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364 JVG – Rotwein kostete Jagdschein

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364 JVG – Rotwein kostete Jagdschein NULL PROMILLE FÜR JÄGER

Mark G. v. Pückler

364 JVG

I . Die Rechtsgrundlage

1. „Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgerecht umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.“ § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG

2. „Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er mindestens 0,25 mg/l (Milligramm pro Liter) Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut … hat.“ § 24a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz

3. „Eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.“ § 45 Abs. 2 WaffG

II. Der Sachverhalt

Nach dem Genuss alkoholischer Getränke fuhr Jäger J. in den nahe gelegenen Wald und erlegte von einem Hochsitz aus einen Rehbock. Kurz darauf ging bei der Polizei die Meldung ein, dass „im Wald geschossen werde“ und „Kindergeschrei“ zu hören sei. Bei dem dadurch ausgelösten Polizeieinsatz wurde im Wald eine Person angetroffen, die gegenüber der Polizei angab, wegen eines „dicht an ihr vorbeigeflogenen Geschosses permanentes Ohrenpfeifen“ zu haben. Sie stellte Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Das Verfahren endete später mit einem Freispruch für den Jäger.

Auf der Rückfahrt vom Wald wurde der Jäger dann von der Polizei angehalten und musste „blasen“. Hierbei wurde bei ihm eine vorläufige Atemluft-Alkoholkonzentration von 0,47 mg/l festgestellt, ein anschließend auf der Wache durchgeführter „gerichtsfester“ Alkoholtest ergab 0,39 mg/l. Daraufhin widerrief die zuständige Waffenbehörde seine Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit.

J. ging vor Gericht. Er machte geltend, dass er lediglich zwei Viertel Rotwein und einen Wodka (30 ml) getrunken habe. Zu keinem Zeitpunkt habe es eine Gefahrensituation gegeben, er habe weder Ausfallerscheinungen gehabt noch sei er leichtfertig mit seiner Waffe umgegangen. Seit vielen Jahren sei er bereits Jäger, ohne dass es jemals zu Beanstandungen gekommen sei.

III. Das Urteil

1. Das Oberverwaltungsgericht

Vor dem OVG hatte J. keinen Erfolg. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht wiesen seine Klage ab, weil er unzuverlässig sei.

Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Waffenbesitzkarte zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Vorliegend

seien solche Tatsachen gegeben. Denn J. habe eine Waffe geführt und mit ihr im der Allgemeinheit zugänglichen Wald geschossen, nachdem er Alkohol in einer Menge getrunken habe, die typischerweise „verhaltensbeeinflussend“ wirke. Mögliche Folgen hiervon seien Enthemmung, erhöhte Risikobereitschaft und verminderte Reaktionsfähigkeit. Dies sei wissenschaftlich belegt und gelte generell, weshalb es für den Straßenverkehr zur Gefahrenabwehr allgemeingültige Alkoholgrenzwerte gebe.

Der Umgang mit Waffen gehöre ebenso wie der Straßenverkehr zu den Lebensbereichen, die wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit eine uneingeschränkte Sorgfalt, Aufmerksamkeit und Umsicht erforderten. Der Genuss alkoholischer Getränke, die über die Grenzwerte des § 24a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz hinausgingen, begründe daher beim Umgang mit Waffen oder Munition wegen eines herabgesetzten Sicherheitsdenkens die Unzuverlässigkeit des Betroffenen.

Unerheblich sei, ob im konkreten Fall eine solche Verhaltensbeeinträchtigung vorgelegen habe, das heißt ob es auch bei J. zu alkoholbedingten Auffälligkeiten oder einem Fehlverhalten gekommen sei. Denn entscheidend sei allein, dass er die Waffe in diesem Zustand geführt und mit ihr geschossen habe. Damit habe er eine im Allgemeinen gefährliche Handlung begangen, sodass ein unvorsichtiger Waffenumgang gegeben sei.

Die erhebliche Alkoholkonzentration sei eine Tatsache, die die Annahme rechtfertige, dass J. auch in Zukunft mit Waffen oder Munition nicht ordnungsgemäß umgehen werde. Diese Prognose erfordere nicht, dass künftig ein weiteres Fehlverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgen werde. Vielmehr genüge es, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine „gewisse Wahrscheinlichkeit“ für ein weiteres Fehlverhalten vorliege. Das sei hier der Fall, weil J. in Kenntnis seines erheblichen Alkoholgenusses seine Waffe geführt und mit ihr im Revier geschossen habe. Es sei nicht zu erkennen, dass er im Nachhinein sein Fehlverhalten eingesehen und bedauert habe. Dass er als Jäger seit Jahrzehnten ohne Beanstandung mit Waffen umgegangen sei, vermag ihn nicht zu entlasten, weil dieser Umstand ihn auch nicht vor dem hier gegebenen unvorsichtigen Waffenumgang abgehalten habe.

Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil v. 28.2.2013 – 20A 2430/11 –

2. Das Bundesverwaltungsgericht

Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22.10.14 – 6 C 30.13 – die Revision des Jägers zurückgewiesen.

In der hierzu ergangenen Pressemitteilung des Gerichts heißt es, dass nur derjenige mit Schusswaffen „vorsichtig und sachgemäß“ umgehe, der sie „ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu erleiden“, die zu Gefährdungen Dritter führen können.

Wer ein Alkoholrisiko eingeht, ist selbst dann unzuverlässig, wenn es tatsächlich zu keinerlei Gefährdungen gekommen ist. Dass der Jäger im obigen Fall trotz alkoholbedingter Risiken von der Waffe Gebrauch gemacht habe, rechtfertige die Prognose, dass er auch zukünftig mit Waffen und Munition nicht sachgerecht umgehen werde.

IV. Ergebnis

1. Ab sofort gilt für Jäger die Null-Promille-Grenze beim Jagen mit der Schusswaffe, andernfalls liegt Unzuverlässigkeit vor.

2. Die Folgen sind Widerruf der Waffenbesitzkarte, Abgabe der Waffen, Einziehung des Jagdscheins, Erlöschen des Jagdpachtvertrages sowie eventuell Schadensersatz an den Verpächter. Für wahr, ein teurer Rotwein!

3. Zu den Folgen einer Trunkenheitsfahrt siehe ergänzend WuH 11/2010, S. 88; zu Alkoholabhängigkeit und Trunksucht WuH 16/2010, S. 96.


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