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Wasser Marsch! Wie Sie dem Wild im Dürresommer helfen können

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2022 erlebten wir den 4. Dürresommer innerhalb der vergangenen 5 Jahre. Vielerorts war die Situation für Wildtiere äußerst bedrohlich. Lebensraumexperte Werner Kuhn zeigt, wie Sie helfen können.

Ein Hochdruckgebiet folgt dem anderen, die Temperaturen fallen seit Wochen nicht mehr unter die 30°-Marke. Bäche sind zu Sand- und Kiesrinnen mutiert. Von Quellen und Feuchtstellen zeugen nur noch Trockenrisse im ­Boden. Schon lange gibt es keinen Tau mehr, den Wild mit der ­Äsung aufnehmen kann. Die Wiesen sind von der Sonne verbrannt und bieten kaum wertige Äsung. Der Mais ist nicht tief-grün, sondern grau-braun. Kolben wird er nicht mehr ausbilden. Selbst die Gehölze beginnen bereits im Sommer mit dem Laubabwurf, um den Wassermangel zu kompensieren. Mit zunehmender Hitze sinkt die Luftfeuchtigkeit und somit auch die Regenwahrscheinlichkeit.
Die einzig noch etwas Feuchtigkeit spendende Acker­kultur mit leidlich grünen Blättern ist die Zuckerrübe. Nicht nur in den blauen Stunden, auch am Tag kann man aktuell Rehe und ­Hasen in den Flächen beobachten. Rübenblätter aufzunehmen, ist bei fehlenden Gewässern die einzige ­natürliche Möglichkeit, an Wasser zum Überleben zu kommen. Bedingt durch diese einseitige und rohfaserarme ­Äsung tritt bei so manchem Stück aber bald Durchfall auf. 

Das Thema Wassermangel im Revier wird uns nicht nur 2022 beschäftigen, sondern gewiss auch in der Zukunft. Für die Niederwildreviere mit kontinentaler Prägung, also mit trockenen, heißen Sommern, wie in Teilen Österreichs, ­gehören Tränken schon seit Jahren zu den absolut notwendigen Hegemaßnahmen. Über unterschiedliche Methoden wird dort von Mai bis September ständig Wasser in den ­Revieren bereitgestellt: Kunststoffwannen, einfache Kanistertränken, durch Solarzellen angetriebene Kleinbrunnen bis hin zur fest eingebauten Wasserleitung. So stehen je nach Revierstruktur 3 bis 4 Tränken auf 100 ha zur Verfügung. Dort wird schon lange nicht mehr über die Notwendigkeit von Tränken diskutiert. Sie haben denselben Stellenwert wie Raubwildjagd, Lebensraumgestaltung und Fütterung.

Himmelsteiche können künstlich angelegt werden. Dazu wird der nasse Boden mit schwerem Gerät verdichtet.
Wenn über Wasser im Revier gesprochen wird, so zielt das in der Regel auf Schöpfstellen und Suhlen für Schalenwild ab und weniger auf Rebhuhn, Fasan, Feldhase sowie andere Arten des Offenlandes. Dabei stehen im schattigen Wald meist auch über Trockenphasen immer noch Schöpfmöglichkeiten zur Verfügung. Dort reichen oft schon Boden­verdichtungen in Fahrspuren, bspw. Rückegassen, aus, um Wasser für längere Zeit zu bevorraten. 
Auch sogenannte Himmelsteiche ohne regelmäßigen Zulauf, die nur durch Niederschläge gespeist werden, können Trockenperioden eine gewisse Zeit überbrücken. Bei passendem Gelände und bestenfalls in der Nähe eines ­befestigten Wegs lassen sie sich mit ­Zustimmung des Grundeigentümers relativ leicht künstlich herstellen. Grundvoraussetzung sind bindige Böden mit Lehm- und Tonanteilen. Man muss im feuchten Zustand Figuren damit kneten können. Wichtig ist zudem, dass die Fläche nur geringer Sonneneinstrahlung unterliegt. Das hat einen großen Einfluss auf die Verdunstung und Algenbildung – wenig Licht bedeutet wenig Algen. 
Der Oberboden wird abgeschoben, die Wassermulde ausgeformt und anschließend mit schwerem Gerät, bspw. Schlepper oder Radlader, verdichtet. Kettenfahrzeuge sind dazu eher ungeeignet, da sie zu wenig Druck erzeugen. Beim Verdichten darf der Boden nicht zu trocken sein, da sich die ­Bodenteilchen dann nicht verbinden. Sobald der erste Regen gefallen ist, wird nochmals auf dieselbe Weise verdichtet. In den ersten Jahren kann es notwendig sein, diesen Vorgang zum Winterausgang zu wiederholen, weil Frost verdichtete Bodenschichten aufsprengen kann.
Für die Vakuum-Wildtränke werden benötigt: 1 Rohr mit Steckmuffe und Muffenstopfen, 4 kurze (oder 2 lange) Rohrbögen, Metallsäge sowie Feile (1) des langen Rohrstücks, ggf. Dichtring mit Doppellippe und PVC-Kleber. (2)
Im Revier wird die Tränke liegend befüllt (3) und stabil aufrecht befestigt. (4) Steine dienen als Ausstiegsmöglichket für Kleintiere, deren Kadaver das Wasser verkeimen könnte.
Auf stark durchlässigen, sandigen Standorten funktioniert diese Vorgehensweise von Natur aus nicht. In ­solchen Fällen kann bindiger Boden ­angefahren und damit eine Dichtschicht eingebaut werden. Alternativ gibt es auch ungebrannte Tonziegel, die verdichtet eine gewisse Zeit diesen Zweck erfüllen. Bei Trockenheit oder Frost kommt es dann aber zu Rissen, und die eingebaute Abdichtung verliert ihre Funktion. Nur mit guter Pflege sind diese Schichten lange haltbar.
Falls die Schwarzwildpopulation nicht zu groß ist, kann alternativ mit hochwertiger Teichfolie gearbeitet werden. Gute Folie ist langlebig und hält auch Trittbelastung aus, wenn sie mit einer steinfreien Deckschicht überzogen wird. Sauen neigen aber dazu, die Folien vom Rand her freizulegen. Das ist nicht nur unansehnlich, es kommt auch zu Beschädigungen und somit zu Wasserverlusten. Es sollte zudem klar sein, dass im Revier vergrabener Kunststoff irgendwann rückgebaut und entsorgt werden muss!
Auch über Betonbauweisen kann man in Sachen Naturnähe diskutieren. Bei guter Ausführung mit entsprechender Materialgüte halten Betonwannen aber äußerst lange und bedürfen sehr wenig Unterhaltungspflege. Sie müssen ebenfalls rückgebaut werden, sollten sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen.
Selbst gebaute (gelb) und gekaufte (grün) Tränkschale mit Schlauchanschluss. Als Vorrat dient ein dunkles Fass.
Für Wassergaben in Form von Tränken gibt es vielfältige Möglichkeiten zum Selbstbauen oder Gesamtpakete aus der Weidetierhaltung. In der Vergangenheit wurden Auto- oder Lkw-Reifen quer aufgeschnitten und in Hecken und Wald abgelegt, um Niederschlagswasser für Trockenphasen zu sammeln. Gelegentlich werden auch Wannen ins Revier gestellt, alle paar Tage gereinigt und mit Frischwasser nachgefüllt. Aber offene, künstliche Sammelstellen bedürfen einer intensiven Pflege, da sie schneller verunreinigen (große Oberfläche) als kleine Tränkstellen. Werden sie vom Wild intensiv genutzt, muss alle 2 bis 3 Tage Wasser nachgefüllt werden. Diesen Aufwand kann nicht jeder ­betreiben.
Eine praktikable und preiswerte Methode sind Kanister- oder Rohrtränken. Die können – je nach Ausführung – ­längere Zeit Wasser speichern. Sie funktionieren über das Vakuumprinzip. Im Kanister bzw. Rohr steht eine Wassersäule, die nur so viel Flüssigkeit freigibt, wie am Auslauf entnommen wird.
Am günstigsten ist die Kanistervariante, denn Kanister werden meist ­ohnehin nach Erstgebrauch entsorgt und sind kostenfrei in der Anschaffung. Aber nicht jeder Behälter ist aufgrund seiner Vornutzung als Tränke geeignet. Ideal sind Behälter aus dem Lebensmittelbereich.
Beim Rohrsystem kann mit Durchmesser und Länge variiert werden. In DN 100 und mit 1 m Länge (plus Bögen) fasst das System ca. 15 l Wasser, in DN 150 ca. 30 l. Entscheidend ist, dass das System dicht ist und somit das Vakuum hält. Es lohnt sich, ein paar Euro mehr auszugeben und Rohre mit doppelter Lippe zu verwenden oder die Dichtungen zu verkleben. Zum Befüllen muss das System in die Waagerechte gebracht werden. Dabei geht bei einfachen Dichtungen häufig das Vakuum verloren, da sich die Muffen verschieben.
Größere Wasserbehälter lassen sich an Tränken mit Schwimmerventil anschließen. Über den Schwimmer lässt sich die Wasserstandshöhe im Behälter einstellen.
Zum Schutz vor Beutegreifern sollten künstliche Schöpfstellen in sicherer Deckung angeboten werden.
Wichtig bei allen Varianten: Es müssen lichtdichte Behälter verwendet werden, um Algenbildung zu vermeiden. Zudem sollten Tränken stets in Deckungsflächen eingebaut werden, um Prädationsverluste beim Niederwild zu minimieren. Weiterhin müssen Ausstiegsmöglichkeiten für Insekten und Kleintiere vorgesehen werden, damit sie bei der Wasseraufnahme nicht ertrinken und das Wasser verkeimt. Es reicht, einfach ein paar Steine einzulegen.
Die Wasserqualität ist generell ein häufiger Diskussionspunkt, der aber meist im Nebel endet, weil zu viele Theorien aufgestellt und Argumente aus der Volieren- bzw. Geflügelhaltung angeführt werden. Unser Wild nimmt Wasser auf, egal wo und wie es verfügbar ist: ob aus Pfützen am Feldweg, aus tiefen Rückegassen oder aus Astlöchern. Damit hat es Jahrtausende überlebt. Jeder verantwortungsbewusste Jäger wird seine Tränken regelmäßig reinigen. Bei den Himmelsteichen lässt sich die Wasserqualität durch eingebrachte Unterwasserpflanzen deutlich verbessern. Dazu eignen sich z. B. Hornblatt (Ceratophyllum demersum) und Wasserfeder (Hottonia palustris).
Auch in Wildackersaaten gibt es Wasser sammelnde Vertreter, bspw. die Wilde Karde (Dipsacus fulonium). Diese 2-jährige Art sammelt in ihren Blattachseln über Nacht Tau und liefert zusätzlich beste Körneräsung.
Die Wildkamera beweist, dass vom Schalen- über Nieder- bis hin zum Raubwild sowie viele andere Tiere tränken annehmen.

In vielen Regionen Deutschlands ist es auch aktuell noch knochentrocken, und die Wildtiere leiden erheblich unter Wassermangel. Außer von der Jägerschaft wurde weder in den Medien noch durch Umweltschutzverbände auf den dramatischen Zustand hingewiesen, geschweige denn die Initiative ergriffen. Wer Gutes tut, sollte es auch kommunizieren. Denn der Begriff der Hege ist mitnichten, wie von manchen Stellen behauptet, eine leere Phrase.


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