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Vorne, hinten, drauf, vorbei?

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Schrot- und Kugelfüchse:
Eine Katze, heißt es, hat sieben Leben. Da kann der Fuchs leicht mithalten. Bestimmt ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie Reineke am Anschuss nicht fanden, obwohl er „hundertprozentig im Feuer lag“. Woran erkennt man, dass der Rotrock wirklich verendet ist? Und gibt es eigentlich Schusszeichen?

 

Von Julia Numßen

Meine Foxterrierhündin „Emma“ gibt giftig Laut. Fuchs? Ich entsichere meine Flinte, taste mit dem Zeigefinger nach dem Abzug. Plötzlich schießt ein roter Blitz aus der Röhre. Ich schwinge mit. Der erste Schuss ist raus, Reineke zeichnet überhaupt nicht. Zweiter Schuss – erwischt, der rote Freibeuter rolliert, die Läufe zeigen gen Himmel. „Emma“ kommt aus der Röhre, stürzt sich auf den Fuchs, beutelt ihn.

Aber ist er wirklich in den ewigen Jagdgründen? Langsam gehe ich auf Fuchs und Hund zu – wie war das noch? Wenn das Waidloch offen ist, ist er verendet, oder? „Emma“ lässt ab, der Fuchs liegt bewegungslos auf der Seite, die Lunte gibt das Waidloch frei. Es ist offen. Ein todsicheres Zeichen. Doch oft genug erlebt man mit dem vermeintlich verendeten roten Freibeuter seine Überraschung: Der geschossene Fuchs ist plötzlich „auferstanden“ und macht sich aus dem Staub. Wenn Reineke also noch zittert oder zuckt, sollte man ihm sofort einen Fangschuss geben – sofern weder Hund noch eventuelle Nachbarschützen gefährdet werden. Sonst einen stärkeren Ast nehmen und dem Fuchs damit auf den sehr empfindlichen Fangrücken oder die Drossel schlagen. Sicher ist sicher. Denn bei manchen Streifschüssen mit Schrot, beispielsweise am Kopf, „haut“ es den Fuchs zwar um, aber er erholt sich ziemlich schnell, sofern der Jagdhund ihn nicht vorher packt.

Anschussvarianten und ihre Indikatoren bei Schrot…

Jetzt zu den Schusszeichen bei Reineke, auch wenn hier natürlich die Ausnahme die Regel bestätigt. Beispiel Baujagd: Bricht der flüchtige Fuchs in der Schrotgarbe zusammen oder rolliert, rafft sich dann aber wieder auf und geht hochflüchtig ab, hat man ihn meist vorne erwischt. Unbedingt noch nachschießen. Wenn er dann noch nicht liegt, und die Mitjäger ebenfalls kein Waidmannsheil hatten, einen raubwildscharfen Verlorenbringer schnallen – falls dabei. Schwenkt der Fuchs allerdings nach dem Schuss mehrmals seine Standarte im Kreis herum, wie zum Gruß, muss man davon ausgehen, gefehlt zu haben. Ruckt Reineke aber merklich mit den Hinterläufen zusammen, setzt seine rasante Flucht trotzdem weiter fort, haben Sie ihn vermutlich hinten auf den Keulen oder am Rückgrat erwischt. Auch hier den raubwildscharfen Jagdhund schnallen, der den Roten im besten Fall abtut und bringt, bevor er in die nächste Röhre einschliefen kann. Sollte ihm aber genau das gelingen, muss man nicht gleich die Hoffnung aufgeben. Manchmal hat er Schrote „weich“ bekommen und dann findet man den Fuchs am nächsten Tag verendet in der Röhre liegend oder sogar eingerollt davor.

Die Schockwirkung der Schrote ist beim breit schnürenden Fuchs am höchsten. Möglichst also nicht spitz von hinten oder vorn beschießen, weil man leider schnell daneben liegt – die Trefferfläche ist einfach zu klein. Hinzu kommt, dass beim Schuss auf den spitz heranschnürenden Rotrock Brust und Schädel wie ein Schild wirken. Die Schrote „schocken“ nicht, prallen ab oder dringen nicht tief genug ein, um den Fuchs tödlich zu verletzen.

Hat Reineke Schrote in der Lunge, ist er anfangs davon unbeeindruckt. Doch nach ein paar hundert Metern wird ihm die Luft ausgehen, und er verendet. Deshalb: Immer den Anschuss prüfen und den Hund zur Kontrolle suchen lassen – auch wenn es im ersten Moment so aussieht, als hätten Sie gefehlt.

…und bei Kugeln

Das Anschuss-Kontrollieren gilt natürlich auch für den Kugel-Fuchs. Wird Reineke auf dem Knochen von Keule, Hinterlauf oder Leib getroffen, fährt er oft keckernd herum, und beißt sich in die entsprechende Stelle. Sofort einen Fangschuss anbringen. Aber auch das gibt’s: Sie sind gut abgekommen, der Rote Freibeuter überschlägt sich und schnürt trotzdem weiter vorwärts. Wenn er dabei seinen Kopf über den Boden schiebt und die Standarte senkrecht gen Himmel streckt, sind das die letzten, sich aufbäumenden Kräfte. Der Fuchs wird auf den nächsten hundert Schritt verenden – das zumindest schreibt Carl Emil Diezel in seinem Buch „Niederjagd“. Er sagt aber auch, dass man, sofern man sich nicht sicher ist, unbedingt einen Fangschuss antragen sollte.

Wenn der Rotrock gekrellt ist, bricht er oft vielversprechend im Schuss zusammen, um sich Sekunden später wieder aufzurappeln. Genau das passierte mir einmal in einer Mond-Schneenacht: Ich fasste Reineke zu hoch. Und als ich durch das Zielfernglas sah, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen: Der Rote rutschte auf seinem Hinterteil durch den Schnee. Ich war perplex, nervös, repetierte, schoss – vorbei. Dann verschwand er hinter einer Kuppe. Später ging ich zum Anschuss, fand dort Rückenhaar und folgte der „Rutschspur“. Nirgends Schweiß. Hinter der Kuppe sah ich in der Neuen, dass er wieder „normal“ weitergeschnürt war und alle vier Branten gleichmäßig aufsetzte. Ihm fehlte, außer einem Stück Balg, nichts.

Das beste Zeichen für einen Teffer mitten ins Leben von Reineke ist, wenn er schnell und lautlos zusammensinkt. Dabei zuckt der im Feuer verendende Fuchs meist noch ein letztes Mal mit der Lunte.

Meine Foxterrierhündin „Emma“ steht stolz an ihrem ersten, gesprengten Fuchs – übrigens: Reineke steckt gar nicht so oft „unter Tage“, wie mancher Jäger vermutet. Es wird angenommen, dass er im Laufe eines Jahres weniger als 100 Tage im Bau ist, also noch nicht einmal jeden dritten Tag. Aber heute war er zu Hause. Zufrieden schultere ich die Flinte, nehme den Fuchs auf und gehe mit „Emma“ zurück zum Auto.

 

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