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Was darf ich, was nicht?

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Viele Jäger in Deutschland beschäftigt die Waffengesetz-Novelle, denn sie erlaubt eine neue Technik für die Jagd. Es wird spekuliert, interpretiert und gemutmaßt. Doch was ist tatsächlich wo erlaubt, und was bleibt verboten? Bernd Helbach hat recherchiert.

Die Freigabe der Nachtsichtechnik beschränkt sich nur auf die Schwarzwildjagd, um der ASP-Ausbreitung entgegenzuwirken.
Foto: Michael Breuer

Um grundsätzlich Licht ins Dunkel zu bekommen, müssen zunächst die waffen­rechtliche und die jagdrechtliche Situation unterschieden werden. Danach ist zwischen dem Bundes- und den Landesjagdgesetzen zu differenzieren.

Nach dem Waffengesetz sind Nachtsichtvor- und -aufsatzgeräte immer noch verboten – genauso wie es reine Nachtzielgeräte sind. Jedoch genießen nach dem neu formulierten und am 20. Februar 2020 in Kraft getretenen § 40 Absatz 3 Satz 4 WaffG alle Jäger und Händler in ganz Deutschland eine generelle Erlaubnis und können mit den Produkten umgehen. Umgang bedeutet im waffenrechtlichen Sinne, sie dürfen sie besitzen, erwerben, überlassen, führen, mitnehmen und verwenden.

Bei den für Jäger erlaubten Vor- und Aufsatzgeräten werden sogenannte Single-use-Geräte, die rein zur Befestigung an Zielfernrohren hergestellt wurden, und Dual-use-Geräte, die sich sowohl am Zielfernrohr einsetzen lassen als auch zum Beobachten oder zum Einsatz an Kameras geeignet sind, unterschieden. Letztere waren und sind aufgrund ihrer Zweifachnutzung ohnehin erlaubt, durften vorher aber nicht an der Waffe montiert werden. Die verwendete Technik, ob Restlichtverstärker oder Wärmebild, ist dabei egal, denn beide Versionen sind gestattet. Bei den Geräten gibt es aber eine empfindliche ­Tretmine! Manche Modelle haben einen integrierten IR-Aufheller. Wird ein solches an einem Zielfernrohr befestigt, liegt laut Waffenrecht eine Straftat vor, die zum Versagen der Zuverlässigkeit und zum Verlust des Jagdscheines führt. An einer Beobachtungsoptik ist solch ein Gerät kein Problem, am Zielfernrohr schon. Soweit das Waffengesetz, welches auf Bundesebene gilt und nur den Umgang, nicht aber die Jagd regelt.

Auch nach § 19 Bundesjagdgesetz Abschnitt 1 Nr. 5 a ist es weiterhin verboten, mit Nachtsichtvor- und -aufsatzgeräten Wild nachzustellen. Hier liegt der Hase im zweiten Abschnitt des § 19 im Pfeffer, denn dieser besagt, dass Länder die Vorschriften des Absatzes 1 erweitern oder aus besonderen Gründen einschränken dürfen. Somit kann der jagdliche Einsatz der Nachtsichtvor- und -aufsatzgeräte auf Länderebene geregelt werden.

Die Hälfte der Bundesländer hat den Einsatz von Nachtsichttechnik bei der Schwarzwildjagd erlaubt. (Stand: 10. Juli 2020)
Foto: Claudia Westermann

Die Länder Baden-Württemberg, Saarland, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-­Anhalt und Sachsen haben bereits den Einsatz erlaubt. Sie sehen im Rahmen der ASP-Wildseuchenbekämpfung die Voraussetzung erfüllt, das sachliche Verbot im Landesjagdgesetz einzuschränken. Ihre Begründung ist, dass mit der Nachtsichttechnik präventiv der Schwarzwildbestand reduziert werden kann, und es das Virus somit schwerer hat, sich auszubreiten. Dementsprechend wurde das jeweilige Landesjagdgesetz verändert und gilt bis auf Widerruf auch nur für die Jagd auf Schwarzwild.

Bayern hingegen geht bei der Umsetzung einen eigenen Weg und einen Schritt weiter. Es hat nicht das Landesjagdgesetz geändert, sondern durch Erlass des Bayerischen Landwirtschafts- und Innenministeriums das Verbot nach § 19 Bundesjagdgesetz Absatz 1 Nr. 5 a in Bezug auf Nachtsichtvor- und -aufsätze eingeschränkt – natürlich auch nur für die Schwarzwildjagd. Allerdings wird in diesem Erlass der Einsatz von IR-Aufhellern auch in Verbindung mit der Jagdlangwaffe erlaubt, was der Ansicht des BKAs widerspricht. „Hier wird ein Punkt offensichtlich: Der Bund gibt zwar Nachtsichttechnik zur Jagd frei, aber nicht in der Form, in der sie am besten funktioniert. Bayern hat sich über diese Inkonsequenz des Bundes hinweggesetzt, aber dadurch ist ein rechtliches Wirrwarr entstanden, das Otto Normaljäger ohne juristische Kenntnisse kaum überblicken kann. Hier muss jeder im Vorfeld von Jagd­reisen auch innerhalb Deutschlands genau recherchieren, um sich vor eventuellen Konsequenzen zu schützen“, sagt Rechtsanwalt Frank Göpper vom Forum Waffenrecht. „Wünschenswert wäre eine bundeseinheitliche Regelung, die den Jägern ermöglicht, die bestmögliche, aktuelle Technik zu verwenden.“

Bisher ist es nur in Bayern gestattet, IR-Aufheller mit der Waffe zu verbinden. In anderen Ländern nicht!
Foto: Wolfram Osgyan

Zwei Dinge werden beim Umgang mit den erlaubten Nachtsichtvor- und -aufsatzgeräten ebenfalls diskutiert: Müssen sie in die WBK eingetragen werden, und wie sind sie auf­zubewahren? Nach Aussage des Bundesministeriums des Inneren handelt es sich bei den Geräten nicht um erlaubnispflichtige Gegenstände. D. h. sie müssen nicht vorher beantragt oder auf der WBK eingetragen werden. Dementsprechend ist es nicht zwingend erforderlich, sie in einem ­Waffentresor ­unterzubringen. Bei den durchschnittlich ­veranschlagten Preisen sind sie dort jedoch sicherer auf­gehoben als bei den Socken.

Einfach zusammengefasst:

• Alle Jäger in Deutschland dürfen nach dem Waffen-­­
gesetz erlaubte Nachtsichtvor- und -aufsätze erwerben
– egal ob Restlichtverstärker oder Wärmebild.

• Die Geräte dürfen auf Schießständen eingeschossen
werden. Dies gilt auch in den Bundesländern, welche
die Nachtzieltechnik für die Jagd noch nicht freige-
geben haben.

• Im Sonderfall Bayern ist es zudem erlaubt, Nachtsicht-
vor- und -aufsatzgeräte mit integriertem Aufheller an
Zielfernrohren zu verwenden und IR-Aufheller mit der
Waffe zu verbinden.

• Jagen dürfen die Waidmänner erst damit, wenn es am
Ort der Jagd – also dort, wo sie auf Jagdeinladung,
mit Begehungsschein oder im eigenem Revier jagen –
im Landesjagdgesetz, durch Allgemeinverfügung oder
auf dem Erlassweg erlaubt wurde.

• Mit Nachtsichtvor- und -aufsätzen darf nur auf
Schwarz­wild gejagt werden.

• Nachtsichtvor- und -aufsatzgeräte müssen nicht in
die WBK eingetragen und auch nicht zwingend in
einem Waffenschrank aufbewahrt werden.

Auswahl der betreffenden Gesetze (Stand: 1. Juli 2020)

Waffengesetz (WaffG)
§ 2 Grundsätze des Umgangs mit Waffen oder Munition, Waffenliste

(3) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, ist verboten.

Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4) Waffenliste
Abschnitt 1:
Verbotene Waffen
Der Umgang mit folgenden Waffen und Munition ist
verboten:

Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 nach den Nummern 1.2.1 bis 1.2.3 und deren Zubehör nach Nummer 1.2.4, die für Schusswaffen bestimmte
1.2.4.1 Vorrichtungen sind, die das Ziel beleuchten (z. B. Zielscheinwerfer) oder markieren (z. B. Laser oder Zielpunktprojektoren);
1.2.4.2 Nachtsichtgeräte und Nachtzielgeräte mit Montagevorrichtung für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre) sind, sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen;

§ 40 Verbotene Waffen
(3) … Inhaber eines gültigen Jagdscheins im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes dürfen abweichend von § 2 Absatz 3 für jagdliche Zwecke Umgang mit Nachtsichtvorsätzen und Nachtsichtaufsätzen nach Anlage 2
Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 haben.

Bundesjagdgesetz
§ 19 Sachliche Verbote
(1) Verboten ist

5. a) künstliche Lichtquellen, Spiegel, Vorrichtungen zum
Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schußwaffen bestimmt sind, Tonbandgeräte oder elektrische Schläge erteilende Geräte beim Fang oder Erlegen von Wild aller Art zu verwenden oder zu nutzen sowie zur Nachtzeit an Leuchttürmen oder Leuchtfeuern Federwild zu fangen;

(2) Die Länder können die Vorschriften des Absatzes 1 mit Ausnahme der Nummer 16 erweitern oder aus besonderen Gründen einschränken;


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