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Kommentar Univ.-Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel

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Kommentar zum Zwischenbericht des Forschungsprojektes „Jagdstrategie und Waldschäden“ (Synchronisation der Jagdzeiten beim Rehwild) der TU Dresden
Mein Kommentar bezieht sich ausschließlich auf den mir vorliegenden Zwischenbericht. Die Daten, die den Tabellen der Auswertung zu Grunde liegen, sind mir nicht bekannt. Ich gehe davon aus, dass lediglich in den beiden letzten Jagdjahre10/11 und 11/12 auf den Rehbock bis zum 15. Januar gejagt wurde, insofern hat man für Versuchs- und Kontrollforstämter jeweils einen internen Vergleich vorher-nachher.

Synchronisation der Jagdzeit
Im vorliegenden Zwischenbericht wurde die Auswirkung der Jagdzeitverlängerung auf Rehböcke vom 16. Oktober bis zum 15. Januar dargestellt. Diese Verlängerung der Jagdzeit stellt, anders als es im Titel ausgedrückt wird, keine Synchronisation der Jagdzeit für das Rehwild dar. Bisher haben weibliche Rehe der Altersklasse 2 (AK 2) (2 Jahre und älter) vom 1. September bis 31. Januar Jagdzeit, Rehböcke AK 2 vom 1. Mai bis zum 16. Oktober. Die Jagdzeit auf Rehe AK 2 ist demnach nahezu gleichlang, liegt aber im Kalender nicht synchron. Durch die Verlängerung der Jagdzeit auf Rehböcke wird demnach keine Synchronisation erreicht.
Rehwildstrecken
Die absoluten Streckenzahlen der Versuchsforstämter (Tab. 1) und der Kontrollforstämter (Tab. 2) sagen im Vergleich ohne Kenntnis der bejagten Fläche und der Jagdintensität nichts aus. Auffällig ist, dass „nur geringfügige“ Veränderungen der Rehwildstrecken zumindest in den letzten fünf der ausgewerteten sechs Jagdjahre in beiden Gruppen (Versuch und Kontrolle) zu beobachten sind. Damit hat sich das wichtigste Ergebnis, das man sich von der Verlängerung der Jagdzeit auf den Rehbock erhofft hatte, die deutliche Erhöhung der Rehwildstrecke, nicht eingestellt. Da auf der Drückjagd jedes Reh erlegt werden konnte, ohne es ansprechen zu müssen, war man davon ausgegangen, die Strecke werde sich deutlich erhöhen. Das Erlegen von Wild, gleich unter welchen Bedingungen, ohne es anzusprechen, stellt immer eine Verletzung der Weidgerechtigkeit dar. Zudem wird bei Drückjagden im Herbst anscheinend billigend in Kauf genommen, dass es zu Verstößen gegen § 22 Abs. 4 BJagdG kommt. Zwar ist die Mutter-Kind-Bindung beim Rehwild nicht so stark ausgeprägt wie z. B. beim Rotwild, dennoch wird ein weidgerechter Jäger keinem Kitz die Ricke wegschießen.
Der auf der Drückjagd erzielte Streckenanteil wird einerseits als „beträchtlich“ variierend bezeichnet, die Zunahme andererseits als „erheblich“. Hier ist eher der Wunsch der Vater des Gedankens. Generell wird jedoch nach wie vor der überwiegende Teil der Rehstrecke (meist über 70%) auf der Einzeljagd erzielt.
Abschussgeschlechterverhältnis- und Altersklassen-Verteilung der Rehstrecke
Meine Prozentangaben (Mittelwerte) beziehen sich jeweils auf den Vergleich der vier Jagdjahre vor Jagdzeitverlängerung mit der nach Verlängerung (zwei Jagdjahre).
In den Versuchsforstämtern waren 0,5% der Gesamtrehstrecke vor Jagdzeitverlängerung Rehböcke der AK 2, danach waren es 2%. Die Zahl der Böcke AK 1 stieg von 0,25% auf 2,5% an. Vorher wurden 6,26% Bockkitze erlegt, danach 5,5%. Die Zahl erlegter Ricken (AK 2) stieg von 11,25% auf 11,5% an. Die Zahl der Rickenkitze ging von 6,25% auf 6,0 % zurück. Die Zahl erlegter Schmalrehe sank von 4,5% auf 4,0%.
In den Kontrollforstämtern ist der Anteil der auf der Bewegungsjagd erlegten Böcke AK 1 und AK 2 jeweils von im Mittel 0,25% vorher auf im Mittel 1,0% der gesamten Rehwildstrecke nachher gestiegen. Die Zahl erlegter Bockkitze ging von 4,0% auf 3,0% zurück. Die Zahl erlegter Ricken stieg von 8,0% auf 8,5 %. 3,5 %, die der Rickenkitze sank von 3,75% auf 3,5%. Schmalrehe wurden vorher 3,25% erlegt, nachher 3,0% erlegt.
Die mittleren prozentualen Unterschiede sowohl in den Kontroll- als auch in den Versuchsforstämtern zeigen keine auffälligen Unterschiede. Lediglich der Bockanteil(AK 2) in den Versuchsforstämtern hat sich vervierfacht. In absoluten Streckenzahlen ausgedrückt dürfte sich dieser Unterschied allerdings vermutlich als gering herausstellen.
Wenn es nach Verlängerung der Jagdzeit auf den Rehbock keine Streckenerhöhung gibt und auch der Anteil weiblichen Wildes an der Strecke nicht steigt, wenn also der Rehwildbestand durch die Verlängerung nicht einfacher oder schneller abgesenkt werden kann, dann stellt sich die Frage nach dem Sinn des Projektes. Die Schlussfolgerungen des Autors des Zwischenberichtes zu diesem Punkt sind für mich in keiner Weise nachvollziehbar.
Erhöhung der Effizienz von Bewegungsjagden
Alleine die absolute Zahl erlegter Rehe auf den Bewegungsjagden in beiden Forstamtsgruppen spricht Bände. Wenn im Mittel maximal knapp 9 Rehe pro Bewegungsjagd gestreckt werden, fragt man sich ernsthaft, ob diese Jagdart, die ja mit  besonderem Stress für das Wild verbunden ist, den Aufwand lohnt. Andererseits ist mir nicht bekannt, welche Wildarten auf den Bewegungsjagden bejagt wurden und ob Rehwild evtl. nur sog. „Beifang“ darstellt. Angesichts der vorgelegten Zahlen von einer „Erhöhung der Effizienz von Bewegungsjagden“ zu sprechen, scheint mir eher eine Wunschinterpretation zu sein als eine verlässliche Aussage, zumal die bei Bewegungsjagden erzielte Rehwildstrecke weniger als ein Drittel der gesamten Rehwildstrecke ausmacht.
Jahresverlauf der Rehwilderlegungen
Es wird die Synchronität der Kurven in Abb. 1 betont. Hier hat sich demnach die Jagdzeitverlängerung auf den Rehbock nicht bemerkbar gemacht. Den Schlussfolgerungen kann ich mich jedoch nicht anschließen. Es steht der wissenschaftlich geführte Beweis aus, dass die Einzeljagd im Jahresverlauf das Wild dauerhaft stresst.
Dem Wunsch des Autors nach Jagdzeit auf Rehwild im April kann  ich mich keinesfalls anschließen. Die erhöhte Aktivität des Wildes um diese Jahreszeit hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen. Die Auflösung der Wintersprünge und das Beziehen individueller Streifgebiete erfordert hohe Aktivität. Auch die Aufnahme von Äsung zu Beginn der Vegetationsperiode, die vor allem dem Ausgleich des im Winter erlittenen Verlustes an Feist dient, hat zunehmende Aktivität zur Folge. Ich halte eine Bejagung des Rehwildes im April deshalb für nicht vertretbar.
Erfahrungsberichte von Jägern
In Thüringen gibt es knapp 10.500 Jagdscheininhaber. Die Ergebnisse der Befragung von 31 Jägern in den Versuchsforstämtern und 24 Jägern in den Vergleichsforstämtern hat deshalb nicht die geringste Aussagekraft, zumal nichts über die Einstellung der befragten Jäger vor Etablierung des Projektes bekannt ist und die Zahl der an den Bewegungsjagden teilnehmenden Jäger ebenfalls unbekannt ist. Die Aussage, dass die Erlegung von Rehwild auf Bewegungsjagden ohne Notwendigkeit des Ansprechens einfacher ist, hätte jeder Jäger auch ohne das Projekt treffen können. Diese Aussage ist an Trivialität nicht zu überbieten.
Schlussfolgerungen
Die Schlussfolgerungen des Autors gipfeln in dem Satz „Die vorgenommene Synchronisation der Jagdzeiten beim Rehwild sollte deshalb zügig in geltendes Recht umgesetzt werden“. Die in vorliegendem Zwischenbericht genannten Zahlen und Daten rechtfertigen meines Erachtens nach eine solche Forderung in keiner Weise!
Univ.-Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel, 
Diplom-Biologe, 18.03.2012

 

 

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