Heimisches Pelzwerk:
Pelz ist out, Fuchs- und Marderbälge verstauben, die Preise für das Rauchwerk sind im Keller. Jäger in Feuchtwangen wollten sich damit nicht abfinden und suchten neue Wege bei der Vermarktung von Balg und Jagd. Heiner Sindel zieht Bilanz der Werbung für „Heimisches Pelzwerk“, die vor fast zehn Jahren begann.
Von Heiner Sindel
Eigentlich ist es selbstverständlich: Der Mensch nutzt die Natur. Wenn er es richtig macht, dann nachhaltig und ohne Raubbau zu treiben. Wenn er auch noch anständig ist – was dem abendländischen Weltbild entsprechen sollte – nutzt und erntet er so vorsichtig, dass es nicht schadet.
Das Erbeuten von heimischem Pelzwerk, vorrangig von Fuchs und Marder, passt in diese Schablone, könnte eine Betriebsphilosophie für Nachhaltigkeit und, bei aller Härte des Tötens, auch für halbwegs behutsames Teilhaben am naturüblichen Werden und Vergehen sein.
Das Ganze hat allerdings auch ein paar Schwachstellen. Anständiges Verhalten (irgendwer hat wohl den Begriff „waidgerecht“ geprägt) wird mit dem Beutetrieb konfrontiert. Das ist zwar nichts Neues auf dieser Welt und gilt im Geschäfts- und Liebesleben genauso wie bei der Jagd. Maß finden, sich im Interesse anderer, manchmal auch des eigenen Vorteils willen, einzuschränken, ist keine leichte Übung.
Es wird verzeihlicher, wenn Sinn und Nutzen des Ganzen den Ehrgeiz des Haben- und Besitzenwollens abmildern – also wenn schon töten, dann auch nutzen. Warum die lange Vorrede vor eine recht einfache Überlegung zum jagdlichen Selbstverständnis des Beutemachens?
Nun, weil wir Jäger nicht alleine auf dieser Welt sind und unsere Bedeutung, Wirkung und Daseinsberechtigung ständig hinterfragt wird. Da ist es manchmal gut, ein paar zeitgemäße, dem Wissen und Fühlen unserer Zeit entsprechende Gedanken voranzustellen. Sozusagen eine Betriebsphilosophie, um den Rahmen jägerischen Handelns abzustecken.
Jagen heißt ernten und Ertrag erzielen
Manches handhabt sich dadurch leichter und lässt sich im Kreuzfeuer ätzender Kritik besser verteidigen. Und eines muss auch klar sein: Kritik gehört in unsere Gesellschaft. Solange keine militanten, kriminellen Exzesse das Einschreiten des Staates erfordern, haben wir uns als Jäger selbst durch unser Handeln zu positionieren. Und ein Stück, ein Teil dieser jagdlichen Position ist schon einmal vorgegeben. Beute machen und wegwerfen schwächt das Waidwerk, schafft Angriffsflächen, reißt offene Flanken und bietet Munition fürs Dauerfeuer all derer, die, aus welchen Gründen auch immer, distanziert oder feindselig der Jagd gegenüberstehen.
Deshalb haben wir in der Jägervereinigung Feuchtwangen die Werbekampagne „Heimisches Pelzwerk – die natürlichste Sache der Welt“ initiiert. Ungefähr zehn Jahre wird es her sein, als kaum mehr ein Kürschner den Fuchsbalg wollte, und auch der heimische Marder, der einmal im marderfreien Amerika einen recht ansehnlichen Rauchwerkmarkt bediente, fiel in Ungnade, wurde vom Laufsteg der Haute Couture genommen und vergilbte und verstaubte in Jägerschränken.
Resignation machte sich bei allen denen breit, denen Fuchs und Marder durch jagdliches Handwerk ein Zubrot waren. Ja, das gehört auch dazu. Jagen heißt ernten und Ertrag erzielen, genauso wie Land- und Forstwirtschaft oder die Erwerbsfischerei. Nur ein wenig bescheidener halt, aber im Ursprung genauso selbstverständlich wie Bäume fällen oder Kartoffeln graben. Außerdem ist es schade, den feinen, reifen Balg zu vergraben. Die Mütze für die Freundin, den satt-grau-roten Mantel für ein hübsches Weib … alles war Vergangenheit. Abgelöst von Plüsch und Daunen, Hightech-Hüllen mit Wärmefolien zwischen Nierengegend und Kanzelwand.
Wir wollten es nicht wahrhaben und suchten einen Weg, zumindest die in unserer Kreisgruppe erbeuteten Winterbälge zu vermarkten. Dabei kamen uns unsere langjährigen Pressekontakte zu Gute. Mit dem Rebhuhnprogamm „Artenreiche Flur“ hatten wir viel öffentliches Interesse geweckt, und das Dorf, das wir spektakulär unter blauer Folie als Zeichen für den Niedergang des ländlichen Raumes verpackt hatten, brachte viele Journalisten nach Feuchtwangen. Als wir nun in pelzmantelfeindlichen Zeiten das Gegenteil präsentierten, heimisches Pelzwerk und Artenhilfsprogramm mit nachhaltiger jagdlicher Ernte kombinierten, war die Neugier der Journalistengilde groß.
Handwerklich gediegene Arbeit war erforderlich
Natürlich stellten wir in Einladungen an die Presse immer – wie oben beschrieben – in ein paar kurzen Sätzen unsere Betriebsphilosophie voran. Das Bayerische Fernsehen schickte gleich ein Kamerateam, das ZDF drehte ebenfalls. Vor laufender Kamera erlegten wir die vorher eingespürten Füchse aus Durchlässen und Kunstbauen. Sogar im Wald bekamen auf altbekannten Wechseln postierte Fernsehteams den Fuchs von meiner DK-Hündin vor die Kamera gedrückt.
Klar, dass wir unsere guten Schützen danebenstellten. Sauber rollierte jeder Fuchs. Handwerklich gediegene Arbeit war gefordert. In Interviews wurde die Ablehnung der Pelztierfarmen formuliert und immer wieder auf die Häufigkeit von Fuchs und Marder hingewiesen. Die Tagespresse war dabei, und selbst einige Illustrierte interessierten sich für dieses jagdliche Arbeits- und Spannungsfeld.
Der letzte Samstag im Februar
Natürlich kam auch Kritik. Tierschützer schickten Leserbriefe an die Redaktionen, aber unsere Position war stark. Sauber erlegt, verwertet, nachwachsender Rohstoff, nachhaltig, langlebig, gut recycelbar und ganz im Sinne regionaler Kreislaufwirtschaft. Zeitgemäße Nutzung – Arbeit im ländlichen Raum. Natürlich im oben abgesteckten Rahmen.
Wir hatten im Ort einen Kürschner, den Schorsch. Der hatte in Zeiten miserablen Absatzes seiner Handwerkserzeugnisse einen Zweitberuf angenommen und stieg nun in der Hoffnung auf bessere Zeiten bei unserem „Heimischen Pelzwerk“ wieder mit ein.
Zuerst organisierten wir einen Sammel- und Anlieferungstag für die rohen Bälge. Das war und blieb bis heute der letzte Samstag im Februar. Danach Füchse zu erlegen, ist eine Sauerei. Wie oft geht die Fähe schon dick und wölft Ende Februar.
Durch die gemeinsame Anlieferung von anfangs bis zu 300 Bälgen bekamen wir einen viel günstigeren Preis fürs Gerben als bei einzeln weggeschickten Bälgen. Außerdem wusste der Kürschner, was in etwa an Winterware zur Verfügung stand.
Wir konnten auch die Werbung über selbstgeschneiderte Prospekte forcieren. Die Fernsehsendungen und die Zeitungsartikel, ein wenig Hörfunk war auch dabei, brachten ebenfalls Kundschaft.
Ein gut behandelter Balg – erzielt einen guten Preis
In den ersten drei Jahren verkauften wir für fast 40 000 Mark gegerbte Fuchs- und Marderbälge. Wir haben auch die Gelegenheit genutzt, auf großen Regionalmessen, zum Beispiel der „Kontakta“ in Ansbach (um die 70 000 Besucher) unser Pelzwerk zu präsentieren. Der Berufsjäger unserer Jägervereinigung hatte dabei seinen Stand in direkter Nachbarschaft zum Landesbund für Vogelschutz, zum Landschaftspflegeverband und dem Bund Naturschutz (BUND). Jagdliche Ernte auf diese Art wurde von den benachbarten Verbänden als etwas Selbstverständliches empfunden. Der Laden lief, und wir waren guter Hoffnung, dass wir einen dauerhaften Markt aufgebaut hatten.
Leider gelang es kaum, über unsere Jägervereinigung hinaus, den Landesjagdverband oder andere Kreisgruppen zu motivieren. Einzige mir bekannte Ausnahme ist die Gegend um Tännesberg in der Oberpfalz, die mit einer ähnlichen Kombination von Artenhilfsprogramm und Balgverwertung an die Öffentlichkeit ging.
Ganz alleine einen großen Markt pflegen konnten wir auch nicht. Deshalb soll auch nicht verschwiegen werden, dass die anfänglichen Verkaufszahlen nicht gehalten werden konnten. Auch bei den anliefernden Jägern gab es Unzufriedenheit. Mancher wollte nicht einsehen, dass nur ein guter – auch gut behandelter Balg – einen guten Preis erzielt. Immer wieder mussten die vom Gerber zurückgekommenen Felle vor den Augen der Erleger bewertet werden. Der Kürschner erklärte dann die einzelnen wichtigen der weniger wertigen Teile und versuchte klarzumachen, dass ein Kugelloch im Rücken fast den ganzen Balg wertlos macht.
Jagen bedeutet auch Arbeit
Auch stumpfe, abgeranzte Ware konnte für schöne Kleidung nicht genutzt werden. Wenn solche Füchse auf der Strecke liegen, lohnt das Abbalgen nicht. Es lässt sich auch verantworten, diese zu vergraben, weil das Gerben fast mehr kostet, als Ertrag zu erzielen ist. Als wir unsere Aktion begannen, berechnete die Gerberei rund 24 Mark für den Balg vom Fuchs. Beim Kürschner brachte ein guter Balg 75 Mark, im Schnitt dürften rund 60 Mark vom Kürschner an den Jäger ausgezahlt worden sein. Die heutigen Preise gelten umgerechnet in Euro.
Schwierig war und blieb auch bei uns, die Überzeugungsarbeit bei vielen Mitjägern, dass Jagen auch Arbeit bedeutet. Dass die Arbeit nicht beendet ist, wenn der Fuchs erlegt ist. Vielen war und ist das Abbalgen zu mühselig. Manche können es auch nicht. Ich weiß allerdings nicht, wie diese ihre Rolle als Jäger verstehen. Hinzu kommen verständliche Bedenken wegen des Fuchsbandwurms. Allerdings ist die Gefahr einer Infektion mit dem Schmarotzer sicher bei der allgemeinen Jagdausübung größer, als beim mit Mundschutz, Gummihandschuhen und Gummischürze erfolgten Abbalgen. Ein Infekt durch den Bauhund, den apportierenden großen Hund, das Aufnehmen des erlegten Fuchses bei Treib- und Drückjagden ist wesentlich wahrscheinlicher, als der geschützte Vorgang des Streifens.
Noch kurz zu Zukunftsprognosen der Balgverwertung: Der Rauchwerkmarkt zieht wieder an. Einige Kürschner bieten in Annoncen halbwegs gute Preise. Auch wir konnten unseren etwas stagnierenden Absatz wieder steigern und den Großteil an Lagerware verkaufen. Die Bälge hingen zwischenzeitlich in Kommission beim Kürschner, und der eine oder andere Jäger musste ziemlich lange Zeit warten, bis er sein Geld bekam.
Der Weg in die jagdliche Zukunft
Ein Aufwärtstrend aber ist seit diesem Jahr unverkennbar. Wenn der Lichtschimmer am trüben Rauchwerkmarkt nicht trügt, können zumindest diejenigen Jäger, denen die Jagd ein bodenständiges Handwerk ist, ihre Jagdbetriebskosten durch Intensivierung der Marder- und Fuchsjagden senken. Darüber hinaus dient eine an nachhaltiger Nutzung orientierte Jagd der jagdlichen Zukunftssicherung. Einiges an Spannungsfeld mit Artenschutzverbänden könnte abgebaut werden. Zu wünschen wäre allerdings, dass mehr Jäger, vor allem auch die jagdlichen Verbände, dieses Selbstverständnis als Arbeitsgrundlage empfinden würden. Vielleicht wäre unser Weg in die jagdliche Zukunft etwas sicherer und weniger angreifbar.
Am letzten Samstag im Februar sammeln die fränkischen Jäger ihre BälgeKlappern gehört zum Handwerk. |