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Interview mit Chris Balke: Schweißhund mutmaßlich von Wolf attackiert

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Immer mehr Wölfe streifen durch deutsche Reviere und stellen für Jagdhunde ein ernst zu nehmendes Risiko dar. Michael Woisetschläger sprach mit Chris Balke, der ein dramatisches Erlebnis bei einer Nachsuche hatte.

Ein Wolf hat vermutlich die Schweißhündin am Rücken verletzt.
Foto: Chris Balke

Ein einschneidendes Erlebnis machte Mitte Januar Schweißhundführer Chris Balke aus Grambek in Schleswig-Holstein (WuH berichtete). Nach einer Drückjagd wurde er zu einer Nachsuche auf ein Stück Rehwild mit Schuss durchs Gescheide gerufen, das von einem Hundeführer beim Durchgehen gesichtet und hochgemacht wurde. Dieser hatte nur wenige Meter entfernt gerade ein weiteres, ebenfalls krankes Reh abgefangen. Als Chris nun am Ort des Geschehens ankam, war der Hundeführer nicht mehr vor Ort, das Einweisen war dadurch erschwert. „Überall war Schweiß. Es war kaum auszumachen, wo die Fährte des ersten, bereits abgefangenen Stückes und wo die des geflüchteten lag“, berichtet Balke. Er schnallte seine fünfjährige Schweißhündin „Aika“, die sogleich die Verfolgung der Krankfährte aufnahm. Nach knapp 700 m dann giftiger Standlaut. „Sie wird wohl auf Sauen getroffen sein“, dachte sich der erfahrene Jäger. Dann kehrte auf einmal Ruhe ein. Als seine der Hündin folgende Lebensgefährtin am Ort des Geschehens ankam, fand sie den Vierläufer schwer verletzt vor. Etwa in der Mitte des Leibes fanden sich Bissspuren und die Decke war auf einer Länge von 30 cm sauber abgezogen. Die Versorgung in der Tierklinik rettete dem Hund das Leben. „Das muss ein Wolf gewesen sein“, ist sich Chris Balke sicher.

Die Wunde war circa 30 cm lang. Außerdem fehlte ein Teil des Felles.
Foto: Chris Balke

WuH: Herr Balke, sind Sie der Meinung, dass so kurz nach einer Bewegungsjagd wirklich ein Wolf im betroffenen Gebiet sein konnte? Hätte er nicht eher Abstand zum Menschen gesucht?

Chris Balke: Der Anschuss lag im Randgebiet der Drückjagd. Der Ort an dem die Hündin auf den Wolf getroffen ist, liegt etwa 700 m Luftlinie ausserhalb des Treibens. Ich gehe davon aus, dass der Wolf – wie der Schweißhund auch – dem kranken Reh nachstellte. Die Wölfe scheinen sich da anzupassen. Ein anderer Schweißhundführer der Station, Friedrich Fülscher, hatte ein paar Tage zuvor etwa 2 km entfernt bei einer Nachsuche auch eine Begegnung mit einem Wolf. Dieser stand etwa 100 m entfernt und beobachtete das Gespann beim Suchen. Er zeigte keine Anzeichen von Scheu.

 

WuH: Sehen Sie in Ihrer Heimatregion öfter Wölfe bei Drückjagden? Wie müssen wir uns die aktuelle Situation bzw. die Wolfspopulation bei Ihnen vor Ort vorstellen?

Chris Balke: Ja, die Wolfssichtungen bei den Jagden werden mittlerweile eher zur Regel als zur Ausnahme. Die offiziellen Zahlen zur Wolfpopulation können in meinen Augen nicht stimmen.

 

WuH: Wie sahen die Verletzungen des Hundes genau aus? Was sagte der Veterinär dazu?

Chris Balke: Für mich persönlich war die Verletzung eindeutig. Der Hund hatte eine circa 30 cm lange Risswunde auf dem Rücken, es fehlte ein Teil des Felles . Ich habe Fangzahnabdrücke in diesem Bereich gesehen. Das Fell war schaumig. Auch im Bereich der Nieren und der Kruppe waren Bissstellen zu erkennen. Ich habe in meinem Leben über 60 Hunde geführt und unzählige Male gesehen, wie Bissverletzungen aussehen. Die behandelnde Tierärztin tendiert eher zu einer reinen Rissverletzung.

 

WuH: Sie sind ein erfahrener Hundeführer. Wieso sind sie sich so sicher, dass die Verletzungen durch Isegrim verursacht wurden und nicht etwa durch eine wütende Bache?

Chris Balke: Zunnächst einmal kenne ich meinen Hund. Aika kann genau einschätzen an welche Sauen sie gefahrlos rangehen kann. Ausserdem ist die Stelle völlig atypisch. Sie dürfen nicht vergessen: die Hündin hat eine Widerristhöhe von etwa 50cm. Wie soll so eine Verletzung durch eine Sau entstehen?!

 

WuH: Hat dieses Erlebnis Konsequenzen für Sie persönlich? Werden Sie Ihre Arbeitsweise künftig anpassen und wenn ja, wie?

Chris Balke: Nein. Konsequenzen ziehe ich daraus erstmal nicht.

 

WuH: Haben Sie eine Empfehlung an Hundeführer, die im Wolfsgebiet jagen oder dort Nachsuchen durchführen müssen?

Chris Balke: Nein. Ich kann Empfehlungen nur aus Erfahrung geben. Auch für mich ist der Wolf bei meiner Arbeit absolutes Neuland.

WILD UND HUND bedankt sich für das Gespräch.

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