Aufzeichnungen eines Problembären.
Hab mich mal schnell in Reschen (Italien) an einem Hühnerstall bedient. Chicken-Mc-Nuggets sind einfach geil.
St. Gallenkirch (Österreich). Das Schaf wollte einfach nicht freiwillig aus dem Stall kommen, also bin ich hineingegangen. War gar nicht so schlecht.
Gargellen. Da stand doch schon wieder ein Schaf im Weg.
St. Anton in Österreich erreicht. Wandern macht hungrig. Hab mir im Vorbeigehen ein Schaf gegönnt.
Häselgehr. Immer nur Schaf ist auch langweilig. Zwei Bienstöcke geknackt.
Graswangtal. Bin wohl endlich im Gelobten Land, in Deutschland, angekommen. Einwanderer sind hier sehr willkommen. Bin hier sogar „Tier des Jahres“ – Wow. Überall gibt es genug zu fressen. Hab mich mal richtig bedient. Drei Schafe im Graswangtal, vier in Farchant. Haben ein Heidenspektakel gemacht die Mistviecher. Hat ein bisschen gedauert bis endlich Ruhe im Pferch war.
Farchant. Hier gefällt’s mir. Echt coole Gegend. Kleiner Imbiss im Hühnerstall und vier Schafe im Rachen. So rund 100 Kilo Idealgewicht wollen gehalten werden.
Muss mich mal richtig einführen. Vier Schafe, 11 Hühner und ein paar Zuchttauben am Eibsee waren nicht schlecht. Habe glaube ich die richtige Performance abgeliefert. Seitdem wollen ein Haufen Zweibeiner ein Foto von mir machen.
Weil die Jäger in Österreich nicht schießen wollen, soll das Bundesheer eingreifen. Der Aufwand ist doch zuviel der Ehre. Die Bayern trauen ihrer eigenen Lodengang nicht zu, dass sie mir einen reinbrennen. Gut so. Jetzt sollen’s rumänische Cracks richten. Finnen sind auch im Gespräch.
Klais bei Garmisch. Hatte einen ganz schönen Kohldampf. Drei Schafe links gemacht. So ne mistige Ziege ist mir ausgekommen. Hat aber nach dem ersten Schlag recht blöd aus der Wäsche geschaut.
Jetzt sollen doch ein paar Finnen mit ihren Stinkkötern mir auf die Pelle rücken.
Noch viel witziger sind die Jungs vom WWF, die sich angeblich mit meiner Sippe so gut auskennen. Die lassen extra in Amerika eine Falle für mich bauen. Mit der fahren sie jetzt eifrig hinter mir im Wald her. In Moskau schreibt die Tageszeitung „Komsomolskaja Prawda“, dass die Deutschen dem listigen Einzelkämpfer nicht gewachsen seien. Endlich hat es einer erkannt.
Endlich wird’s sportlich. Die finnischen Bärenhunde sind da und warten auf ihren Einsatz. Na dann zeigt mal was ihr drauf habt. In nur zwei Wochen soll ich erledigt sein. Da kann ich ja nur lachen.
Die Finnen sind im Wald auf einen von der Tiroler Lodengang getroffen. Mit ihren unterschiedlichen Dialekten sind sich die Brüder einfach nicht einig geworden, und schon bei der gegenseitigen Vorstellung ihrer Namen gescheitert. Gestatten „Toni“, sagt der eine, „Karjalankarhukoira“ der andere, die Jagd war danach vorbei, weil der Tiroler meinte, beleidigt worden zu sein. So wird das nix mit der Jagd, und ich dachte, es wird sportlich. Habe mir derweil auf der Ganalm ein paar Stallhasen reingezogen.
‘Ne Stunde später war die Finnentruppe da. Aber die Köter haben in ihren Norwegerpullis geschwitzt wie die Affen. Wer mehr schwitzt als sucht, kann mich eben auch nicht finden. Schweißhund bekommt da eine ganz neue Bedeutung. Jetzt haben sie die Jungs rasiert. Die sehen aus wie Hundehäftlinge aus Guantanamo Bay.
Bin rund um den Sylvensteinspeicher unterwegs. Hab ein paar Boys das Grillen im Freien abgewöhnt und mal kurz ein Auto angeschubbst. Die ganze Nacht sind die Profis vom A-Team im Wald rumgekraucht. Zum Schluss waren es fast 30 Mann. Aber was soll ich sagen. Eine anständige Bärenhatz stell ich mir anders vor.
Habe am Brauneck mal einen Blick in eine Hütte riskiert. Hysterisch hat der Mann, wohl ein Tourist, rumgeschriehn, als wollte ich seine Alte fressen. Der soll sich bloß nichts einbilden. Auch Bären haben ihren Stolz. Kurze Zeit später haben sie das ganze Urlaubsgebiet gesperrt und eine Seilbahn angehalten. Bald darauf waren die Finnen da. Verzweifelt hat sich dann einer der Köter die Nase im Wald angekratzt, ein bisserl geblutet und einen Riesentanz gemacht. Angeblich soll er mich gestellt haben. Das ich nicht lache. Das war ein klarer Fall von verzweifelter Selbstverstümmelung.
Habe einen kleinen „Kuraufenthalt“ in Kochel am See eingelegt. Riesen Aufregung in der Fußgängerzone. Ich bin eben berühmt. Vor der örtlichen Polizei habe ich eine kleine Rast eingelegt – Da war nix mehr mit Streife. Wer fängt hier eigentlich wen? Als kleinen Appetit-Happen habe ich mir einen Stallhasen und ein Meerschweinchen durch die Zähne gezogen. Dessert an einem Bienenstock.
Schade, dass ich nicht die Urheberrechte an einem neuen Internetspiel habe, das es unter http://www.brunoderbaer.de gibt. Dort versuchen Jäger, meinem virtuellen Ego einen Betäubungspfeil in den Arsch zu schießen.
Irgendjemand hat ausgerechnet, dass die Jagd auf mich schon 100 000 Euro gekostet hat. Das muss viel sein. Umgerechnet bekäme ich dafür rund 500 leckere Schafe. Mann, nie mehr arbeiten, das wäre doch was für einen gebürtigen Italiener slowenischer Abstammung. Aber die Deutschen geben das Geld immer an der falschen Stelle aus.
Erst ist es die Hitze, jetzt ist es der Regen, dann die Kondition. Irgendwie kommen mir Zweifel, ob die Finnen mit ihren Töhlen tatsächlich wegen mir im Wald sind. Die wollen doch hier im schönen Bayern einfach nur Urlaub machen. Wenn die Fährte älter ist als ein Tag und es noch mehr als 20 Grad hätte, wären die Köter überfordert, heißt es. Schöne Jagdhunde sind das.
Langsam macht sich bei meinen Verfolgern Ratlosigkeit breit. Erst war ich kurz am Achensee, mal schnell ein Bad nehmen und ein paar Hühner vespern. In Wildbad Kreuth dann eine Hauptmahlzeit mit zwei Schafen und dem Honig aus einem Bienenstock. Die Finnen sollen nur noch bis zum Wochenende bleiben. Sie tingeln durch Tirol, um nicht vorhandene Fährten zu suchen. Jetzt haben die nordischen Profi-Jäger zugegeben auch Lockstoffe dabei zu haben, die aber bei der Hitze nichts nützen würden. Apropo Lockstoffe. Die Bärenexperten vom WWF wollten mir jetzt ein Weib organisieren. „Nora“ ist ihr Name. Die Sache hat nur einen Haken. Die Lady ist doppelt so schwer und vor allem vier Mal so alt wie ich. Auf die könnten sie soviel Parfüm oder Sexuallockstoff schütten, wie sie wollen. Wer will es denn schon mit seiner stinkenden, übergewichtigen Oma treiben? Da knöpf ich mir lieber den Pfleger vor, der die senil-brunftige Lock-Nora mit dem Rollstuhl durch den Wald schiebt.
Ich kann weder singen, noch tanzen. Trotzdem krieg ich eine eigene Show, und jetzt bin ich ein Star. Meine Homepage www.brunoderbaer.de hat täglich 50 000 Zugriffe, es gibt T-shirts mit „Mich kriegt ihr nicht“ und ein Bruno-Song trällert durchs Radio. Meine Leistung besteht darin Schafe zu killen, Hühner- und Haseställe zu knacken und Bienenstöcke zu plündern. Und: Ich habe bewiesen, dass die Finnen trotz Pisa-Studie und Bärenvorkommen nicht die besseren Bärenjäger sind. Dafür lieben mich meine Fans.
Bislang bin ich nur Mountainbikern und Wanderern begegnet. Wahrscheinlich alles nur Gerüchte.