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391 JVG – Begrenzung des Waffenbesitzes durch die Hintertür

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Waffenhorten verboten – 391 JVG

BEGRENZUNG DES WAFFENBESITZES DURCH DIE HINTERTÜR

Mark G. v. Pückler

391 JVG
Der Drilling und der Repetierer sind zwei Waffen, die der Jäger braucht. Wenn sich ein Grünrock zu viele Waffen zulegt, kann die zuständige Behörde von ihm einen Bedürfnisnachweis fordern. Fotos: Bildagentur Schilling

I. Erster Fall (Jäger: Langwaffen)

1. Ein Jäger, der bereits 62 Langwaffen besaß, erwarb gegen Vorlage seines Jahresjagdscheins beim Büchsenmacher einen weiteren Repetierer. Anschließend beantragte er innerhalb von zwei Wochen die Eintragung der neuen Waffe in seine Waffenbesitzkarte. Das aber lehnte die Waffenbehörde ab, weil anhand seines hohen Waffenbestandes nicht ersichtlich sei, dass er die Waffe zur Jagdausübung benötige. Vor Gericht verlangte er sodann die Verpflichtung der Jagdbehörde, die Waffe einzutragen.

2. Das Gericht lehnte seinen Antrag ab. Zwar stellte es fest, dass Inhaber eines Jahresjagdscheins nach § 13 Abs. 2 S. 2 WaffG beim Erwerb von Langwaffen komplett von einer Bedürfnisprüfung freigestellt sind. Ein Bedürfnis werde unwiderruflich vermutet. Das bedeute aber nicht, dass es Jägern erlaubt sei, unter diesen erleichterten Bedingungen Waffen zu anderen Zwecken als zur Jagdausübung zu erwerben, etwa für eine Waffensammlung. Denn diese Vorschrift regelt allein den Erwerb von Waffen für Jagdzwecke. Bestehen Zweifel an der jagdlichen Verwendung, kann die Waffenbehörde – wie hier geschehen – einen Bedürfnisnachweis verlangen, wie es in der Begründung der Vorschrift vorgesehen ist.

Auf Anfragen des Gerichts haben der Kreisjägermeister und die Kreisjägerschaft mitgeteilt, dass für einen Jäger ein Bedarf von drei bis fünf Langwaffen bestehe, bei umfangreicher Jagdausübung und jagdlichem Schießen zehn bis fünfzehn Stück. Der von der Waffenbehörde ermittelte Bestand an Langwaffen innerhalb des Landkreises habe einen Durchschnitt von 4,4 Stück pro Jäger ergeben. Diese Zahlen zeigten deutlich, dass im vorliegenden Fall die Anzahl der tatsächlich benötigten Langwaffen weit überschritten werde. Die Waffenbehörde sei daher berechtigt gewesen, einen Bedürfnisnachweis zu verlangen und bei fehlendem Bedürfnis die Eintragung zu verweigern.

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss von 4.10.2010 – 11 ME 344/10 –

II. Zweiter Fall (Sportschütze)

1. Ein Schütze, der bereits 141 Schusswaffen besaß, erwarb zwei weitere hinzu. Eine vorherige Erlaubnis war hierfür – ähnlich wie im ersten Fall – nach § 14 Abs. 4 WaffG nicht erforderlich. Seinen anschließenden Antrag auf Eintragung der Waffe in seine Waffenbesitzkarte lehnte die Waffenbehörde ab, weil er kein Bedürfnis glaubhaft gemacht habe.

2. Auch hier hatte der Schütze keinen Erfolg. Zwar bestimmt das Gesetz, dass Sportschützen unter bestimmten Voraussetzungen nach § 14 Abs. 4 WaffG eine unbefristete Erlaubnis zum Erwerb bestimmter Schusswaffen erteilt wird. Das bedeute aber nicht, dass ein Bedürfnis für den Erwerb nicht notwendig sei. Vielmehr gehe aus der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung eindeutig hervor, dass auch in diesen Fällen das Bedürfnisprinzip gilt. Nach diesem Grundprinzip sei eine weitere Waffe nicht erforderlich, wenn der Waffenbesitz des Schützen für eine angemessene Ausübung seines Sportesausreicht. Sinn und Zweck der Regelung sei es nur, dem Schützen den Erwerb der tatsächlich benötigten Waffen zu erleichtern. Ist er aber bereits im Besitz der notwendigen Waffen, so bestehe kein Bedarf für einen weiteren Erwerb. Ein schlichtes Horten von Schusswaffen ist verboten.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.9.2016 – 6 B 38.16 –

III. Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg

Mit Erlass vom 20. März 2013 hat das Innenministerium von Baden-Württemberg Hinweise zum Vollzug des Waffenrechts herausgegeben. Darin wird zum Bedürfnis von Jägern darauf hingewiesen, dass auch für Jäger die Grundsatznormen der §§ 1 bis 8 des WaffG gelten. Danach müsste der Besitz von Schusswaffen mit den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Einklang gebracht werden. Mit diesen Belangen sei es unvereinbar, das unkontrollierte Anhäufen von Schusswaffen und Munition in privater Hand zu ermöglichen. Bestünden aufgrund bereits vorhandener Waffen Zweifel am Bedarf weiterer Langwaffen, sollten die Waffenbehörden einen Bedürfnisnachweis verlangen.

IV. Anmerkungen

Der erleichterte Erwerb von Langwaffen für Inhaber eines Jahresjagdscheins ist zweifellos ein Privileg für die Jäger. Der Gesetzgeber wollte ihnen damit den Erwerb erleichtern und es dem Einzelnen überlassen, wie viele Langwaffen er aufgrund seiner jagdlichen Verhältnisse tatsächlich benötigt. Infolge der Vielfältigkeit der Jagd hat er daher – anders als bei Kurzwaffen – bei Inhabern eines Jahresjagdscheins keinen Bedürfnisnachweis und keine Höchstgrenze festgelegt. Dieses Privileg gilt aber nur für Inhaber eines Jahresjagdscheins, Inhaber eines Tagesjagdscheins müssen auch bei Langwaffen ein Bedürfnis glaubhaft machen. Aber der Gesetzgeber hat sicher nicht damit gerechnet, dass ein Jäger mehr als 62 Langwaffen zur Jagdausübung benötigt.

Für Schützen hat das Bundesverwaltungsgericht bereits die Notbremse gezogen (siehe II.). Es ist zu befürchten, dass die dortige Gesetzesauslegung auch auf Jäger Anwendung finden wird. Fall I. lag noch vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, sodass sich das Oberverwaltungsgericht im ersten Fall noch nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen konnte, aber zum gleichen Ergebnis gelangte. Hoffen wir mal, dass sich der Gesetzgeber nicht durch solche Übertreibungen herausgefordert sieht und in Zukunft unter dem Gesichtspunkt „So wenig Waffen wie möglich ins Volk“ auch für Langwaffen ein festes Limit vorschreiben wird – orientiert am tatsächlichen Bedarf und zum Nachteil aller Jäger!

V. Ergebnis

1. Die Möglichkeit für Inhaber eines Jahresjagdscheins, Langwaffen ohne vorherige Erlaubnis allein gegen Vorlage ihres Jahresjagdscheins zu erwerben, besteht nicht unbegrenzt.

2. Der Erwerb von Waffen, für die kein Bedarf besteht, ist gesetzeswidrig.

3. Ein schlichtes Horten von Schusswaffen ist verboten.

Einsender des OVGBeschlusses: RA Dr. Benjamin Munte, Wolfsburg

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