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382 JVG – Waffenbesitzkarte widerrufen, Jagdschein eingezogen

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382 JVG – Waffenbesitzkarte widerrufen, Jagdschein eingezogen VERDACHT AUF ALKOHOLABHÄNGIGKEIT

Mark G. v. Pückler

382 JVG

Service – Jagdrecht

I. Die Rechtsgrundlage

1. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. § 45 Abs. 2 WaffG

2. Die erforderliche persönliche Eignung besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG

3. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, so hat die zuständige Behörde dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über seine geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. § 6 Abs. 2 WaffG

4. Verweigert ein Betroffener seine Mitwirkung bei der Überprüfung des Fortbestehens von Voraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zum Widerruf einer Erlaubnis gegeben wäre, so kann die Behörde deren Wegfall vermuten. § 45 Abs. 4 WaffG

II. Der Sachverhalt

Jäger J. hatte eine Bekannte, die ihn verlassen hatte. Er aber konnte nicht von ihr lassen. Als es ihr zu viel wurde, berichtete sie der Polizei, dass sie von ihm belästigt werde. Täglich rufe er sie an und fordere sie zu einem Treffen auf. Ferner stehe er oft vor ihrer Wohnungstür und flehe sie an, hereingelassen zu werden. Dabei sei er jedes Mal betrunken gewesen.

Aufgrund dieser Vorkommnisse hatte die Waffenbehörde Zweifel am Fortbestehen der persönlichen Eignung des J. zum Besitz von Schusswaffen. Sie forderte ihn auf, auf seine Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine persönliche Eignung innerhalb einer festgesetzten Frist vorzulegen. Da J. dem wiederholt nicht nachgekommen war, widerrief sie seine Waffenbesitzkarte und ordnete an, dass er seine Waffen und Munition einem Berechtigten abzugeben habe. Parallel hierzu erklärte die Jagdbehörde den Jagdschein für ungültig und zog ihn ein. Gegen die sofortige Vollziehung beider Bescheide ging J. vor Gericht.

III. Die Gerichtsentscheidung

Das Gericht wies seine Anträge kostenpflichtig ab, da beide Bescheide offensichtlich rechtmäßig sind. Denn nach § 45 WaffG muss die Waffenbehörde

die Erlaubnis zum Besitz von Waffen widerrufen, wenn nachträglich die Gründe für ihre Erteilung weggefallen sind. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Denn nach § 6 Abs. 1 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln abhängig sind.

Werden – wie hier – aufgrund des auffälligen Verhaltens nur Tatsachen bekannt, die lediglich Bedenken am Vorliegen der persönliche Eignung begründen, müsse dies weiter aufgeklärt werden. Hierzu sei dem Betroffenen aufzugeben, auf seine Kosten ein amts-ärztliches, fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine geistige oder körperliche Eignung vorzulegen. Dies habe die Waffenbehörde zu Recht und wiederholt veranlasst, jedoch sei J. dem nicht nachgekommen. Stattdessen habe er Laborbefunde vorgelegt, die im Normbereich lagen. Laborwerte erlauben aber für sich allein noch keine zuverlässige Aussage über das Fehlen einer Alkoholabhängigkeit, da diese Werte bei vielen Abhängigen unauffällig seien. Auch der CDT-Wert im Blut genüge nicht für den Nachweis einer Abstinenz, weil er sich bereits nach sechs bis zehn alkoholfreien Tagen wieder normalisiere.

Die Waffenbehörde habe daher aufgrund der Weigerung des Jägers zu Recht gemäß § 45 Abs. 4 WaffG den Wegfall der persönlichen Eignung vermutet und folglich die Waffenbesitzkarte widerrufen und die Abgabe der Waffen und Munition angeordnet. Parallel hierzu habe die Jagdbehörde zutreffend den Jagdschein wegen fehlender waffenrechtlicher Eignung nach §§ 18, 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG für ungültig erklärt und eingezogen.

Verwaltungsgericht Kassel, Beschlüsse vom 18.1.2015 – 5 L 2540/15.KS – und vom 19.1.2015 – 2 L 2546/15.KS

IV. Anmerkungen und Ergebnis

1. Bestehen aufgrund von Tatsachen Bedenken an der persönlichen Eignung wegen Alkoholabhängigkeit, müssen diese durch Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses ausgeräumt werden. Andernfalls kann die Behörde das Fehlen der Eignung vermuten und die Waffenbesitzkarte widerrufen. Das gibt es zum Beispiel auch im Führerscheinrecht (§ 11 Fahrerlaubnisverordnung).

2. Die persönliche Eignung verlangt eine körperliche, geistige und charakterliche Eignung für den Umgang mit Waffen und Munition. Diese fehlt bei Personen,

• die abhängig sind von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln;

• bei denen zu befürchten ist, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren können;

• bei denen die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Eigefährdung (Suizid) besteht;

• die geschäftsunfähig sind. Beschränkt Geschäftsfähige (Minderjährige) sind (nur) in der Regel ungeeignet.

Hauptfälle sind Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder bestimmten Medikamenten, psychische Erkrankungen, körperliche oder geistige Beeinträchtigungen (z. B. ungenügende Sehkraft, Demenz) sowie charakterliche Mängel (z. B. Jähzorn). Bei Alkoholkonsum können bereits 1,6 Promille oder wiederholt geringere Werte im Zusammenhang mit auffälligem Verhalten Zweifel an der waffenrechtlichen Eignung begründen (Nr. 6.3 der Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz). Diese müssen sodann durch ein ärztliches, fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis ausgeräumt werden

3. In Fällen der vorliegenden Art empfiehlt es sich, eine zweite Chance wahrzunehmen und das verlangte ärztliche Zeugnis nachzureichen. Denn viele Betroffene verlassen sich auf ihre günstigen Laborwerte, ohne zu wissen, dass – nach dieser Gerichtsentscheidung – diese Werte allein noch nicht ausreichen, um eine Alkoholabhängigkeit sicher zu verneinen. Waffen und Munition sollten daher erst einmal nicht verkauft, sondern bei einem Berechtigten vorübergehend aufbewahrt werden. Im Übrigen ist bei Beziehungsproblemen immer eine besondere Skepsis angezeigt, weil diese häufig zu einer Schlammschlacht führen mit dem Ziel, dem anderen zu schaden.

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