326 JVG – Widerruf der Waffenbesitzkarte (WBK) droht, Jagdschein verlängern
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
1. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung führen müssen. § 45 Satz 1 WaffG Abweichend hiervon kann Falle eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Abs. 3 Satz 1 WaffG Eine Erlaubnis nach dem WaffG setzt voraus, dass der Antragsteller das 18. Lebensjahr vollendet hat, die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung besitzt, die erforderliche Sachkunde und ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Abs. 1 WaffG Bei Jägern, die Inhaber Jahresjagdscheins sind, erfolgt keine Prüfung des Bedürfnisses für den Erwerb Besitz von Langwaffen zwei Kurzwaffen, sofern Waffen und Munition dem Bundesjagdgesetz nicht verboten sind (Jagdwaffen und Jagdmunition). Abs. 2 WaffG
II. Der Sachverhalt
Jäger J. besaß eine Bockdoppelbüchse, die in seiner eingetragen war. Sein Jagdschein wurde zuletzt bis 31.3.98 verlängert. Im September 2006 wies die Waffenbehörde J. darauf hin, dass beabsichtigt sei, seine WBK wegen Wegfalls des Bedürfnisses zu widerrufen. J. erwiderte, dass seine noch nach dem alten Waffenrecht erteilte WBK nicht nach dem neuen Recht widerrufen werden könne. Gleichwohl widerrief das Landratsamt die WBK und forderte J. auf, seine Waffen einem Berechtigten zu übergeben oder unbrauchbar zu machen.
III. Das Urteil
Vor Gericht hatte J. keinen Erfolg. Seine Klage wurde kostenpflichtig abgewiesen, weil das im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (in Ländern, in denen das Widerspruchsverfahren abgeschafft wurde, im Zeitpunkt des Widerrufsbescheids) geltende Waffenrecht anzuwenden sei (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.5.07 – 6 C 24/06 -). Das ergebe sich aus § 58 des neuen WaffG, wonach alte Erlaubnisse fortgelten und damit unter das neue WaffG fallen würden, auch wenn der Widerrufsgrund bereits vor dem neuen WaffG eingetreten sei. Nach § 45 Abs. 2 des geltenden WaffG sei eine waffenrechtliche Erlaubnis (beispielsweise WBK) aufzuheben, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Fall sei hier gegeben, weil das Bedürfnis zum Waffenbesitz nach Ablauf des Jagdscheins wegen unterlassener Verlängerung entfallen sei. Damit fehle es an einer nach § 4 WaffG notwendigen Voraussetzung für den Waffenbesitz. Eine Ausnahme vom Widerruf der WBK nach § 45 Abs. 3 WaffG liege nicht vor. Das Bedürfnis sei weder nur vorrübergehend entfallen noch seien besondere Gründe geltend gemacht worden, die den Widerruf ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen ließen. Schließlich sei er auch nicht verwirkt, weil die Behörde dem Waffenbesitzer gegenüber nicht zu erkennen gegeben habe, dass sie von einem Widerruf absehen werde. Allein der längere Zeitablauf genüge nicht für eine Verwirkung. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 5.8.2008 – 11 K 4350/07
IV. Anmerkungen
1. Pflicht zum Widerruf Das Waffengesetz ist ein Sicherheitsgesetz, das die Allgemeinheit vor Gefahren schützen soll. Deshalb steht der Waffenbehörde beim Widerruf der WBK grundsätzlich kein Ermessen zu. Sie muss die Erlaubnis zum Waffenbesitz entziehen, wenn die Voraussetzungen nachträglich entfallen, beispielsweise beim Eintritt der Unzuverlässigkeit, der persönlichen Ungeeignetheit oder des Wegfalls des Bedürfnisses. Das Bedürfnis entfällt auch dann, wenn der Jagdschein nachträglich ent zogen wurde, weil dieser das Bedürfnis zum Erwerb und Besitz der Waffen begründet (OVG Sachsen, Beschluss vom 17.11.2009 – 3 B 312/07). Bei bloßem Zeitablauf entfällt das Bedürfnis nicht schon dann, wenn der Jäger seinen Jagdschein nicht vor dem 1. April, sondern erst im Laufe des Jagdjahres verlängern lässt, beispielsweise zur Zeit der Drückjagden. Vielmehr ist regelmäßig eine längere Zeitdauer erforderlich, die darauf schließen lässt, dass der Waffenbesitzer die Jagd nicht mehr ausüben werde. Von der Verpflichtung der Behörde, beim Wegfall des Bedürfnisses die WBK zu widerrufen, gibt es zwei wichtige Ausnahmen: Bei einem „vorübergehenden“ Wegfall des Bedürfnisses, wenn also mit einem Wiederaufleben des Bedürfnisses in absehbarer Zeit zu rechnen ist (beispielsweise bei einem befristeten Auslandsaufenthalt), „kann“ die Behörde von einem Widerruf absehen, also Ermessen ausüben. Ebenso ist es bei einem endgültigen Wegfall des Bedürfnisses, wenn „besondere Gründe“ den Widerruf im Einzelfall ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen lassen (zum Beispiel in Härtefällen). Ein solcher Härtefall kann beispielsweise bei einem Jäger vorliegen, der jahrzehntelang recht mäßig Waffen besaß, jetzt aber aus Altersgründen endgültig nicht mehr jagen kann, sofern von dem weiteren Waffenbesitz keine Gefahren drohen (Beispiel des Gesetzgebers in der Bundestagsdrucksache 14/7758, S. 79, zitiert bei Steindorf, Waffenrecht, 8. Auflage, § 45 Rand Nr. 12). Gleiches dürfte gelten, wenn ein alter Jäger – unter vorgenannter Voraussetzung – seine Waffen behalten will, um sie in absehbarer Zukunft seinem passionierten Sohn, Enkel oder sonstigen Verwandten überlassen oder vererben zu können, oder wenn es sich um alten, wertvollen Familien besitz handelt. Liegt ein vorübergehender Wegfall des Bedürfnisses vor, oder sind besondere Gründe gegeben, so ist die Tür zu einer Ermessensentscheidung eröffnet. Das bedeutet, dass die Behörde im Einzelfall prüfen muss, ob nicht mildere Mittel als der Widerruf der WBK und die Abgabe der Waffen ausreichen, um dem Gesetzeszweck zu entsprechen. So kann es in Grenzfällen beispielsweise genügen, an Stelle des einschneidenden Entzugs dem Waffenbesitzer seine Waffen zu belassen und ihm die Auflage zu machen, sie entsprechend § 20 Abs. 3 WaffG wie im Erbfalle mit einem Blockiersystem zu versehen, um einen Missbrauch auszuschließen. Diese Lösung wäre ein ausgewogener Mittelweg zwischen „alles oder nichts“, zwischen behalten oder abgeben, der sowohl den Eigentumsschutz als auch das öffentliche Sicherheitsbedürfnis berücksichtigt. Dem dürfte auch der Zweck des Waffengesetzes, Gefahren von der Allgemeinheit abzuwenden, nicht entgegenstehen, weil das Waffengesetz selbst eine solche Sicherung bei Personen als ausreichend ansieht, die kein Bedürfnis haben und zudem noch sachunkundig sind (Erben). Erst recht dürfte das in den Fällen gelten, in denen die Waffen einem künftigen Berechtigten übergeben werden sollen, weil dieser sich dann keine entsprechenden Neuwaffen anschaffen würde, die Zahl der Waffen also praktisch unverändert bliebe. 2. Erlöschen des Pachtvertrages Die rechtzeitige Verlängerung des Jagdscheins ist ferner erforderlich, um ein Erlöschen des Pachtvertrages zu verhindern. Denn nach § 13 Satz 2 BJagdG erlischt der Jagdpachtvertrag, wenn die Gültigkeitsdauer des Jagdscheins abgelaufen ist und der Pächter die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines nicht fristgerecht erfüllt. Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass der Jäger den Antrag auf Verlängerung seines Jagdscheins so rechtzeitig stellt, dass sein Jagdschein ab dem 1. April weiter gilt. Die Frage, ob diese schwerwiegende Folge schon bei wenigen oder gar nur einem jagdscheinlosen Tag eintritt, wie einige Jagdjuristen meinen, oder ob die Jagdbehörde dem Pächter erst eine Frist zur Beantragung eines neuen Jagdscheins stellen muss, nach deren ergebnislosen Ablauf der Pachtvertrag erlischt (so in den meisten Landesjagdgesetzen und die ganz überwiegende Meinung der Kommentare zum Bundesjagdgesetz), soll hier nicht weiter erörtert werden. Auf solches Glatteis sollte man sich als Pächter nicht begeben.
V. Ergebnis
1. Wird der Jagdschein über eine längere Dauer nicht verlängert, entfällt das Bedürfnis zum Waffenbesitz. Die Behörde ist verpflichtet, die WBK zu widerrufen und anzuordnen, dass die Waffen und Munition entweder einem Berechtigten überlassen oder unbrauchbar gemacht werden. 2. Wird der Jagdschein aus sachlichen Gründen nur vorübergehend nicht verlängert, kann die Behörde von einem Widerruf absehen (Ermessen). Ebenso ist es beim Vorliegen besonderer Gründe, die den Widerruf ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen lassen (Härtefälle). 3. Hat ein Pächter seinen Jagdschein nicht rechtzeitig verlängert und auch die ihm von der Jagdbehörde gesetzte Nachfrist versäumt, erlischt sein Pachtvertrag. 4. Wer sich Waffen und Revier bewahren will, sollte seinen Jahresjagdschein rechtzeitig verlängern lassen.