacht durch infiziertes Wildbret von Schwarzwild. Bei den letzten zwei Drückjagden im Revier des Jagdausübungsberechtigten seien rund zwölf Prozent des erlegten Schwarzwildes Träger des Schweinepestvirus gewesen. Der betroffene Jagdbezirk habe derzeit einen geschätzten Schwarzwildbestand von etwa 210 bis 280 Stück, mindestens aber 90 bis 120 Stück. Hiervon ausgehend könnten zur Zeit 140 bis 210, beziehungsweise 60 bis 90 Frischlinge und Überläufer bejagt werden, so dass die Anordnung eines Abschusses von monatlich zehn Stück in vier Monaten weder unmöglich noch unzumutbar sei. Dem Jagdausübungsberechtigten stehe es frei, welche Jagdarten er hierzu wähle. Aufgrund seiner jagdlichen Erfahrung könne er die Pirschoder Ansitzjagd ausüben, Drückjagden durchführen, genehmigte Saufänge verwenden oder anderen Jägern Jagderlaubnisse erteilen. Soweit zur Erfüllung des Abschusses zusätzliche Ansitze und Kanzeln erforderlich seien, habe er die damit verbundenen Kosten zu tragen. Wer eine große Jagd habe, müsse auch höhere Aufwendungen für die Bewirtschaftung des Reviers und die Errichtung notwendiger jagdlicher Einrichtungen erbringen. Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 26.6.2007 – 13 B 703/07 -, bestätigend Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 23.4.2007 – 7 L 131/07 –

IV. Anmerkungen
Der Jagdausübungsberechtigte ist für „sein“ Wild verantwortlich. Er ist deshalb verpflichtet, es zu hegen, zu bejagen und im Rahmen des Jagdschutzes zu schützen. Dieser Schutz erstreckt sich nach §§ 23, 24 BJagdG ausdrücklich auch auf die Gefahren durch Wildseuchen. Schon aus der Hegepflicht und dem Jagdschutz könnte man also ableiten, dass der Jagdausübungsberechtigte ver pflichtet ist, die Schweinepest in seinem Revier zu bekämpfen, um eine weitere Ausbreitung im Wildbestand zu verhindern. Die Schweinepestverordnung erweitert den Schutz auf Haustiere und ermächtigt die Behörde, den Jagdausübungsberechtigten zum Erlegen von Schwarzwild in bestimmter Anzahl zu verpflichten. Bereits früher hatte dasselbe Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 10.6.1999 – 13 A 2005/98 – entschieden, dass Jagdausübungsberechtigte zur Mitwirkung an der Immunisierung des Fuchses gegen die Tollwut verpflichtet sind. Damit der auferlegte Abschuss auch tatsächlich und ohne Zeitverlust erfolgt, kann die Anordnung für sofort vollziehbar erklärt und ein angemessenes Zwangsgeld angedroht werden, das bei Nichterfüllung festgesetzt und eingezogen wird. Kommt der Betroffene auch dann der Anordnung nicht nach, so kann ein weiteres, jetzt erhöhtes Zwangsgeld ergehen, und so weiter. Klare Worte fand das Gericht auch zu der Frage, wer die für den Abschuss notwendigen zusätzlichen Kanzeln bezahlen muss. Da diese Anlagen zur Jagdausübung einschließlich der Abschusserfüllung erforderlich sind und dem Nutzungsrecht des Jagdausübungsberechtigten unterliegen, fallen diese Kosten ihm zur Last. Er hat die zur ordnungsgemäßen Hege und Bejagung notwendigen Anlagen auf seine Kosten zu erstellen, seien es Fütterungen oder Hochsitze. Angesichts der hohen Bestandsdichte, der zahlreichen infizierten Stücke und der in der Vergangenheit bereits wiederholt ausgebrochenen Seuche mit hohen Schäden mag sich jeder Leser seine eigenen Gedanken machen. Mir scheint, hier hat die Eigenverantwortung gründlich versagt!

V. Ergebnis
1. In einem schweinepestgefährdeten Bezirk kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Jagdausübungsberechtigte den Schwarzwildbestand durch Abschuss einer genau festgelegten Anzahl von Stücken zu reduzieren hat. 2. Die hierfür notwendigen Aufwendungen fallen ihm zur Last. 3. Zur Vermeidung von Zeitverlust sowie zur Durchsetzung des Abschusses kann die Behörde die sofortige Vollziehung anordnen und ein Zwangsgeld androhen, das bei Nichterfüllung festgesetzt wird.

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