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387 JVG – Geladene Pistole unter der Matratze

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387 JVG – Geladene Pistole unter der Matratze UNZUVERLÄSSIG

Mark G. v. Pückler

387 JVG

I. Der Fall

Beim 76-jährigen Jäger J. fand eine angekündigte Kontrolle der Aufbewahrung seiner Schusswaffen statt. Dabei wurde neben anderen Verstößen festgestellt, dass sich eine durchgeladene Pistole Kal. .22 unter der Matratze befand. Zwei weitere Kurzwaffen wurden in geladenem Zustand in einem nicht klassifizierten Innentresor aufbewahrt.

Auf Vorhalt erklärte der Jäger, dass er die Waffen geladen aufbewahrt habe, weil sie ihm sonst nichts nützten. Er brauche sie „zur Verteidigung gegen eventuelle Einbrecher“. Im Übrigen berief er sich auf die Rechtslage zur Zeit seiner Jägerprüfung vor 45 Jahren. Damals sei dies erlaubt gewesen. In der Folge wurden seine waffenrechtlichen Erlaubnisse (WBK) widerrufen und er aufgefordert, seine Schusswaffen einem Berechtigten abzugeben oder sie unbrauchbar machen zu lassen. Sein Jagdschein wurde eingezogen.

II. Das Urteil

Vor Gericht hatte J. keinen Erfolg. Seine Klage gegen den Entzug seiner Waffen und den Einzug seines Jagdscheins wurde kostenpflichtig abgewiesen. Denn nach §45 Abs. 2 WaffG ist die Waffenbehörde verpflichtet, die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.

Ein solcher Fall sei hier gegeben. Denn die gesetzwidrige Aufbewahrung der Kurzwaffen in geladenem Zustand, davon eine unter der Matratze, stellt einen schweren Verstoß gegen die Aufbewahrungsbestimmungen dar, der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG die Unzuverlässigkeit des Jägers zur Folge hat. Richtigerweise müssen Schusswaffen vollständig entladen in einem ordnungsgemäßen Waffenschrank aufbewahrt werden, in der Regel getrennt von der Munition, ausgenommen in Waffenschränken mit Widerstandsgrad 0 und darüber sowie im B-Fach eines A-Schrankes. Ein solches Behältnis habe hier aber nicht vorgelegen.

Aufgrund der Schwere des Verstoßes bestehe die Gefahr, dass J. auch künftig seine Waffen nicht gesetzeskonform aufbewahren werde. Bei dieser Prognose ist keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit notwendig, vielmehr genügt bereits eine auf der Lebenserfahrung beruhende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass in Zukunft weitere Verstöße nicht auszuschließen sind. Hierfür reicht bereits ein einmaliger erheblicher Verstoß, ein Restrisiko ist wegen der von Waffen ausgehenden Gefahren nicht hinzunehmen.

Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 19. 6. 2013 – 5 K 162/13.TR

III. Anmerkungen und Ergebnis

1. Immer öfter trifft es ältere Jäger, die sich mit den neuen Bestimmungen im Waffenrecht nicht genügend vertraut gemacht haben. Obwohl die verschärfte Aufbewahrung schon seit 2002 gilt und die Kontrolle angekündigt war, waren die Kurzwaffen geladen und eine von ihnen außerhalb des Tresors unter der Matratze abgelegt. Vor 45 Jahren war das tatsächlich erlaubt, damals ersetzte der Jagdschein einen Waffenschein. Man durfte die Kurzwaffe zu Hause und außerhalb führen, nicht – wie heute –

nur bei der Jagd (geladen) und im Zusammenhang damit (entladen). Aber darauf sollte man sich nicht berufen, zeigt es doch, dass man von den vielen Änderungen nichts mitbekommen hat.

2. Das Verhalten des Jägers ist zum einen ein erheblicher Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen der Unfallverhütungsvorschriften, weil Schusswaffen nur bei tatsächlicher Jagdausübung geladen sein dürfen (§ 3 Abs. 1 UVV). Zum anderen liegt eine schwere Verletzung der Aufbewahrungsbestimmungen vor, da Schusswaffen zu Hause in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufe A, B oder mit Widerstandsgrad 0 und darüber aufbewahrt werden müssen (§ 36 Abs.2 WaffG, §13 AWaffV). Zuwiderhandlungen sind eine Ordnungswidrigkeit (§ 53 Abs. 1 Nr. 19 WaffG), bei Vorsatz und Gefahr des Abhandenkommens oder unbefugten Zugriffs eine Straftat.

3. Zwar darf man zu Hause die Waffe außerhalb des Tresors bei sich haben, sie herumtragen, putzen und zerlegen, aber sie muss grundsätzlich entladen und ständig im unmittelbaren Sicht- und Überwachungsbereich bleiben, damit ein Zugriff Unberechtigter stets ausgeschlossen ist. Auch Familienangehörige dürfen keine Möglichkeit des alleinigen Zugriffs haben, auch nicht auf den Schlüssel des Waffenschrankes. Das bedeutet: Kein Zurücklassen der Waffe im Schlafzimmer, während man im Wohnzimmer fernsieht, kein Abstellen in der Garderobe nach dem Abendansitz, wenn man am folgenden Morgen um 4 Uhr wieder rausfahren will. Die Waffe gehört entladen in den Tresor, der Schlüssel an den Mann/die Frau!

4. Im Bett, unter dem Bett und um das Bett herum darf also während des Schlafens keine Waffe zugriffsbereit sein, schon gar nicht geladen oder unterladen. Denn nach der Rechtsprechung bewacht ein Schlafender seine Waffe nicht mehr ordnungsgemäß, weil seine Sinne abgeschaltet sind. Er übt nicht mehr die tatsächliche Gewalt über sie aus. Das gilt auch für den Fall, dass sich der Schlafende auf sie legt.

5. Irgendwie kann man den alten Herrn aber auch ein bisschen verstehen. Denn aufgrund seines Alters ist er Einbrechern gegenüber praktisch wehrlos. Er fürchtet sich vor ihnen und besitzt legal eine Waffe, mit der er sich bei Notwehr je nach Fallgestaltung verteidigen dürfte. Aber er kann es im Ernstfall nicht, weil die Waffe im Tresor für ihn weder rechtzeitig zugriffsbereit noch schussbereit ist.

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass nur die wenigsten Waffenbesitzer die Voraussetzungen der Notwehr sicher kennen, ein Fehlgebrauch aber fatale Folgen hätte – für den Schützen und das Opfer. Ersterer würde wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchten oder vollendeten Totschlags angeklagt, letzterer wäre erheblich verletzt oder verstorben. Außerdem besteht die große Gefahr, dass die Waffe schon nach kurzer Zeit auch tagsüber griffbereit in Bettnähe liegen würde und dadurch dem Zugriff Nichtberechtigter ausgesetzt wäre. Genau das aber will das Waffengesetz unbedingt verhindern. So bleibt als letzte legale, untechnische, aber effektive Sicherheitsmaßnahme die Haltung eines scharfen Hundes, den man aber ebenfalls sicher beherrschen muss. Siehe ergänzend WuH 16/2012, S. 70.

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