Versicherung muss zahlen Hund und Fuchs im Abwasserrohr
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines
Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ § 833 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch. „Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer
Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines … Schadensereignisses, das den
Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden)
oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte,
für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen… von einem Dritten
auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.“ § 1 Nr. 1 Allgemeine Haftpflicht –
Versicherungsbedingungen.
II. Der Sachverhalt
Jäger J. war Halter einer Deutschen Jagdterrier-Hündin. Eines Tages machte sie sich selbstständig und jagte einen Fuchs in ein Entwässerungsrohr auf dem benachbarten Grundstück. Dieses führte als Abwasserleitung unter den angrenzenden Pferdestall.
Wegen einer Verengung im Rohr gab es für den Fuchs kein Weiterkommen, beide Tiere lagen sich gegenüber und verbissen sich. Als die Pferdebesitzer das Bellen und die „Kampfgeräusche“ aus dem Abflussgully hörten, benachrichtigten sie J. Dieser versuchte vergeblich, seinen Jagdhelfer zum Rückzug zu bewegen. Nun schaltete J. die Freiwillige
Feuerwehr ein. Diese machte einen Einschlag zwischen den Kontrahenten, so dass der Hund gerettet und der verletzte Fuchs erlöst werden konnte. Anschließend wurde
J. von seinem Nachbarn zum Ersatz der Kosten für die Wiederherstellung des Entwässerungsrohres in Höhe von 644 Euro in Anspruch genommen. J. zahlte diesen Betrag und verlangte anschließend von seiner Jagdhaftpflichtversicherung die Erstattung dieser Summe, weil der Schaden von einem brauchbaren Jagdhund verursacht worden sei.
Die Versicherung lehnte ab. Sie machte geltend, dass der Hund keinen fremden Sachschaden verursacht habe. Das Entwässerungsrohr sei erst durch den Einsatz der Feuerwehr beschädigt worden. Diese Aktion habe nicht der Beseitigung einer Rohrverstopfung gedient, sondern allein der Rettung des Hundes.
III. Das Urteil
Das Gericht gab dem Jäger Recht. Es verurteilte die Versicherung, J. den Betrag zu erstatten, weil der Hund einen ersatzpflichtigen Sachschaden verursacht habe.
Ein solcher Schaden sei nicht nur dann gegeben, wenn die Substanz der fremden Sache
beschädigt oder zerstört werde, sondern auch dann, wenn ihr bestimmungsgemäßer
Gebrauch durch eine tatsächliche Einwirkung beeinträchtigt werde. Das sei hier geschehen.
Durch die ineinander verkeilten Tiere sei das Entwässerungsrohr verstopft gewesen,
so dass seine Funktion, anfallendes Abwasser ohne Rückstau abzuführen, eingeschränkt
worden sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Rohr vollständig oder nur teilweise dicht gewesen sei. Denn eine Beeinträchtigung seiner Funktion liege schon dann vor, wenn der Querschnitt durch eine tatsächliche Einwirkung – das Eindringen der beiden Tiere – verringert werde, weil dadurch die Leistungsfähigkeit des Rohres abnehme. Unerheblich sei, ob die Öffnung des Rohres in erster Linie oder gar ausschließlich zur Rettung des Hundes erfolgt sei. Entscheidend sei allein, dass der Geschädigte gegen den Halter des Hundes einen Anspruch auf Beseitigung der Funktionsstörung seines Rohres gehabt habe,
den J. habe erfüllen müssen. Hierfür habe er Versicherungsschutz. J. sei auch nicht verpflichtet gewesen, aufgrund der Schadensminderungspflicht die Verstopfung durch eine kostengünstigere Rohrspülung zu beseitigen. Denn hierbei hätten beide Tiere mit hoher
Wahrscheinlichkeit den Tod gefunden. Die Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen
Grund stelle jedoch nach dem Tierschutzgesetz eine Straftat dar. Geringere Kosten
zur Beseitigung eines Schadens seien jedoch kein vernünftiger Grund, wie sich aus § 251 Abs. 2 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch ergebe. Amtsgericht Stadthagen, Urteil vom 27.10.2004 – 41 C 381/04 (II) –
IV. Anmerkungen
Einen Jagdschein erhält nur, wer eine Jagdhaftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
Dadurch soll sichergestellt werden, dass Personen, die durch die Jagdausübung einen
Schaden erleiden, diesen auch wirklich ersetzt erhalten. Mitversichert sind in der Regel
auch das Halten und Führen von brauchbaren Jagdhunden. Verursacht ein Jagdhund einen
Schaden, so haftet grundsätzlich der Halter des Tieres. Das gilt selbst dann, wenn ihn kein Verschulden trifft, er also nicht fahrlässig gehandelt hat, weil das Verhalten der Tiere unberechenbar ist. Nur wenn das Tier dem Beruf oder der Erwerbstätigkeit des Halters dient, kann sich dieser von der Haftung befreien. Hierzu muss er nachweisen, dass er nicht fahrlässig gehandelt hat oder der Schaden auch bei korrektem Verhalten eingetreten wäre.
Hieraus folgt, dass Pächter, Jagdgäste und Hundeführer für ihren Hund haften, selbst wenn sie nicht fahrlässig gehandelt haben. Förster und Berufsjäger hingegen können sich von ihrer Haftung befreien, wenn sie den obigen Nachweis erbringen. Im vorliegenden Verfahren haftete J. als Halter des Terriers auf Schadensersatz, weil sein Hund dem Fuchs in das Rohr folgte und beide es verstopften. J. hatte diesen Schaden beglichen und verlangte nun seinerseits Ersatz von seiner Versicherung. Die Versicherung weigerte
sich, weil nach ihrer Ansicht der Hund selbst das Rohr nicht beschädigt, also keinen Schaden verursacht habe. Dabei übersah sie aber, dass ein ersatzpflichtiger Schaden auch
ohne Substanzverletzung vorliegen kann, zum Beispiel dann, wenn durch eine Einwirkung
auf die Sache deren Funktion beeinträchtigt wird. Hiernach liegt zum Beispiel
auch ein ersatzpflichtiger (wenn auch nicht versicherter) Schaden vor, wenn eine Fütterung verstänkert wird, so dass das Wild sie nicht mehr annimmt, oder wenn die Bügel einer Falle mit einem Schloss verschlossen werden, da diese Gegenstände dann ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Zutreffend wurde berücksichtigt, dass eine billigere Rohrspülung zur Beseitigung des Schadens nicht in Betracht kam, weil dadurch die Tiere wohl getötet worden wären. Seit Tiere keine Sachen mehr sind, sind im Rahmen des Schadensersatzes Aufwendungen für ihre Heilung nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie deren Wert erheblich übersteigen. Das muss auch im umgekehrten Fall gelten, wenn es um die Vermeidung von Verletzungen oder Tod geht. Allerdings dürfte das versicherungsrechtlich
nur für Haustiere gelten, weil nur bei ihnen eine Eigentumsverletzung vorliegt und daher Schadensersatz zu leisten ist. Für wildlebende herrenlose Tiere gelten die Regeln des Jagd-,
Tierschutz- und Naturschutzrechts. Danach dürfen Füchse im Rahmen ordnungsgemäßer
Jagdausübung getötet werden, auch im Bau oder in einer Röhre. Bei ganzjährig eschontem
Wild (zum Beispiel Wildkatze) und besonders oder streng geschützten Tieren wäre das
grundsätzlich nicht erlaubt, außer bei einem Notstand.
V. Ergebnis
1. Ein ersatzpflichtiger Sachschaden liegt auch dann vor, wenn die Substanz der Sache
nicht beeinträchtigt wurde, sondern nur ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch.
2. Eine kostengünstigere Art der Schadensbeseitigung kann ausscheiden, wenn dadurch
der Jagdhund verletzt oder getötet würde. Einsender des Urteils: Rechtsanwalt
Christian Thesenvitz, 31632 Husum; Spezialgebiet: Versicherungsrecht