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366 JVG – Kein Ersatz von Biomais

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366 JVG – Kein Ersatz von Biomais NEUES URTEIL

Mark G. v. Pückler

366 JVG

I. Die Rechtsgrundlage

1. Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder diesem angegliedert ist, durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt, so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. Hat der Jagdpächter den Ersatz des Wildschadens ganz oder teilweise übernommen, so trifft die Ersatzpflicht den Jagdpächter. § 29 Abs. 1 BJagdG

2. Wildschäden an Grundstücken, die einem Eigenjagdbezirk angegliedert sind, hat der Eigentümer oder der Nutznießer des Eigenjagdbezirks zu ersetzen. Im Falle der Verpachtung haftet der Jagdpächter, wenn er sich im Pachtvertrag zum Ersatz des Wildschadens verpflichtet hat. § 29 Abs. 2 BJagdG

II. Der Sachverhalt

Landwirt L. bestellte sein Feld mit Mais für eine Biogasanlage, die er gemeinsam mit einem Geschäftspartner betrieb. Als das Schwarzwild zu Schaden ging, verlangte er Wildschadensersatz in Höhe von rund 365 Euro. Der Jagdpächter verweigerte die Zahlung. Zur Begründung machte er geltend, dass er nur den Wildschaden „an landwirtschaftlich genutzten“ Flächen übernommen habe. Die Verwendung des Maises in einer Biogasanlage sei jedoch keine landwirtschaftliche Nutzung, sondern eine gewerbliche. Der Streit ging vor Gericht.

III. Das Urteil

Das Amtsgericht gab dem Jagdpächter recht. Es wies die Klage des Landwirts kostenpflichtig ab, weil die Verwendung des Maises in einer Biogasanlage in erster Linie eine gewerbliche Nutzung darstellt. Eine einheitliche Bestimmung des Begriffs „landwirtschaftliche Nutzung“ gebe es nicht. Vielmehr richte sich dieser in den verschiedenen Gesetzen nach den jeweiligen Schutzrichtungen und Zwecken der entsprechenden Vorschriften.

Deshalb kommt es bei der Auslegung des Begriffes „landwirtschaftliche Nutzung“ hier entscheidend darauf an, was sich die Vertragsparteien bei Abschluss des Pachtvertrages hierunter vorgestellt hatten. Da der Pachtvertrag hierzu keine konkreten Anhaltspunkte enthält, sei maßgebend, was sich ein durchschnittlicher Vertragspartner hierunter vorstellen würde. Dieser würde unter „landwirtschaftlicher Nutzung“ eine Bewirtschaftung der Felder zur Gewinnung von Futter und zum Vertrieb der Bodenerzeugnisse verstehen. An einen Anbau zur Stromerzeugung würde er dabei nicht denken.

Eine solche Einordnung erfolgt auch im Steuerrecht. Nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr vor, wenn der Landwirt seine nahezu gesamte Ernte als

Biomasse verwertet. Die Erzeugung von Biomasse und die Verarbeitung zu Strom seien aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine „nichtlandwirtschaftliche“ Betätigung, die insgesamt der Regelbesteuerung unterliege (Oberfinanzdirektion Karlsruhe, DStR 2011, 2052 unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14.3.2011).

Dass im vorliegenden Fall der Schwerpunkt des Maisanbaues auf der Gewinnung von Futter gelegen hat, sei vom Landwirt nicht detailliert dargelegt worden. Er habe lediglich geltend gemacht, dass der Mais „auch“ zur Fütterung der Tiere bestimmt gewesen sei. Wie hoch dieser Anteil gewesen und für wie viele Tiere er habe verwendet werden sollen, hat er nicht erklärt. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass der Schwerpunkt auf einer „landwirtschaftlichen“ Nutzung gelegen habe.

Amtsgericht Plettenberg, Urteil vom 15.12.2014 – 1 C 425/13 – (rechtskräftig)

IV. Anmerkungen

Ein Urteil, das voll überzeugt und in die richtige Richtung weist. Es ist ein Unterschied, ob die Frucht zur Ernährung von Mensch und Tier bestimmt ist oder zur Erzeugung von Strom und Biodiesel. Auch sollte bei der Auslegung des Begriffs „Wildschaden“ mehr berücksichtigt werden, was sich der Gesetzgeber bei Erlass des § 29 BJagdG im November 1952 darunter vorgestellt hat. Denn damals gab es weder Biogasanlagen noch Biodiesel, die Früchte des Landwirts dienten praktisch ausschließlich der Ernährung von Mensch und Tier.

Zu beachten ist, dass das Urteil nur für die Fälle gilt, in denen der Pächter die Wildschäden nur an „landwirtschaftlich genutzten“ Grundstücken übernommen hat (vgl. z. B. § 6 und § 7 des Jagdpachtvertrages von WuH). Ob eine landwirtschaftliche Nutzung vorliegt, richtet sich nach dem obigen Urteil entscheidend nach dem Verwendungszweck: Mais zur Ernährung von Mensch oder Tier ist Landwirtschaft, Mais zur Erzeugung von Strom oder Biodiesel ist Gewerbe.

Die Begrenzung auf „land-oder forstwirtschaftlich genutzte“ Flächen hat außerdem zur Folge, dass Land-und Waldbauern, ob Voll-oder Nebenerwerbsbetriebe (§§ 35, 201 Baugesetzbuch), vollen Ersatz der von Ihnen genutzten Flächen erhalten, weil sie davon leben. Bei anderer Nutzung des Grundstücks wie zum Beispiel zu persönlichen Freizeitzwecken (Pferdehaltung in der freien Landschaft, angenehmer Aufenthalt in der Natur, Spielstätte für die Kinder und so weiter) sowie bei Sport-, Spiel-und Golfplätzen und sonstigen nicht landwirtschaftlichen Verwendungen scheidet ein Ersatz von vornherein aus.

Schließlich ergibt sich aus dem Wort „an“ landwirtschaftlich genutzten Flächen auch, dass nur die Schäden am Boden und Bewuchs samt den Früchten zu ersetzen sind, nicht aber weitergehende Schäden wie Knöchelbruch durch Stolpern infolge von Wühlschäden. Gleiches gilt natürlich auch für Schäden „an forstwirtschaftlich genutzten“ Flächen.

Das Urteil hat jedoch nicht zur Folge, dass der Landwirt gar keinen Ersatz erhält. Es besagt nur, dass der Pächter nicht zahlen muss, weil er diesen Schaden nicht übernommen hat. Soweit ein Pächter die Wildschäden nicht übernimmt, verbleibt es bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken bei der Haftung der Jagdgenossenschaft. Sie also muss

dem Landwirt den Schaden an Biomais ersetzen.

Wird der Mais teilweise als Futtermittel und teilweise als Biomais verwendet, muss der Geschädigte nachweisen, in welchem Ausmaß der Mais als Futtermittel verwendet werden sollte. Unterlässt er das, hat er die Höhe seines Schadens nicht nachgewiesen, sodass der Ersatzanspruch nicht gegeben ist. Es ist etwa so, als ob der Schaden von Schalenwild und Vieh entstanden ist, ohne dass geklärt ist, in welcher Höhe der Schaden vom Schalenwild stammt.

V. Ergebnis

1. Hat der Pächter im Pachtvertrag den Ersatz von Wildschäden an „landwirtschaftlich genutzten“ Grundstücken übernommen, so haftet er nicht für Schäden an Biomais. Denn die Erzeugung von Strom ist keine landwirtschaftliche Nutzung, sondern eine gewerbliche.

2. Sollte der Mais als Futtermittel und Biogaserzeugung verwendet werden, muss der Geschädigte nachweisen, in welcher Höhe der Schaden an Futtermitteln entstanden ist.

3. Bei Wildschäden an Biomais haftet in diesen Fällen bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken an Stelle des Jagdpächters die Jagdgenossenschaft. An Grundstücken, die einem Eigenjagdbezirk angegliedert sind, haftet der Eigenjagdinhaber

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