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Einer für alles

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Krieghoff Drilling „Optima 20“:
Vier Jahreszeiten – ein Gewehr. Der neue Krieghoff-Optima aus der schwäbischen Ulm verspricht ein Maximum an Vielseitigkeit. Claudia Elbing, Hans Pfaff und Michael Schmid haben mit dem Allrounder „um Ulm herum“ gejagt.

 

Von Hans Pfaff und Michael Schmid

Ein guter Drilling ersetzt einen Schrank voller Gewehre“, so lautete das Credo unseres alten Ausbildungsförsters. Getreu seiner Überzeugung ist der Krieghoff „Waldschütz“ bis heute sein einziger Begleiter geblieben. Egal ob Ansitz, Drückjagd oder Entenstrich, der Kurzdrilling und der „Grüne“ halten zusammen wie Pech und Schwefel, und sie sind ein verlässliches Erfolgsgespann. „Da gibt es eigentlich nichts zu verbessern“, lautet sein Kommentar nach 40 Jahren gemeinsamer Jagd … oder doch? Seit 1999 versucht Krieghoff, zuerst mit dem „Plus ThermoTSstabil“ und nun mit dem neuen „Optima“, an die Erfolgsserie der „Kurzdrillinge“ mit den nur 55 Zentimeter langen Läufen anzuknüpfen. Ein ganzes Bündel innovativer Technik soll die neuen Waffensysteme konsequent auf das von Krieghoff angestrebte „Prinzip Universalwaffe“ ausrichten.

Die Neuheiten

„Thermo Stabil“ heißt die Technik, mit der die Ulmer Büchsenmacher wärmeempfindliche „Mimosen“ auf Präzision bei „Dauerfeuer“ trimmen. War beim fest verlöteten Laufbündel des „alten Waldschütz“ spätestens nach der dritten Kugel ein deutlicher Hochschuss zu verzeichnen, halten die neuen Drillinge auch nach Zehnerserien locker einen Streukreis von fünf Zentimetern. Ein freischwingender Kugellauf, das Rohr ist nur im Brillenstück und darüber hinaus auf eine Länge von neun Zentimetern mit den Schrotläufen verlötet, reagiert weitgehend spannungsfrei auf Erwärmung. In Verbindung mit der kräftig dimensionierten Laufkontur – unser Test-Optima im Kugelkaliber 8×57 IRS brachte es an der Mündung auf einen Durchmesser von satten 15 Millimetern – steht so einer guten Schussleistung nichts mehr im Weg.

Um den hohen Ansprüchen an das optische Erscheinungsbild einer „Krieghoff“ zu genügen, wird der Freiraum zwischen Schrot- und Kugellauf mit einer Schiene „verblendet“. Mit Hilfe dieses Kunstgriffs ist die Waffe von einem Drilling mit fest verlötetem „Bündel“ kaum mehr zu unterscheiden. Ein durch den abnehmbaren Vorderschaft verdeckter Metallbügel, die so genannte Dreipunkt-Radialjustierung, ermöglicht mittels Imbusschrauben ein Verstellen der Kugel-Treffpunktlage. Für Liebhaber von Flintenlaufgeschossen ein deutlicher Vorteil, der Büchsenlauf kann ohne teure Lötarbeiten auf die gewünschte FLG-Laborierung eingestellt werden.

Beim Vorgängermodell „Plus ThermoTSstabil“ setzten die Ulmer Konstrukteure aus Gründen der Gewichtsersparnis auf eine Aluminiumbasküle. Die Folge: In Verbindung mit der einfachen Keilverriegelung können nur Einsteckläufe bis zu den Rehwild-Kalibern eingebaut werden. Zielvorgabe für den neuen Optima war die Erweiterung des Einstecklauf-Spektrums auf Hochwild taugliche Munition und eine Modellvariante „echter“ Doppelbüchsdrilling. Die Konstruktion der Basküle wurde deshalb von der erfolgreichen Classic-Doppelbüchse abgeleitet und auf extreme Belastung ausgelegt. Solider Chrom-Molybdän-Stahl sorgt in Verbindung mit einem breiten Laufhaken für Verschlussstabilität, eine zusätzliche Purdy-Nase fängt das seitliche Drehmoment auf.

Mehr Freiheit bei der Kaliberauswahl kann ein Drillingsverschluss kaum bieten. Sogar der auf der IWA in Nürnberg vorgestellte Krieghoff „Afrika“-Doppelbüchsdrilling im Kaliber 500/.416 NE ließ sich mit einer Optima-Serienbasküle verwirklichen. Zwei Varianten sind derzeit auf dem Markt: Eine kompakte 20er Ausführung (20/76), die auch als Basis für den Doppelbüchsdrilling Verwendung findet und ein 12er Modell (12/76). Die erstaunlich schlank gehaltene Basküle ist bei beiden Ausführungen ein optisches Schmankerl. Das klassische Erscheinungsbild wird durch zierliche Muscheln unterstrichen und mit einem breiten Gravur-Angebot abgerundet.

Eine neue Ära in Sachen Einstecklauf haben die Krieghoff-Konstrukteure mit der Entwicklung des Optima eingeläutet. Das Drillingslaufbündel, im Werksjargon auch Quadro-Lauf genannt, ermöglicht vier vollwertige Waffenvarianten: Den Normal-Drilling, den Bockdrilling mit Einstecklauf im Rehwild tauglichen Kaliber, den Doppelbüchsdrilling mit dem auf die Kugel abgestimmten Hochwild-Einstecklauf und zuguterletzt den Kugeldrilling mit zwei Einsteckläufen. Kompetenter Partner bei diesen „Gewehrmutationen“ durch das Jagdjahr ist die Firma Keller + Simmann (www.einstecklauf.de). In Kooperation entstand ein mündungsseitig justierbarer Einstecklauftyp, der die gesamte Kaliberpalette von 5,6 Millimeter bis hin zu 9,3 Millimeter mit dem gleichen Baukonzept erschließt.

Unsere Testwaffe in der Kombination 8×57 IRS und 20/76 wurde mit zwei der neu entwickelten „K+S“-Einsteckläufe ausgeliefert. Hier fiel die Kaliberauswahl auf die speziell für den Drillingseinsatz konzipierte 6×70 R und natürlich auf die zum Büchslauf passende 8×57 IRS. Beide Läufe wurden im Werk für den Einbau im linken Schrotlauf vorbereitet und eingeschossen. Der Vorteil dieser Anordnung: Ist der Drilling auf „Kugel“ gestellt, wird mit dem hinteren Abzug der Einstecklauf ausgelöst und Dubletten sind sowohl in der Version „Bockdrilling“ als auch beim „Doppelbüchsdrilling“ ohne Umschalten möglich.

Ein- und Ausbau gestalten sich denkbar einfach: Der Einstecklauf wird von hinten in den Schrotlauf eingeführt, ausgerichtet und mit der Handfläche fest angedrückt. Durch mehrfaches Öffnen und Schließen der Waffe läßt sich der „K+S“ in seiner endgültigen Position fixieren. Mit Hilfe eines zum jeweiligen Kaliber passenden Aluminium-Durchschlags kann das „Rohr“ wieder entfernt werden: Den Durchschlag einfach auf die Mündung setzen, nach ein oder zwei leichten Schlägen mit dem Hammer löst sich der Einstecklauf. Zum Ausbau sollte man, um Beschädigungen am Scharnierbolzen zu vermeiden, den Drilling zerlegen. Die Arbeiten führt man am besten auf einem stabilen Tisch oder einer Werkbank durch. Eine knappe Viertelstunde wird inklusive der stets durchzuführenden Reinigung für die „Umbaumaßnahme“ benötigt. Mit Hilfe von vier kreuzweise angeordneten Schrauben können alle „K+S“-Läufe an der Mündung justiert werden. Ein wenig Erfahrung und handwerkliches Geschick gehören schon dazu, will man mit vertretbarem Patronenverbrauch ein präzises Ergebnis erzielen. Routinierte Büchsenmacher schaffen das in aller Regel schneller und zuverlässiger.

Passend zu den vielfältigen Möglichkeiten des Optima-Laufbündels gestaltet sich die Ausstattung der Abzugsgruppe unserer Testwaffe. Vom hingeworfenen Schrothagel auf Treibjagdhasen bis hin zum Kugelschuss auf weit entfernte Ziele decken die Züngel die volle Bandbreite jagdlicher Anforderungen ab. Beide Abzüge sind als justierbare Rückstecher ausgelegt. Eine Entstechautomatik sorgt für das notwendige Maß an Sicherheit. Ungestochen ist die Charakteristik der Abzugsgruppe so gut, dass wir schon nach kurzer Zeit auf ein Einstechen verzichten konnten. Das Gefühl am Zeigefinger: Ein kurzer Vorweg zur „Kontaktaufnahme“, danach ein absolut trocken stehendes Züngel, den Druck etwas erhöhen – und der Schuss bricht wie Glas. Direkt betätigt löst der erste Abzug das Schloss bei 1 200, der zweite bei 1 600 Gramm. Die Einstellung entspricht den Anforderungen der Praxis und wird gleichermaßen Präzisions- als auch Sicherheitsansprüchen gerecht.

Übrigens, die Krönung der Vielseitigkeit bietet der neue, in unserer Testwaffe leider noch nicht eingebaute Krieghoff „1-2“-Abzug. Hierbei kann das vordere Züngel wahlweise als Einabzug verwendet werden. Serienmäßig wird der Optima mit Universal-Abzugssystem (UAS), also vorne mit einem Kombi- und hinten mit einem Flintenabzug ausgeliefert. Schade, der „1-2“-Abzug und leider auch die Entstechautomatik werden nur als Zusatzausstattung und natürlich gegen Aufpreis angeboten.

Komfort bietet das „Drillings-Armaturenbrett“ auf dem Kolbenhals des Optima. Der Wahlschalter für Kugel oder Schrot ist rechts neben dem Verschlusshebel platziert, er lässt sich problemlos im Anschlag bedienen. Für „Drillingseinsteiger“ ist die farbliche Markierung der jeweiligen Schaltstellung von Vorteil, man sieht auf den ersten Blick, welches Rohr Priorität hat. Die Zweischloss-Handspannung kann auch ohne zusätzliches Krafttraining von zierlichen Fingern betätigt werden. Erleichtert wird das Handling durch einen kräftig dimensionierten und ergonomisch geformten Spannschieber.

Der Optima ist als Kombihandspanner ausgelegt – bleibt der Schieber vorne, wird die Waffe beim Nachladen automatisch mitgespannt. Pech für die Sau – in kniffligen Situationen wird so die Feuergeschwindigkeit erheblich gesteigert. Ein weiteres Plus: Die von Krieghoff neu entwickelte Duplex-Spannhebelgeometrie reduziert den Kraftaufwand beim Abkippen und gleichzeitigen Spannen der Schlosse. Einziger Nachteil des Kombisystems: Vergisst man das Zurücknehmen des Spannschiebers, wird beim Nachladen unbeabsichtigt scharf gemacht, und man läuft feuerbereit durch die Gegend. Das Risiko ist besonders bei Krieghoff „Erstlingsführern“ mit wenig Übung hoch.

Bei der Vielfalt an Variationsmöglichkeiten drängt sich die Frage nach der Schusspräzision geradezu auf. Sowohl der freischwingende Büchslauf des Drillings als auch der „große“ Keller + Simmann-Einstecklauf im Kaliber 8×57 IRS erbrachten einzeln betrachtet Streukreise von unter 30 Millimetern. Das Ergebnis dieser auf 100 Meter Entfernung erzielten Fünf-Schussgruppen spricht sowohl für die 55 Zentimeter langen „Rohre“ als auch für die verwendete 12,7 Gramm schwere Teilmantel-Rundkopf-Patrone von RWS.

Einsteck- und Büchsenlauf schossen in der Variante „Doppelbüchsdrilling hervorragend zusammen, im Wechsel abgefeuerte 6er-Serien öffneten den Streukreis gerade mal auf 50 Millimeter. Der Einstecklauf im Rehwildkaliber 6×70 R (Norma, 5,8-g-Nosler-Ballistictip) bestach sowohl einzeln als auch in Kombination mit dem 8×57 IRS Büchslauf durch noch geringfügig bessere Ergebnisse.

Die Schrotschussleistung unseres Optima gab ebenfalls keinen Anlass zur Kritik. Beide Läufe lieferten eine gut deckende Garbe. Das Zentrum des Schrot-Hagels lag, sowohl über Zielfernrohr als auch über die Schiene, am jeweiligen Haltepunkt (Rottweil Waidmannsheil, 2,7 mm, 20/70).

Beim breiten Angebot an Einstecklaufoptionen spielen Flintenlaufgeschosse eher eine untergeordnete Rolle. Wir haben unseren Optima trotzdem mit „Rottweil“- und „Mary Arm“-Laborierungen auf eine Entfernung von 50 Metern getestet. Ein DIN A 4 Blatt hat in beiden Fällen zum Abdecken der Einschüsse ausgereicht. Wer es genauer braucht, kann den Drilling selbst nachjustieren oder bei Krieghoff entsprechend der Langenhagener Norm einschießen lassen.

Jede Menge Stellschrauben und ein häufiger Einstecklauf-Wechsel – da sind Zweifel an der Dauerhaftigkeit der Schusspräzision erlaubt. Bestätigt haben sie sich nicht. Mehr als ein halbes Jahr haben wir den Optima ohne Rücksicht im Revier und auf dem Schießstand strapaziert. Jeder Einstecklauf wurde mehrfach aus- und wieder eingebaut und trotzdem konnte keine Veränderung der Treffpunktlage festgestellt werden. Laut Werk bleibt das auch in Zukunft so, wenn die Schrotläufe vor dem Einbau der Einsteckläufe peinlich genau gereinigt werden.
Sehr viel Freude hat bei unserer Testwaffe das Schießen über die offene Visierung gemacht. Die von Krieghoff entwickelte Fenster-Kimme und das leuchtend rote Kunststoff-Perlkorn harmonieren hervorragend zusammen. Ein Maximum an Überblick, ein Minimum an Zielabdeckung und eine flinke Erfassung des Wildes werden gewährleistet. Der Fallstrick heißt auch hier „Zusatzausstattung“, denn Serienmäßig wird der Optima mit einfachem Balkenkorn und Rechteck-Klappkimme ausgeliefert.

Gut gezielt ist halb getroffen, aber nur wenn die Schäftung stimmt! Das ist bei einem „multifunktionalen Drilling“ gar nicht so einfach. Er muss sowohl den Ansprüchen an einen Schuss über die Optik, die „Halb-Schiene“ und die „Offene Visierung“ gerecht werden. Der ansprechende Optima-Ölschaft mit leichtem Schweinsrücken, doppelt gefalzter Bayerischer Backe, handgeschnittener Fischhaut, Tropfnase und einer abgerundeten englischen Schaftkappe schafft den „Spagat“ und bietet einen gelungenen Kompromiss.

Doch zwei Haare lassen sich auch in der neuen Krieghoff-Suppe finden. Nummer Eins: Trotz kurzer Bauweise – das Gewehr misst von Kolbenkappe bis zur Mündung gerade mal 97 Zentimeter – geht der Optima beim besten Willen nicht als führiges Leichtgewicht durch. Netto bringt der Drilling bereits satte 3,75 Kilogramm auf die Waage. Mit dem Zielfernrohr von Zeiss werden es 4,35 Kilogramm und nimmt man noch den „K+S“-Einstecklauf in 8×57 IRS dazu, schleppt man 4,75 Kilogramm durch den Wald. Das Gewichts-Handikap lässt sich auf dem Ansitz noch relativ leicht verkraften. Bei Pirsch oder einer ganztägigen Treib- oder Drückjagd macht sich die „Last“ unangenehm bemerkbar. Einziges Plus der „Pfunde“ – das Gewehr schießt sich auch mit „Dicken Pillen“ butterweich.

Nummer Zwei: Wer den Optima in unserer Testausstattung kauft, bekommt für den gleichen Preis auch den bereits zu Beginn zitierten „Schrank voller Gewehre“. Inklusive der beiden Einsteckläufe und der Optik schlägt der Drilling mit 8 511,21 Euro zu Buche. Selbst die Standardausführung – also Drilling schlicht und pur – liegt bei stolzen 5 588 Euro. Keine Frage, das Gewehr ist jeden Cent wert und das Multitalent ersetzt so manche Einzelwaffe.

Thermostabil: Das Laufbündel mit freischwingendem Kugellauf,Dreipunkt-Radialjustierung sowie der Blende im vorderen Teil des Bündels

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