Jeder kennt es von James Bond: Der Schuss mit Schalldämpfer ist leiser als ein Räuspern. Doch was hört man wirklich?
Pascal Conter, Christopher Hocke, Dr. Ralph Nebe
Foto: Claudia Elbing
Um Schalldämpfer ranken sich viele Sagen. Allen vor an, dass sich der Schussknall auf ein kaum noch hörbares „Plopp“ reduziert. Ebenso soll der Schuss mit Schalldämpfer (SD) nach wenigen Hundert Metern nicht mehr zu hören sein. Träfen die Vorurteile zu, wären der Wilderei, dem Umgehen von Schonzeiten und Reviergrenzen Tür und Tor geöffnet – so zumindest die Befürchtungen.
Umfangreiche Schießversuche auf einem Truppenübungsplatz sollen diese Mythen bestätigen oder wieder legen. Auf einer weitläufigen, mit Gras bewachsenen Freifläche wird die Ausbreitung des Schussgeräusches einer Sauer „202“ im Kaliber .30-06 mit 60 Zentimeter Lauf in verschiedenen Winkeln und Entfernungen gemessen.
Ein etwa 1 000 Meter entfernter Hang dient als Ziel. Der Kugelschlag, welcher die Messungen verfälschen könnte, ist aus dieser Distanz nicht mehr hörbar. Zunächst erfolgen Schüsse mit und ohne SD. Das Messinstrument ist einen Meter (m) links der Mündung und 1,6 m über dem Boden positioniert. Ohne SD liegt der Schalldruckpegel bei konstant 165 Dezibel (dB) (C), mit dem SD ATec „Ma xime“ bei 141 dB (C). Anschließend folgen Messungen in verschiedenen Abständen und Ausrichtungen zur Mündung, wieder mit und ohne SD. Das Mikrofon wird im 45 Grad (°), 90°, 135° und 180° Winkel zur Schussrichtung positioniert. Die Skizze (siehe Seite 14) zeigt den Aufbau und die Messentfernungen. Die Messwerte sind in der Tabelle notiert.
Grafiken: Pascal Conter, Christopher Hocke, Dr. Ralph Nebe, Sarah Puderbach
Die Ergebnisse des Versuches zeigen, dass der Schall hinter dem Schützen (180°) durch einen Schalldämpfer deutlich reduziert wird, aber auf 300 Meter noch deutlich hörbar ist.
In Schussrichtung gesehen, also bei einem Winkel zwischen 0° und 45° macht es kaum einen Unterschied, ob ein SD verwendet wird oder nicht. Zwar entstehen beim ungedämpften Schuss Schallpegel von 165 dB (C), aber dieser Knall entsteht an der Mündung und verpufft mit zunehmender Entfernung schnell. Bei den Messungen zeigt sich, dass der Mündungsknall bis 50 m noch messbar ist. Bei 100 m überwiegt bereits der Geschossknall, sodass die Waffe mit und ohne SD ab dieser Entfernung nahezu gleich laut ist. Anders sieht es aus, wenn seitlich auf Höhe der Mündung oder hinter der Waffe gemessen wird (Winkel zwischen 90° und 180°). Da sich hier der Geschossknall von Beginn an vom Messmikrofon entfernt, fallen die Werte mit und ohne SD deutlich niedriger aus
Beim 90°Winkel reduziert der SD im Vergleich zur ungedämpften Waffe auf alle Messentfernungen um 21 bis 24 dB (C). Bei der 135°Messung fällt der Unterschied dagegen deutlich kleiner aus. Die entgegen zur Schussrichtung (180° Winkel) durchgeführte Messung zeigt mit rund 20 dB (C) ebenfalls einen deutlichen Unterschied zur ungedämpften Waffe.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der SD in Schussrichtung gesehen nur im Nahbereich eine Schallreduzierung bewirkt. Ab einer gewissen Entfernung dominiert der Geschossknall. Seitlich und hinter der Waffe wird der Knall deutlich reduziert, sodass er, je nach Relief und Bewuchs, nur etwa 200 Meter früher nicht mehr wahrnehmbar ist. Dieser Versuchsaufbau beweist, dass der Mythos des lautlosen Schusses mit Dämpfer wiederlegt ist. Der Schalldämpfer schützt somit nur das Gehör des Jägers und seines Jagdhundes und lässt den Wilderer nicht lautlos jagen.
Schallmessung
Der Schalldruckpegel wird in Dezibel (dB) gemessen. Mit bewertenden Filtern erfolgt eine Anpassung an den Frequenzgang des menschlichen Gehörs (16 Herz bis 19 000 Herz). In den meisten Ländern wird bei Geräuschmessungen am Arbeitsplatz eine A-Frequenzbewertung (dB [A]) angewendet. Die A-Bewertung wurde ursprünglich aber nur für leise Geräusche, etwa im 40-dB-Schalldruckpegelbereich, vorgesehen. Besser geeignet und aussagekräftiger für hohe Schalldrücke (Büchsenschuss) ist der C-Filter (dB [C]). Die C-Frequenzbewertung wird bei der Schallmessung von Fluggeräuschen angewendet. Viele nationale Gesetze verlangen, dass der absolute Spitzenwert in C-Frequenzbewertung gemessen wird, um das Gehör der Arbeitnehmer vor plötzlichen Druckspitzen zu schützen. In der Europäischen Union liegt der maximal zulässige Wert des Spitzenschalldruckpegels bei 140 dB (C).