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Offene Leuchtpunktvisiere – Für flinke Schüsse

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Leuchtpunktvisiere ermöglichen eine schnelle Zielerfassung auf kurze Distanz und bieten optimalen Situationsüberblick. Claudia Elbing und Michael Schmid testeten vier Geräte mit offener Bauweise.

Es geht rund in der tief verschneiten Dickung. Das „Hussassa“ der Treiber mischt sich mit dem giftigen Laut der Hunde. In einer aufstaubenden Schneewolke verlässt der erste Überläufer die schützenden Fichten. Die Büchse fliegt an die Wange, und fast schon intuitiv erfasst die Zielmarke des Leuchtpunkvisiers den Schwarzkittel. Gleichzeitig registrieren die beiden geöffneten Augen den im großen Abstand folgenden Terrier.

Rotpunkt
Foto: Claudia Elbing

Mitschwingen bis ins raume Buchenaltholz – Baum, Sau, Baum, Sau. Auf einer Lücke saugt sich der rote Punkt auf dem Wurf fest, und im Knall pflügt der Überläufer durch den Schnee. Mit dem beengten Tunnelblick eines Zielfernrohrs wäre dieser Schuss wohl kaum zu meistern gewesen. Moderne Leuchtpunktvisiere ermöglichen dagegen schnelles Zielen bei umfassender Übersicht. Da die Geräte ohne Vergrößerung arbeiten, verschmilzt der Blick durch die Optik mit der außerhalb wahrgenommen Umgebung zu einer Gesamtschau. Dabei kann mit beiden Augen gezielt und fast das komplette menschliche Gesichtsfeld genutzt werden. Bauartbedingt unterteilen sich Leuchtpunktvisiere in zwei Gruppen. Bei geschlossener Bauweise sind Optik und Elektronik in einem Tubus oder Gehäuse untergebracht. Diese Geräte sind sehr robust, Sehfeldeinschränkungen müssen durch das Gehäuse und eventuell vorhandene Stelltürme in Kauf genommen werden. Maximale Übersicht gewähren Leuchtpunktvisiere mit offener Bauweise. Der Schütze beobachtet damit das Ziel durch eine Panoramascheibe, in die ein extern erzeugter Leuchtpunkt eingespielt wird. Da im Sockel die Elektronik und Verstellung ihren Platz finden, wird so eine kompakte Konstruktion mit minimalen Sichtbeschränkungen ermöglicht.

Pros und Cons

Das Funktionsprinzip der zündholzschachtelgroßen, offenen Zielhilfen ist einfach: Eine Leuchtdiode (LED) sendet einen mittels Blende scharf abgegrenzten Lichtstrahl in Richtung des Sichtfensters. Der Lichttransfer findet ungeschützt im freien Raum statt. Die nicht vergrößernde Linse ist mit einer einseitig reflektierenden Beschichtung versehen. Auf der dem Schützen zugewandten Seite wird der Lichtstrahl der LED als roter Punkt abgebildet. Im Gegensatz zur klassischen offenen Visierung (Kimme und Korn) reduziert sich die Zielmarke auf eine Bildebene. Der rote Punkt ist parallaxefrei auf kurze Distanzen (30 bis 50 Meter [m]) eingestellt. Fehlschüsse durch Schrägeinblick werden so im jagdlich relevanten Entfernungsbereich vermieden. Das Einschießen erfolgt durch Verstellen des Lichtstrahls. Mithilfe von senkrecht und horizontal auf die Blende wirkenden Schrauben wird der Strahlengang auf die Treffpunktlage einjustiert. Die Steuerung der Leuchtintensität erfolgt unterschiedlich. Die Varianten reichen von vollautomatischer Sensorregelung bis hin zu manuellen Druckschaltern. Für den Einsatz mit Nachtsichtgeräten sind oft Spezialmodi mit besonders schwachen Leuchtstufen verfügbar. Handelsübliche Lithium-Batterien oder Solarmodule liefern die Energie. Um die Lebensdauer der Zellen zu verlängern, verfügen viele Geräte über eine automatische Zeitabschaltung oder einen Schlafmodus.

Die Montage auf der Büchse erfolgt zumeist mit dem „Docter“-Profil. Das Visier wird dabei mit vier Präzisionsstiften fixiert und auf dem Sockel verschraubt. Als Verbindung zur Waffe steht bei dieser Technik von der Picatinny-Schiene bis zur Suhler Einhakmontage alles zur Verfügung. Zunehmend wird auch die auf dem US-Markt gängige „Trijicon RMR“-Basis verwendet. Hier erfolgt, bei etwas kürzerer Bauweise, die Fixierung mit zwei Stiften montiert ausschließlich nur mit einer Weaver- oder Picatinny- Klemmung. Vier Leuchtpunktvisiere standen für den fünfmonatigen Praxistest zur Verfügung. Ins Rennen gingen neben dem Holosun „HS 507C“ das Leica „Tempus Asph. 2.0 MOA“, das Meopta „MeoRed 30“ und das Sightmark „Mini Shot M-Spec FMS“. Die Visiere wurden auf zwei Repetierern im Kaliber 8 x 57 IS und .30-06 Spr. geführt. Die Montage mittels Adapterplatte und das Einschießen gestalteten sich bei allen Geräten problemlos. In Schießkino und Praxis belasteten wir jedes Leuchtpunktvisier mit mindestens 50 Schuss. Probleme in puncto Schussfestigkeit traten dabei nicht auf. Vor der Reviererprobung standen zwei Versuche auf dem Programm. Ausgestattet mit packungsfrischen Batterien wanderten die Visiere für vier Stunden bei -18 °Celsius (°C) in die Gefriertruhe. Danach ging es für 15 Minuten unter die Dusche. In beiden Fällen waren keine Schäden zu beklagen. Im Testzeitraum wurden die Leuchtpunkte so oft als möglich aktiviert. Die so erreichte Nutzungsdauer überstieg normale, jagdpraktische Betriebszeiten um ein Vielfaches. Trotzdem war bei keinem Visier ein Batteriewechsel erforderlich.

 

♦♦♦♦sehr gut ♦♦♦gut ♦♦mittel ♦schlecht

Holosun „HS 507C”

Zielmarke/Absehen: ♦♦♦♦

Die über das Solarmodul gesteuerte Leuchtpunktautomatik passt sich schnell und angemessen an die Umgebungshelligkeit an. Zehn Tag- und zwei Nachtstufen bietet die alternative manuelle Regelung. Die drei wählbaren Absehen (Punkt, Kreis, Kreis/Punkt) sind schießpraktisch von Vorteil. Die roten Zielmarken sind in der Abbildung scharf abgegrenzt. Mit einer Abdeckung von 5,8 cm/100 m ist der Leuchtpunkt auf nahe bis mittlere Schussentfernungen ausgelegt.

Holo Sun
Bei der Energieversorgung kommt zusätzlich ein Solarmodul zum Einsatz.

Optische Leistung: ♦♦

Die Bildwiedergabe hat einen leichten Grünstich, ist aber sonst scharf und kontrastreich. Grelles Gegenlicht quittiert das Holosun mit störenden Reflexionen. Minimale Parallaxefehler waren bei Entfernungen über 50 m feststellbar. Einschränkungen des Sehfeldes ergeben sich aus der vergleichsweise kleinen Linse und dem kräftig dimensionierten Schutzbügel. Durchblick und Umgebung verschmelzen ohne Bildversatz zu einer Gesamtschau.

 

Handling: ♦♦

Die Bedienung erfolgt über zwei linksseitig positionierte, sehr kleine Drucktaster. Ein kurzer Tipp auf „+“ oder „-“, und der Basismodus ist aktiviert. Hier greift neben der automatischen Leuchtpunktregelung ein Sensor, der das Gerät nach zehn bewegungslosen Minuten in einen stromsparenden Modus versetzt. Ein kleiner Ruck genügt, und die Zielmarke ist wieder aktiv. Der manuelle Modus wird über Tasten-/Zeitkombinationen gesteuert. Die Leuchtpunktjustage erfolgt mittels Kombiwerkzeug über zwei selbstsichernde Stellschrauben. Die Klicks sind gut spür- und hörbar. Für den Batteriewechsel muss das Gerät umständlich vom Sockel abgeschraubt werden. Zum Abnehmen des Batteriedeckels dient ebenfalls das Kombiwerkzeug. Ein Solarmodul ergänzt die Stromversorgung. Das Gerät ist mangels Haube Stößen und Witterung ungeschützt ausgesetzt. Tropfwasser bleibt auf der Linse haften und hinterlässt störende Flecken.

 

Montage:♦♦♦

Als einziges Testgerät arbeitet das Holosun mit der „Trijicon RMR“-Basis. Der Sockel inklusive Picatinny-Montage ist im Lieferumfang enthalten und spart somit Kosten. Die Klemmung wird mittels Schraubendreher und Torx-Schraube fixiert, ein schneller Optikwechsel scheidet damit aus. Die Montage und die beim Batteriewechsel zu lösende Verbindung zur Basisplatte bewährten sich im Test als wechselpräzise.

 

Preis/Leistung: ♦♦♦

 

Kommentar: Das Holosun „HS 507C“ beeindruckte im Test als vielseitiges Leuchtpunktvisier mit innovativer Solartechnik, zwei Betriebsmodi und Wechselabsehen. Filigrane Drucktaster und die fehlende Schutzhaube schränken die Praxistauglichkeit ein.

 

Gesamtnote: 14 von 20 Punkten

♦♦♦♦sehr gut ♦♦♦gut ♦♦mittel ♦schlecht

Leica „Tempus Asph. 2.0 MOA”

Zielmarke/Absehen: ♦♦♦

Der ausschließlich manuell gesteuerte Leuchtpunkt verfügt über zwölf gut abgestimmte Intensitätsstufen. Die höchste Einstellung ermöglicht auch bei grellem Sonnenlicht und Schnee eine flinke Zielerfassung. Mit einer Abdeckung von 5,8 cm/ 100 m ist der Leuchtpunkt auf nahe bis mittlere Schussdistanzen ausgelegt. Die Zielmarke ist scharf abgegrenzt.

Leica
Der Batteriewechsel ist dank seitlichem Trägerfach unkompliziert.

Optische Leistung: ♦♦♦♦

Die asphärische Linse bietet ein farbechtes, kontrastreiches und scharfes Bild. Leuchtpunktreflexionen treten nur in extremen Gegenlichtsituationen auf. Die große Panoramascheibe und der schmale Gehäuserahmen verschmelzen ohne Bildversatz mit der Umgebung und ermöglichen eine perfekte Gesamtschau. Im jagdlich relevanten Entfernungsbereich bis 70 m waren keine Parallaxefehler festzustellen.

 

Handling: ♦♦♦♦

Die Bedienung erfolgt über eine seitlich links positionierte Schaltfläche. Ein kurzer Druck auf „+“ oder „-“ aktiviert den Leuchtpunkt. Bleibt man drei Sekunden auf dem Symbol, schaltet das „Tempus“ aus. Alternativ greift nach vier Stunden die automatische Zeitabschaltung. Mit Fingerspitzengefühl ist die Schaltfläche handschuhtauglich. Im Lieferumfang enhalten ist eine praktische Kunststoffschutzhaube. Sie deckt den Lichtstrahl nach oben ab und verbessert so den Einsatz bei Schnee und Regen. Mit Haube ist die Bedienung der Schaltfläche deutlich schwerer. Mittels Inbusschlüssel lässt sich der Leuchtpunkt einfach justieren, die Klicks sind gut spürbar und exakt definiert. Eine zusätzliche Schraube sichert die Einstellung. Dank des seitlich positionierten Batteriefachs muss das „Tempus“ bei einem Wechsel nicht von der Montageplatte abgenommen werden. Zum Öffnen dient ein mitgelieferter Kunststoffhaken. Tropfwasser perlt auf der Linse rückstandsfrei und zuverlässig ab.

 

Montage: ♦♦♦♦

Mit dem „Docter“-Profil sind alle gängigen Montagen möglich. Die im Test verwendete „Eramatic“-Schwenkbasis bewährte sich als wechselpräzise.

 

Preis/Leistung: ♦♦♦

 

Kommentar: Das „Tempus“ punktete im Test als robustes, praxisorientiertes Leuchtpunktvisier mit beeindruckenden optischen Eigenschaften.

 

Gesamtnote: 18 von 20 Punkten

♦♦♦♦sehr gut ♦♦♦gut ♦♦mittel ♦schlecht

Meopta „MeoRed 30”

Zielmarke/Absehen: ♦♦♦

Der Leuchtpunkt ist ausschließlich manuell einstellbar und verfügt wahlweise über einen Tag- oder Nachtmodus. Die Steuerung des jagdpraktisch gut definierten Leuchtspektrums erfolgt stufenlos. Mit einer Abdeckung von 8,73 cm/ 100 m ist die scharf abgegrenzte Zielmarke auf kurze Drück- und Treibjagddistanzen ausgelegt.

meopta
Das kompakte Fliegengewicht verfügt über ein seitliches Batteriefach.

Optische Leistung : ♦♦

Die Bildqualität des „MeoRed 30“ wirkt matt und kontrast- schwach. Auf grelle Gegenlichtsituationen reagiert die Linse mit störenden Reflexionen. Das kleine, oben und unten gebogene Sichtfenster sowie der kräftige Gehäuserahmen schränken die Gesamtschau ein. Im Test waren kein Parallaxefehler (bis 70 m) und kein Bildversatz zwischen Gerätesicht und Umgebung festzustellen.

 

Handling: ♦♦

Der seitlich links angeordnete, handschuhtaugliche Druckknopf dient als Ein- und Ausschalter. Die automatische Zeitabschaltung greift nach drei Stunden. Zur Steuerung der Leuchtintensität verbleibt der Finger auf dem Knopf. Die Helligkeitsskala wird dabei in einer Richtung durchlaufen. Ein Blinken zeigt an, dass die höchste beziehungsweise niedrigste Stufe erricht ist. Aus der tiefsten Einstellung erfolgt der Wechsel in den Nachtmodus. Der Leuchtpunkt verfügt über keine Klickrastung und wird über zwei Stellschrauben stufenlos justiert. Mangels Angaben zur Skalierung erfordert das Einschießen Fingerspitzengefühl und Zeit. Zwei Klemmschrauben sichern die Einstellung. Das seitlich angeordnete Batteriefach ist mit einem verschraubten Deckel verschlossen. Beim Wechsel wird die Knopfzelle an einem schmalen Trägerband herausgezogen. Die „MeoShield“-Beschichtung der Linse verhindert zuverlässig Wasserflecken. Eine fest sitzende, elastische Schutzkappe schützt das Gerät bei Transport und Aufbewahrung.

 

Montage: ♦♦♦♦

Aufgrund des Batteriefachs benötigt das „MeoRed 30“ eine im Lieferumfang enthaltene Adapterplatte zur Herstellung des „Docter“-Profils. Über diesen kleinen Umweg lassen sich alle gängigen Montagesysteme realisieren. Die im Test verwendete ERA-Picatinny-Klemmung bewährte sich als schussfest und wechselpräzise.

 

Preis/Leistung: ♦♦♦

 

Kommentar: Im Test zeigte sich das „MeoRed 30“ als besonders leichtes, funktionales Rotpunktvisier mit Tag- und Nachtmodus. Optische Defizite schränkten den Beobachtungskomfort allerdings ein.

 

Gesamtnote: 14 von 20 Punkten

♦♦♦♦sehr gut ♦♦♦gut ♦♦mittel ♦schlecht

Sightmark „Mini Shot M-Spec FMS”

Zielmarke/Absehen:
 ♦♦♦

Das Sightmark bietet zehn gut gewählte, manuell einstellbare Leuchtstufen – die beiden niedrigsten sind nachtsichttauglich. Mit einer Zielabdeckung von 7,83 cm/100 m ist der Leuchtpunkt bevorzugt auf kurze Schussentfernungen ausgelegt. Die Zielmarke ist ausreichend scharf abgegrenzt.

Sightmark
Das Batteriefach des robusten Visiers liegt gut erreichbar auf der Oberseite.

Optische Leistung:
 ♦♦♦

Die Bildwiedergabe ist farbecht, kontrastreich und scharf. Bei grellem Gegenlicht stören Leuchtpunktreflexionen. Das Panoramafenster bietet ausreichend Beobachtungskomfort. Beeinträchtigungen in der Gesamtschau ergeben sich aus dem kräftigen, zweilagigen Schutzbügel. Parallaxefehler unter 70 m und ein Bildversatz zwischen Durchblick und Umgebung waren im Test nicht festzustellen.

 

Handling: ♦♦♦

Die Bedienung erfolgt über die rechts („Down“) und links („Up“) am Gehäuse positionierten großen, handschuhtauglichen Taster. Ein kurzer Druck auf einen der beiden Knöpfe aktiviert das Gerät. Bleibt man fünf Sekunden auf „Down“, stellt sich das Sightmark aus. Die automatische Abschaltung greift nach zwölf Stunden. Mittels selbstsichernder Stellschrauben und aufgedruckter Skalierung lässt sich der Leuchtpunkt einfach justieren. Die Klicks sind aber kaum spürbar. Dank obenliegendem Batteriefach muss das „Mini Shot“ bei einem Wechsel nicht von der Montageplatte abgeschraubt werden. Zum Öffnen genügt eine Münze oder ein Schraubendreher. Tropfwasser bleibt auf der Linse haften und hinterlässt störende Flecken. Eine elastische Gummischutzkappe schützt es vor Stoß und Schmutz.

 

Montage:
 ♦♦♦♦

Mit dem „Docter“-Profil sind alle gängigen Montagen möglich. Der im Lieferumfang enthaltene, flache Picatinny-Sockel spart Kosten. Ein zweiter, höher bauender Sockel ist speziell für „AR-15“-Modelle gedacht. Die Klemmungen werden mittels Torx-Schrauben fest fixiert – ein schneller Optikwechsel scheidet damit leider aus.

 

Preis/Leistung:
 ♦♦♦♦

 

Kommentar: Besonders robustes und komfortabel zu bedienendes Leuchtpunktvisier mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.

 

Gesamtnote: 17 von 20 Punkten

Tabelle
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