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285 JVG – Schäden an Freizeitgrundstücken

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285 JVG – Nur verminderter Ersatz, Schäden an Freizeitgrundstücken

285 JVG
Aus einem Wildgehege war Rotwild ausgebrochen. Es zog auf ein zu Freizeitzwecken genutztes Grundstück und verbiss einige Bäume. Der Grundstückseigentümer verlangte Schadensersatz vom Tierhalter. FOTO: BURKHARD STÖCKER

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
„Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder … verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ § 833 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch „Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen … Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger (Geschädigte) statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.“ § 249 Bürgerliches Gesetzbuch „Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist.“ § 251 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch

II. Der Sachverhalt
Auf einem im Außenbereich gelegenen, zu Freizeitzwecken genutzten Grundstück entstand erheblicher Schaden durch Rotwild, das aus einem angrenzenden Wildgehege ausgebrochen war. Das Landgericht hatte den Tierhalter zum Ersatz verurteilt und folgende Schäden anerkannt: Für die Zerstörung von zehn Obstbäumen: 2 293 Euro,  für die Beschädigung weiterer Obstbäume: 1 186 Euro, für die Beschädigung/Zerstörung einer Zierkirsche: 355 Euro; drei Thujabäumen: 501 Euro und einer Fichtenhecke: 2 650 Euro. Für die Beseitigung der Rasenschäden: 875 Euro und für die Entfernung von Reisig: 835 Euro, insgesamt 8 695 Euro. Zur Ermittlung dieser Beträge hat der vom Gericht zugezogene Sachverständige die „Bewertungsmethode Koch“ angewandt (dargestellt in Versicherungsrecht 1969, S. 17 und 1970, S. 709). Für die  Wertermittlung wurden die Kosten für die Anpflanzung junger Bäume und Gehölze unter Berücksichtigung der zukünftigen Pflegekosten in Ansatz gebracht. Die hiergegen eingelegte Berufung des Tierhalters hatte weitgehend Erfolg.

III. Das Urteil
Das Oberlandesgericht verminderte den zu ersetzenden Schaden auf geschätzte 2 000 Euro. Zur Begründung führte es aus, dass bei einem im Außenbereich  gelegenen und zu Freizeitzwecken genutzten Grundstück zur Ermittlung des Schadens nicht allein auf eine schematische Berücksichtigung der Anschaffungs-, Anpflanz- und Pflegekosten der  Einzubringenden Jungpflanzen abzustellen sei. Vielmehr komme es in Anknüpfung an den Kastanienbaumfall des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13.5.1975, abgedruckt in NJW 1975, 2061) darauf an, welche Wertminderung das Grundstück durch die Beschädigung tatsächlich erfahren habe. Hierbei sei schadensmindernd zu berücksichtigen, dass das Grundstück von seinem Zweck und seiner Werthaltigkeit nicht mit einem Grundstück in einem Wohngebiet zu vergleichen sei. Der Ertrag der Obstbäume spiele für die Bewertung des Schadens keine erhebliche Rolle und könne daher vernachlässigt werden. Auch die Kosten für eine Neueinpflanzung des Rasens seien nicht zu berücksichtigen, da ein  wirtschaftlich vernünftig denkender Eigentümer hierfür bei einem in freier Natur gelegenen Freizeitgrundstück im Zweifel keine Mittel aufbringen würde. Eine Neuanpflanzung der Fichtenhecke scheine aufgrund der konkreten Lage des Grundstücks nicht angezeigt, die Kosten für die Reisigbeseitigung seien nicht sachgerecht. Übrig bleibe letztlich im Wesentlichen nur die teilweise Zerstörung und Beschädigung der Obstbäume. Diesen Schaden bewerte das Gericht nach freier Überzeugung gemäß § 287 Zivilprozessordnung mit 2 000 Euro. Oberlandesgericht  Koblenz, Urteil vom 10.9.2004 – 10 U 1321/03 –

IV. Anmerkungen
Das Urteil betrifft die Schadensberechnung bei Grundstücken, die zu Freizeitzwecken genutzt werden und im Außenbereich liegen. Es handelt sich nicht um einen Fall des Wildschadensersatzes, sondern um einen der Tierhalterhaftung, da das Rotwild aus einem Gehege ausgebrochen ist.
• Die Schadensberechnung dürfte aber auch für das Wildschadensersatzrecht von erheblicher Bedeutung sein, wobei hier allerdings noch § 32 Abs. 2 BJG zu beachten wäre. Danach sind Schäden an Obstbäumen, Zierpflanzen und ähnlichen nur bei Errichtung der üblichen Schutzvorrichtungen zu ersetzen.
• Im angesprochenen Kastanienbaumfall des Bundesgerichtshofs ging es um den Ersatz für einen auf einem Mittelstreifen einer Straße stehenden, 40jährigen Kastanienbaum, der nach seiner Zerstörung durch einen fünfjährigen Baum ersetzt wurde. Das Land verlangte neben den Aufwendungen für das Anpflanzen (420 DM) zusätzlich einen Wertausgleich von 3 260 DM („jung für alt“).
• Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist nicht für die Zerstörung des Baumes Ersatz zu leisten, sondern für die Beschädigung des Grundstücks, dessen wesentlicher  Bestandteil er war. Entscheidend ist deshalb die Differenz zwischen dem Wert des Grundstücks vor der Beschädigung (mit dem alten Baum) und dem Wert danach (mit dem jungen Baum). Auf den Wiederbeschaffungswert eines alten Baumes komme es daher ebenso wenig an wie auf die Differenz zwischen dem Wert des alten und dem des jungen Baumes. Hinweis: Wer in seinem Pachtvertrag darauf geachtet hat, dass nur Wildschäden an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken zu ersetzen sind, ist fein raus. Denn Schäden an Freizeitgrundstücken fallen dann nicht unter die Ersatzpflicht, auch nicht Schäden an Sportanlagen, Golfplätzen und anderen Nutzungsflächen. Darauf sollte jeder Pächter achten.

V. Ergebnis
1. Bei Schäden an einem zu Freizeitzwecken genutzten Grundstück ist nach diesen Urteilen grundsätzlich nicht der Wert für die Beschädigungen und Zerstörungen der  einzelnen Pflanzen zu ersetzen, sondern der Betrag, um den das Grundstück dadurch tatsächlich in seinem Gesamtwert gesunken ist. 2. Hierbei ist schadensmindernd zu berücksichtigen, dass das Grundstück im Außenbereich liegt und daher nach seinem Zweck und seiner Werthaltigkeit nicht mit einem Grundstück in einem Wohngebiet zu vergleichen ist.


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