Jeder sucht sie, keiner hat sie – die optimale Rehwildpatrone mit Rand. Oder doch? Wie wäre es mit der 6x50R Scheiring.
Die 6 x 50R Scheiring mit vier verschiedenen Geschossen (v.l.): 4,5 g-Hornady TM, 4,9 g-Barnes-X, 5,8 g-Speer TM, 6,5 g-Nosler Partition. |
Von Heiko Raymann
Gute Augenblickswirkung, rasant und rückstoßarm – wer würde sich das nicht von seiner Rehwildpatrone wünschen? In den 50er und 60er Jahren kamen daher die 5,6 mm-Kaliber, wie die .222 Remington (Mag.), 5,6×57(R) oder 5,6×50(R) auf. Letztere wurde 1968 von DWM entwickelt.
Die rasante 5,6x50R hatte wie die anderen hochrasanten kleinen Flitzer aber neben der ausgezeichneten Augenblickswirkung leider auch ihre Schattenseiten: Die leichten Geschosse (3,2 bis 3,4 g) verursachten ausgedehnte Hämatome. Diese unerwünschte Begleiterscheinung versuchte man durch schwerere Geschosse und die dadurch verringerte Geschossgeschwindigkeit zu vermeiden.
Geschossgewichte
Allerdings waren die meisten Waffen mit einem Drall versehen, der die Verwendung von schwereren Geschossen als 3,6 g bei gleichzeitig guter Präzision nicht zuließ. Darum werden neue Waffen und Einsteckläufe auch mit kurzer Drallänge angeboten, die auch für den Einsatz schwerer Geschosse geeignet sind.
Auf die Vorteile der 5,6x50R zurückgreifen und deren Nachteile vermeiden – das dachte sich wohl auch Herbert Scheiring, der die nach ihm benannte 6x50R Scheiring aus der kleinen Randpatrone entwickelte. Der Ferlacher Büchsenmacher vergrößerte einfach das Kaliber auf 6 mm (.243) und verkürzte den Hülsenkörper um etwa 0,3 mm, um versehentliches Verladen der Ausgangspatrone auszuschließen.
Durch die kleine Hülse und den Einsatz relativ schwerer Geschosse von 4,5 bis 6,5 g Gewicht erreicht sie Geschwindigkeiten im mittleren Bereich, ähnlich der alten und immer noch beliebten 5,6x52R (v0 = 770 bis 875 m/s). Dadurch werden die hässlichen Hämatome wie bei den kleinen schnellen 5,6er-Patronen vermieden. (Geschwindigkeiten von v0 = 900 bis 1000 m/s sind möglich.)
Die Geschosse haben durch ihr höheres Gewicht im Vergleich zu den 5,6 mm-Patronen auch bei ungünstig sitzenden Treffern auf Rehwild genügend Tiefenwirkung mit Ausschuss für eine sichere Schweißfährte.
Scheiring entwickelte die Patrone für leichte Kipplaufbüchsen oder kombinierte Waffen. In Österreich hat sie sich auch auf Gams und schwaches Hochwild gut bewährt. Hier in Deutschland darf sie nur auf Rehwild eingesetzt werden. Fabrikpatronen sind im Fachhandel erhältlich.
Umrüstung
Ältere Waffen können einfach auf dieses Kaliber umgearbeitet werden. Ich habe z. B. eine alte Schonzeit-BBF im Kaliber .22 Hornet bei Fritz Schilling in Suhl aufarbeiten lassen (ca. 700 DM). Man erhält zur Hälfte der Kosten eines neuen Laufes eine erstklassige Rehwildwaffe.
Die kleine 6 mm-Patrone hat sich inzwischen sehr gut bewährt. Das bekam als erstes ein Fuchs zu spüren, der ein Stoppelfeld absuchte und absolut nicht näher kommen wollte. Die kleine Kugel ließ ihn auf über 200 Meter im Knall verenden. Inzwischen weist meine Bilanz zehn Füchse und zwölf Stück Rehwild auf, erlegt auf Entfernungen zwischen 40 und 230 Metern, sowie einige Hasen und Kaninchen.
Meistens setze ich das 4,9 g- Barnes-X-Geschoß ein. Wer für kleine Ausschüsse und geringe Wildbretentwertung manchmal eine kurze Todesflucht in Kauf nimmt, ist mit diesem Projektil bestens bedient. Selbst die Bälge der Winterfüchse bleiben unversehrt.
Beim Kleinwild probierte ich ein Vollmantelgeschoß aus. Allerdings sollte man sich damit auf Kaninchen beschränken; denn bei Hasen und Füchsen ist die Wirkung unzuverlässig – hier ist ein guter Hund vonnöten. Obwohl das 4,9 g-Geschoß eigentlich für alle Zwecke völlig ausreicht, könnte man z. B. mit dem 6,2 g-KS oder dem 6,5 g-Nosler noch mehr Leistung aus der kleinen Patrone herausholen; denn die 6x50R ist mit einem zulässigen Gebrauchsgasdruck von 3900 bar ein „heißer Ofen“. Die von mir verwendeteten Laborierungen liegen jedoch alle im Gasdruckbereich um 3000 bar.
Insgesamt gesehen ist die 6x50R eine sehr interessante Bereicherung des Angebots an Rehwildpatronen. Sie würde es verdienen, eine größere Verbreitung zu finden.