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ABPRALLVERHALTEN VON SCHROTEN

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Die Deutsche Versuchs- und Prüfungsanstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) untersuchte, in Zusammenarbeit mit Dr. Beat P. Kneubuehl als wissenschaftlichem Berater und Gutachter, das Abprallverhalten von bleihaltiger und bleifreier Schrotmunition. Heraus kamen Ergebnisse, die den Niederwildjäger sicherlich interessieren.
Ingo Rottenberger

Abprallverhalten von Schroten
Versuchsaufbau „Gebüsch“: 1 = Luftgewehr, 2 = Eingangslichtschranke, 3 = Gebüsch, 4 = Ausgangslichtschranke Foto: DEVA

Untersucht wurden Schrot-Materialien, die zur Jagd verwendet werden. Dazu zählten Blei-, Weicheisen-, Zink-,Wismut- und Wolframschrote. Um das Abprallverhaltenzutesten, wurden die praxisrelevanten Beschussmedien Gebüsch, Baumstamm, harter Boden, weicher Boden, Steinplatte sowie Wasser auf eine jagdlich realistische Distanz von 25 Metern (m) mit 3-Millimeter-Schroten beschossen. Auf diese Schussentfernung hat sich die Garbe so weit geöffnet, dass jedes der Schrote außenballistisch als Einzelgeschoss betrachtet werden kann. Deshalb wurden Einzelschrote aus einem eingespannten, speziell modifizierten Luftgewehr verschossen, mit dem es möglich war, Geschossgeschwindigkeiten einer Flinte nachzustellen. Mittels Lichtschranken wurden die Abgangsgeschwindigkeit der Schrote beziehungsweise deren Restkörper ermittelt.
Die Schusswinkel zu den Zielmedien betrugen 2,5°, 5°, 10°, 15° und 25°. Eine Ausnahme bildete der „Baumstamm“ mit 10°, 15°, 25° und 45°. Die Schusszahl pro Medium, Winkel und Geschosskombination betrug jeweils fünf Schuss. Dabei wurden alle Daten (Ausgangs- und Restmasse, Ausgangs- und Restgeschwindigkeit sowie Ausgangs- und Restenergie (in %) der Geschosse, Auftreffwinkel, Ablenkwinkel zur Seite, Höhe und im Raum), die
für eine Auswertung vorhanden sein mussten, erfasst. Durch Auseinandernehmen der Schrotmunition wurden die tatsächlichen Schrotdurchmesser erfasst. Sie schwankten – außer beim Weicheisen – sehr stark. Die Unterschiede im Durchmesser der restlichen Schrote betrugen zwischen 0,07 mm bis 0,5 mm!

Der Hase geht aus dem Kessel: In jagdlichen Situationen ist es wichtig zu wissen, wie Schrote abgelenkt werden können. Foto: Karl-Hinz Volkmar

Fazit zum Verhalten bleihaltiger und bleifreier Schrote nach Dr. Kneubuehl

Abgangs- und Seitenwinkel
Bleifreie Schrote haben beim Abprallen größere maximale Abgangs- und Seitenwinkel. Der Unterschied beträgt im Mittel circa 1,4°, kann aber in einzelnen Fällen und besonders beim
„harten Boden“ und der „Steinplatte“ bis gegen 10° betragen. Nach statistischer Auswertung heißt das: Bleischrote gehen im Mittel mit größeren Abgangs- und Seitenwinkeln ab als bleifreie Schrote. Diese sind allerdings untereinander so unterschiedlich, dass einzelne davon das Bleischrot bezüglich der Winkel beim Abprallen übertreffen.

Restmasse
Betrachtet man die Mittelwerte der Restmassen nach dem Abprallen, unterscheiden sich die nicht aus Blei bestehenden Schrote nur zufällig vom Bleischrot. Die Ersteren erhalten im
Mittel 98 % der Masse, Bleischrot etwa 91 %. Größere Abweichungen bei den maximalen Werten entstehen durch den Versuch am „harten Boden“, bei dem das Bleischrot viel an
Masse verliert.

Reichweiten und Gefährdungszonen
Die untersuchten bleifreien Schrote besitzen infolge der verschiedenen Dichten recht unterschiedliche Querschnittsbelastungen. Die Reichweiten sind daher für jeden Typ einzeln ermittelt worden. Die Modellrechnungen ergaben, dass Wolfram- und Bleischrot die weitesten Distanzen aufweisen, Zinkschrot die kürzesten. Insgesamt ist mit Reichweiten
von etwa 120 bis 170 Metern zu rechnen.

Nähere Umgebung des Auftreffpunktes
Schrote können (insbesondere am „Baumstamm“ und am „harten Boden“) unter recht großen Winkeln seitlich abprallen und zwar unabhängig von ihrem Material. Bei der Untersuchung wurden für Bleischrot Werte bis etwa 27°, für bleifreie Schrote bis 36° gemessen. Dadurch entstehen seitlich der Schusslinie Gefährdungen, die durchaus bis zu den oben angegebenen Distanzen reichen können. Die seitliche Abweichung zur Schusslinie
kann damit durchaus 50 bis 100 m betragen. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung ist allerdings gering, aber von der Schrotart weitgehend unabhängig.

Rückpraller
Beim senkrechten Beschuss einer Steinplatte zerfallen die Schrote aus Blei, Zink und Wismut. Weicheisen- und Wolframschrote prallen zurück. Aus den bei der Untersuchung gemessenen Geschwindigkeiten ergeben sich die folgenden Schlüsse:
– Weicheisenschrot prallt bis zu 30 m zurück. Die Energiedichte ist so gering, dass keine Schädigungen zu erwarten sind.
– Wolframschrot kann bis zu 60 m zurückfliegen, wobei bis etwa 45 m mit Augenschäden zu rechnen ist. Ein Eindringen in die Haut ist unwahrscheinlich. Bezüglich des Rückprallens erzeugt also lediglich Wolframschrot ein gewisses Risiko.

Bleihaltig oder bleifrei?
In Bezug auf das Schrot lassen sich aus dieser Untersuchung keine zuverlässigen Schlüsse zur Frage „bleihaltig oder bleifrei?“ ziehen, da bereits die Unterschiede innerhalb der verschiedenen bleifreien Schrottypen erheblich sind. Sie sind somit zu heterogen, um sie im Gesamten mit Bleischrot vergleichen zu können.


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