Aus dem WILD UND HUND-Testrevier:
Die Hoffnung, einen alten Bock während der Brunft zu schießen, ließ einige in der Redaktion schon lange unruhig auf dem Bürostuhl hin- und herrutschen. Manche zogen gar im Team ins Revier – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Die Beute der spannenden Blattjagd. Dass auf den Kitzfiep auch mal Sauen zustehen, war uns nicht bekannt… |
Von Burkhard Fischer
Ende Juli eröffneten wir die Jagd auf die Mehrjährigen. Jährlingsböcke sind für uns schon wieder „zu“ nachdem (mit Fallwild) bereits 15 zur Strecke kamen.
Am 27. Juli 19.55 Uhr war es so weit
Den Anfang machte Kollege Arndt. Er streckte einen guten Sechser, als dieser schon am frühen Abend eine Ricke trieb. Einfach war es dennoch nicht: In der passenden Kanzel hatten sich die Hornissen direkt hinter der Tür eingenistet, und aus Respekt vor den Insekten kauerte der Kollege vor dieser Tür auf der schmalen Brüstung. Das ständige tiefe Brummen der Riesenwespen war aber immer noch leichter zu ertragen, als die Kriebelmücken. Diese „Mistviecher“ zerstachen ihn am Vortag, als er es am Fuße der Kanzel versuchte.
Bei uns anderen lief es nicht so rund. Die wenigen Böcke, die wir vorhatten, waren zu jung, oder zu weit weg. Das Blatten blieb bisher erfolglos. „Das liegt sicher am unausgeglichenen Geschlechterverhältnis, zuviel weibliches Rehwild im Revier“, sagte unser Chef Karl-Heinz und dachte vielleicht, dass es bei uns auch im Umgang mit dem Blattinstrument mangelte. Ich nahm sein Angebot, dass er blattet und ich den zustehenden Bock erlegen darf, gerne an. Schnell müsse es dann gehen: durchs variable Zielglas ansprechen und keine hektischen Bewegungen machen. Ob mir der Bock Freude macht, müsse ich selbst entscheiden.
Angespanntes Warten – wird er springen?
Auf Sitzstöcken hocken wir abends um sieben im halbhohen Bestand, und Karl-Heinz lässt einen ersten zarten Rickenfiep ertönen. Schon raschelt es verheißungsvoll, er deutet mit dem Kopf in die Richtung – doch es war wohl eine Drossel oder ein Eichhörnchen. Auch die leidenschaftlicheren „Piu“-Töne der bedrängten Ricke lassen keinen eifersüchtigen Bock springen. Schließlich geben wir auf und beziehen eine niedrige Leiter an einer mit Gras eingesähten Schneise, etwa 500 Meter weiter. Hier reagiert schon auf den ersten Kitzfiep ein Reh, das sich aber nicht zeigt, sondern versucht, Wind zu holen. Wenig später schreckt es anhaltend, kaum 30 Meter seitlich im Bestand. Der „Schreihals“ lässt sich jedoch vorerst nicht blicken. Bald darauf ein kurzes „Bö“ weiter vorne. Keine Frage, das Reh ist in Bewegung. Kurz darauf wischt ein Bock auf zirka 70 Meter über die Schneise und verschwindet für diesen Abend. Mist! Der hatte ganz gut auf, aber richtig ansprechen konnten wir ihn nicht. Das anhaltende Schrecken spricht eher für den jungen Bock, tröste ich mich.
Nach einer Stunde baumen wir ab und versuchen es auf dem Heimweg am Rande einer Dickung ein letztes Mal. „Eigentlich müsste man jetzt noch warten, aber dann ist es dunkel“, raunt mir Karl-Heinz zu und blattet, wobei das Instrument mit der freiliegenden Stimmzunge schon etwas streikt. Doch es scheint zu wirken, denn deutlich hörbar ist Wild im Anmarsch. „Tap“, „Tap“, „Tap“, Bock und Ricke? Ein Schemen wird sichtbar, dann noch zwei: Sauen! „Schießen“ flüstert es neben mir, aber im Fichtenstreu heben sich die braunen Frösche kaum ab. Die Bache ist unruhig, macht wieder kehrt und nimmt ihren Nachwuchs mit. Bis auf den einen Frischling in meinem Absehen, der noch unschlüssig zwischen den Stämmen steht. Der Schuss lässt ihn schlagartig verenden.
Ich breche die kleine Wuz schnell auf, die uns im Dämmerlicht größer erschien, als sie war. Mit ihren sieben Kilo kann man die Frischlingsbache im Römertopf zubereiten. Die Freude war trotzdem groß, konnten wir doch als „erfolgreiche Blattjäger“ heimkehren.
Der beste Bock in diesem Jahr? Etwa vierjährig wog der Sechser 17 Kilogramm und hatte eine alte Verletzung auf der Decke |