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335 JVG – Alles in den Tresor!

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 335 JVG – Waffenkontrolle, Alles in den Tresor!

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Wer erlaubnispflichtige Schusswaffen, Munition oder verbotene Waffen besitzt oder die Erteilung einer Erlaubnis zum Besitz beantragt hat, hat der zuständigen Behörde die zur sicheren Aufbewahrung getroffenen oder vorgesehenen Maßnahmen nachzuweisen. Die Besitzer […] haben außerdem der Behörde zur Überprüfung der Aufbewahrungspflichten Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit betreten werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) wird insoweit eingeschränkt.“ § 36 Waffengesetzt (WaffG). Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung führen müssen.“ § 45 WaffG. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen Annahme rechtfertigen, sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.“ § 5 Nr. 2 b WaffG.

II. Der Sachverhalt
Ein 83-jähriger Waidmann eines Nachmittags allein zu Hause, als es plötzlich an der Haustür klingelte. Vor ihm standen drei fremde Personen, die sich als Mitarbeiter des Landratsamtes auswiesen und erklärten, die Aufbewahrung der Schusswaffen überprüfen zu wollen. Hierbei stellten sie fest, dass der Jäger drei seiner Langwaffen in einem einfachen Holzschrank in der Küche aufbewahrt hatte, seine übrigen Langwaffen befanden sich in einem A-Schrank. Auf Befragen gab der Jäger spontan an, dass er die Waffen am Vormittag gereinigt habe. Später ergänzte er, dass sich die Reinigung über den ganzen Tag erstreckt habe und durch die Kontrolle lediglich unterbrochen worden sei. Außerdem sei er den ganzen Tag allein zu Hause gewesen, sodass er jederzeit die Kontrolle über die Waffen innegehabt habe. Die Waffenbehörde ließ das nicht gelten, sie widerrief die Waffenbesitzkarten (Wbk) mit Sofortvollzug wegen Unzuverlässigkeit. Der Jäger ging vor Gericht.

III. Die Entscheidung
Vor Gericht hatte der Jäger keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof wies seinen Antrag ab, da „keine Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Wbk bestünden. Nach § 45 Abs. 2 WaffG sei die Behörde verpflichtet, die Wbk zu widerrufen, wenn der Waffenbesitzer nachträglich unzuverlässig werde. Hierbei stehe ihr kein Ermessen zu. Schon ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 WaffG enthaltenen Aufbewahrungspflichten könne die Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers begründen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG sei ein Waffenbesitzer unzuverlässig, wenn aufgrund von Tatsachen zu befürchten sei, dass er seine Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Infolge der unzureichenden Verwahrung der Waffen in einem Holzschrank lägen Tatsachen vor, die die Prognose rechtfertigten, dass der Besitzer auch künftig nicht ordnungsgemäß mit seinen Waffen oder der Munition umgehen werde. Dieses Fehlverhalten lasse auf eine grundsätzliche Nachlässigkeit bei der Aufbewahrung seiner zahlreichen Waffen schließen. Seine spontane Aussage, er habe die Waffen am Vormittag gereinigt, spreche dafür, dass sich diese am späten Nachmittag bereits wieder in ihrem üblichen Aufbewahrungsort – dem Holzschrank – befunden hätten. Seine spätere Darstellung, die Reinigung der Waffen habe sich „über den ganzen Tag“ erstreckt, er habe die Waffen lediglich vor der Kontrolle vorübergehend in den alten Schrank gestellt, sei unglaubhaft. Damit liege eine „gewisse Wahrscheinlichkeit“ für ein künftiges Fehlverhalten im Umgang mit Waffen oder Munition vor. Das sei ausreichend. Eine an „Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ hinsichtlich des prognostizierten künftigen Fehlverhaltens sei wegen der erheblichen Gefahren des Waffenbesitzes für Leib und Leben und des vorbeugenden Charakters der Regelung nicht erforderlich (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16.9.2008 – 21 ZB 08.655-). Die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG genannten Verstöße im Umgang mit Waffen und Munition seien in hohem Maße allgemeingefährlich, weshalb das Gesetz eine Widerlegung der Unzuverlässigkeit im Einzelfall, wie es in § 5 Abs. 2 WaffG möglich sei, nicht vorgesehen habe (absolute Unzuverlässigkeit). Die Kontrolle selbst sei rechtmäßig durchgeführt worden. Die Bediensteten des Landratsamts hätten sich ausgewiesen und den Grund ihres Erscheinens mitgeteilt. Nach § 36 Abs. 3 WaffG seien auch verdachtsunabhängige Kontrollen erlaubt, jedoch mit der Einschränkung, dass Wohnräume grundsätzlich nicht gegen den Willen des Wohnungsinhabers betreten werden dürften, außer zur Verhütung dringender Gefahren für die Allgemeinheit. Vorliegend habe der Waffenbesitzer dem Betreten seiner Wohnräume zugestimmt. Dass er sich dabei „überrumpelt“ gefühlt habe und nicht über sein Weigerungsrecht belehrt worden sei, schade nicht. Denn eine ausdrückliche Belehrung über die Möglichkeit der Verweigerung des Zutritts sei nicht erforderlich. Gegenstand der .berprüfung sei sowohl die Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsstufe des Waffentresors als auch die tatsächliche Einlagerung aller in der Wbk eingetragenen Schusswaffen im Tresor. Eine Durchsuchung der Wohnung nach weiteren Waffen oder Muni tion sei nicht zulässig. (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 3.8.2011 – 1 S 1391/11 –).

IV. Anmerkungen
Die im Jahre 2009 im Anschluss an den Amoklauf in Winnenden eingefügte Verschärfung der Aufbewahrungsvorschriften hat in erster Linie zum Ziel, dass alle erlaubnispflichtigen Schusswaffen tatsächlich im vorgeschriebenen Waffentresor aufbewahrt werden. Wirklich alle! Denn auch der Vater des Täters hatte einen ordnungsgemäßen Tresor und seine Waffen darin – außer einer! Wie wichtig dem Gesetzgeber die ordnungsgemäße Aufbewahrung nach den schweren Delikten geworden ist, zeigt sich insbesondere in der Neufassung des § 36 Abs. 3 WaffG, der erstmals verdachtsunabhängige Kontrollen zulässt, sowie im neu geschaffenen Straftatbestand des § 52a WaffG. Nach wie vor erlaubt ist ein gefahrloser, ordnungsgemäßer Umgang mit der Waffe in der eigenen Wohnung, solange man permanent (!) die alleinige tatsächliche Gewalt über sie inne hat, also zu jeder Zeit die vollständige Kontrolle über die Waffe besitzt. Das ist zum Beispiel beim Putzen, Trocknen, Zerlegen und Vorzeigen der Waffe der Alle in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen und die  komplette Munition müssen im Tresor aufbewahrt werden.  Fall, solange man die Waffe in Händen hält oder sie im Blick hat und jederzeit sofort an sich nehmen kann. Nicht erlaubt ist es, die Waffe in einem Raum oder im Flur abzulegen und sich in ein anderes Zimmer zu begeben, weil sie dadurch aus dem Blick und jeder zeitigem Zugriff des Berechtigten gerät. Im vorliegenden Fall standen die Waffen im Holzschrank, der Jäger war also nicht mehr beim Reinigen. Sehr wichtig ist, dass sich der Schlüssel zum Waffenschrank jederzeit in der alleinigen Gewalt/Kontrolle des Berechtigten befindet, damit zu keiner Zeit ein Nichtberechtigter Zugriff auf die Waffen und Munition nehmen kann, auch nicht Familienangehörige. Deshalb muss sich der Schlüssel entweder ständig „am Mann“ befinden oder so „sorgfältig“ (siehe oben den Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG) an einem unbekannten Ort verwahrt oder verschlossen werden, dass nach Lage der Dinge objektiv ein unbefugter Zugriff vernünftiger Weise ausgeschlossen ist. Je mehr mit einem unbefugten Zugriff zu rechnen ist, zum Beispiel durch heranwachsende Kinder, psychisch labile Ehegatten oder gewaltbereites Umfeld, desto höher sind die Anforderungen an die Verwahrung des Schlüssels. Eine etwas gemäßigtere Linie vertritt das Oberverwaltungsgericht Sachsen in seinem Beschluss vom 2.5.2011 – 3 B 128/10 –. Danach rechtfertigt die unsorgfältige Aufbewahrung von Waffen oder Munition „eo ipso“ („von selbst“) die Annahme der Unzuverlässigkeit, es sei denn, es handelt sich lediglich um einen „Bagatellverstoß“. Die Unzuverlässigkeit könne somit durch entgegenstehende Tatsachen „entkräftet“ werden. Im zugrunde liegenden Fall verneinte das Gericht einen Bagatellverstoß, weil sich der Zweitschlüssel zum Waffenschrank in einem unverschlossenen Etui auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer befand, während der Waffenbesitzer abwesend war, sodass sowohl die Haushälterin als auch ein Einbrecher ihn hätten finden können. Hinzu kam, dass mehrere Packungen Munition ungesichert teils in einem Metallkoffer, teils auf einem Sims neben dem Waffenschrank gelagert waren. Um einen „einmaligen, persönlichkeitsfremden Verfehlungscharakter“ anzuerkennen, genüge ein langjähriger ordnungsgemäßer Waffenbesitz nicht; hierzu sei vielmehr der persönliche Eindruck des Waffenbesitzers notwendig, den „das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung“ gewinnen könne. Dieser persönliche Eindruck sei ferner unerlässlich, um die „Richtigkeit der Prognose“ zu überprüfen, dass der Waffenbesitzer „künftig jederzeit und in jeder Hinsicht“ die Aufbewahrungsvorschriften einhalten werde. Heftig umstritten ist nach wie vor die Frage, ob eine Verweigerung des Zutritts in Wohnräume die Unzuverlässigkeit begründen kann. Während eine Meinung dahin geht, dass die Geltendmachung eines Grundrechts nicht durch schwerwiegende Rechtsnachteile verhindert werden darf, vertreten andere die Ansicht, dass zumindest im Wiederholungsfall die grundlose Verweigerung eine Unzuverlässigkeit nach § 45 Abs. 4 oder § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG darstellen kann. Solange diese Frage nicht endgültig entschieden ist, sollte man das Risiko des Verlustes von Jagdschein und Wbk nicht eingehen. Passt der „Besuch“ aus triftigen Gründen gar nicht, kann mit den Beamten sicher ein neuer Termin vereinbart werden. Auch hier gilt der Grundsatz: Kooperation ist besser als Konfrontation.

V. Ergebnis
1. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungsbestimmungen des § 36 WaffG „kann“ die Unzuverlässigkeit begründen. 2. .berprüft werden: • die vorgeschriebene Sicherheitsstufe des Tresors; • die Einlagerung aller in der Wbk eingetragenen Schusswaffen (entladen!) durch Abgleich; • die getrennte Aufbewahrung der Munition in A- und BSchränken (außer in ASchränken mit B-Innenfach); 3. Über den Schlüssel/Zahlencode des Tresors hat allein der Berechtigte Kenntnis. 4. Verdachtsunabhängige Kontrollen der Aufbewahrung sind erlaubt. 5. Eine Durchsuchung nach weiteren Waffen oder Munition ist unzulässig


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