Toter Hirsch verletzt Jäger: Der 3. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG) hat sich in seiner Entscheidung (Az. L 3 U 62/23) mit der Frage befasst, ob ein Jäger, der sich beim Zerlegen eines einige Tage zuvor geschossenen Hirsches verletzt, Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann. Im Ergebnis greift der Schutz der Unfallversicherung nicht.
Beim Zerwirken verletzt: BG lehnte Übernahme von Behandlungskosten nach Auffassung des LSG zurecht ab (Symbolbild: Peter Diekmann /AdobeStock)
Der zum Unfallzeitpunkt 43-jährige Kläger sei Inhaber eines sogenannten Jagdbegehungsscheins für ein im Spreewald gelegenes Jagdrevier. Danach sei es ihm gestattet, gemeinsam und in Absprache mit den beiden Pächtern des Reviers dort der Jagd nachzugehen. Als Gegenleistung für die Jagderlaubnis unterstütze er die Pächter bei einer Reihe von Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Jagd anfallen, unter anderem beim sogenannten „Zerwirken“ (Zerlegen) des Wildes.
Was war passiert?
Einer der Pächter des Jagdreviers habe im August 2021 einen etwa 200 kg schweren Hirsch erlegt. Sechs Tage später habe sich dieser Pächter zusammen mit dem Kläger zu der Kühlkammer begeben, in die der erlegte Hirsch gebracht und mit Hilfe einer Seilwinde aufgehängt worden sei. Als beide sich gemeinsam daran gemacht hätten, das Stück aus der Decke zu schlagen, sei dieses von der Decke gestürzt und habe den Kläger unter sich begraben. Dabei habe sich der Kläger mit dem Schlachtermesser eine Sehne der Hand durchtrennt und notfallmäßig operiert werden müssen.
Die Berufsgenossenschaft habe es abgelehnt, dieses Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und für die Behandlung des Klägers aufzukommen. Als Begehungsscheininhaber sei der Kläger lediglich Jagdgast und falle insoweit nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Er sei zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht „wie ein Beschäftigter“ tätig geworden, sondern habe eigene, persönliche Interessen verfolgt. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) sei ohne Erfolg geblieben.
Zerwirken ist Hobby
Das LSG hat die Entscheidung des SG nunmehr mit Urteil vom 21. März 2024 bestätigt. Der Jagdgast sei bei seinem Gang ins Revier – im Gegensatz zum Jagdpächter eines Reviers – bereits von Gesetzes wegen nicht unfallversichert. Hier habe sich der Unfall allerdings nicht im Jagdrevier selbst, sondern erst sechs Tage später in der Kühlkammer ereignet. Vorliegend sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt auch nicht als sogenannter „Wie-Beschäftigter“ versichert gewesen. Er habe mit dem Zerwirken des Hirsches eine Tätigkeit verrichtet, die im Zusammenhang mit der Ausübung seines Hobbies, der Jagdleidenschaft, stehe und die daher nicht „arbeitnehmerähnlich“ sei. Zudem hätten sich der Jagdpächter und er das Fleisch des Hirsches zur jeweils eigenen Verwendung teilen wollen. Sie hätten mithin beim „Zerwirken“ in erster Linie aus eigenem Interesse gehandelt. Schließlich seien beide freundschaftlich miteinander verbunden. Sie hätten ein gemeinsames Hobby ausgeübt und sich bei den hierzu erforderlichen Vor- und Nachbereitungshandlungen gegenseitig unterstützt, wie es eben im Rahmen einer Freundschaft selbstverständlich erwartet werde. Diese „Sonderbeziehung“ sei nicht vereinbar mit der Stellung eines Arbeitnehmers.
Das Urteil sei nicht rechtskräftig. Der Senat habe die Revision nicht zugelassen. Der unterlegene Kläger könne beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
PM/fh