282 JVG – Schutz der freien Landschaft Unzulässiger Pferdeunterstand
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es … einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.“ § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch „Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstanbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.“ § 201 Baugesetzbuch
II. Der Sachverhalt
Landwirt L. besaß neben eigenen Grundstücken auch zugepachtete Flächen, von denen er ein Weidegelände an den Kaufmann K. unterverpachtete. Das Grundstück lag außerhalb der Ortsbebauung im freien Außenbereich. L. beantragte eine Baugenehmigung zur Errichtung eines einseitig offenen Unterstands für die drei Reitpferde, die sein Pächter K. auf dem Grundstück hielt. Die zuständige Behörde versagte die Baugenehmigung, da das Grundstück lediglich der Tierhaltung aus Liebhaberei und zur Freizeitgestaltung diene, nicht jedoch einem landwirtschaftlichen Betrieb. Außerdem sei eine Zersiedlung der freien Landschaft durch Nachahmer zu befürchten. Der Landwirt ging vor Gericht. Er machte geltend, dass der Charakter des Grundstücks als Weidefläche durch die Verpachtung an K. nicht geändert werde. Nach Ablauf der Pacht könne er den Schuppen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb verwenden. Die Tiere benötigten den Unterstand als Schutzhütte gegen die Witterung.
III. Das Urteil
Vor Gericht hatte der Landwirt keinen Erfolg. Seine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde kostenpflichtig abgewiesen, weil bauliche Anlagen für eine Hobby-Tierhaltung im Außenbereich grundsätzlich unzulässig seien. Der Schuppen diene weder einem landwirtschaftlichen Betrieb, noch sei er wegen seiner besonderen Zweckbestimmung im Außenbereich erlaubt. Die Pferde würden lediglich für eigene Freizeitzwecke gehalten. Unerheblich sei, ob der Schuppen aus Gründen des Tierschutzes für die Pferde notwendig sei. Sollte das der Fall sein, müssten die Tiere auf einem anderen, bebaubaren Grundstück untergebracht werden. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Bauverbot im Außenbereich werde durch den Tierschutz nicht begründet. Auch komme es nicht darauf an, wie der Schuppen aussehe, ob er schön oder hässlich sei, und ob er in der freien Landschaft auffalle oder von Büschen und Bäumen verdeckt werde. Entscheidend sei allein der Nutzungszweck, nämlich die Haltung der Pferde zur Freizeitgestaltung. Das rechtfertige keine Bebauung des Außenbereichs. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 28. 2. 1994 – 6 L 3215/91 –
IV. Weitere Urteile
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 29. 8. 1989 – 4 B 61.89 –entschieden, dass ein Unterstand für zwei Reitpferde, die der individuellen Freizeitgestaltung oder den therapeutischen Zwecken eines einzelnen dienen, im Außenbereich unzulässig ist. Siehe auch WuH 6/2000, S. 59.
2. B. erstellte im Außenbereich ohne Genehmigung ein 1,80 Meter hohes Gehege für sein Damwild. Er hielt diese Tiere aus Liebhaberei und beantragte nachträglich eine Genehmigung für den Zaun. Seine Klage auf Erteilung der Genehmigung wurde abgewiesen, da das Gehege keinem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Eine Tierhaltung aus Liebhaberei sei keine Landwirtschaft im Sinne des Gesetzes. Außerdem beeinträchtige die Umzäunung die natürliche Eigenart der Landschaft, da sie das Grundstück aus der freien Landschaft „ausgrenze“, ohne einer landwirtschaftlichen Nutzung zu dienen. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. 1. 2003 – 8 LA 149/02 –.
V. Anmerkungen
1. Grundsätzliches Bauverbot Ein Häuschen im Grünen, eine Jagdhütte im Revier, eine Pferdekoppel in der freien Landschaft – alles Träume, die in der Regel nicht realisierbar sind. Denn nach dem Willen des Gesetzes soll der Außenbereich grundsätzlich unbebaut bleiben, damit der Allgemeinheit die Natur und die freie Landschaft erhalten bleiben. Lediglich bauliche Anlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen oder die aus besonderen Gründen nicht in die Ortsbebauung gehören, können im Außenbereich zugelassen werden. Hierzu zählen zum Beispiel notwendige Scheunen und Schuppen eines landwirtschaftlichen Betriebs, ferner Schießstände, Windkraftanlagen, Berghütten, je nach Erforderlichkeit auch eine Jagdhütte in einfacher Bauart, nicht jedoch Wochenendhäuser, Gartenhütten, Tierunterstände und ähnliche bauliche Anlagen der Freizeitgestaltung einschließlich zugehöriger Einzäunungen. Denn auch Zäune sind bauliche Anlagen im Sinne des Gesetzes, die im Außenbereich grundsätzlich nichts zu suchen haben. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die bauliche Anlage schön oder hässlich, durch Bäume verdeckt oder frei sichtbar ist. Entscheidend ist der Zweck, dem sie dient: Freizeit oder Landwirtschaft/Forstwirtschaft. Etwas anderes gilt nur für Flächen, die zum Beispiel durch einen Bebauungsplan für eine Nutzung zu Freizeitzwecken bestimmt sind, also Dauerkleingärten, Anlagen für die Kleintierhaltung, Zwinger, Koppeln und dergleichen (§ 9 Baugesetzbuch). Je nach Landesrecht können auch sehr kleine Geschirr- und Gerßtehütten einfachster Bauart ohne Aufenthaltsraum zur Verwahrung der Gartengeräte erlaubt sein. Liegt das Grundstück gar in einem Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet oder sonstigen Schutzgebiet, so verstößt die Errichtung von Zäunen, Hütten und so weiter außer gegen § 35 Baugesetzbuch zusätzlich gegen Naturschutzrecht. Denn die diesen Schutzgebieten zugrunde liegenden Rechtsverordnungen verbieten in der Regel die Erstellung baulicher Anlagen jeder Art zur Freizeitgestaltung, sei es Tierhaltung, Gemüseanbau oder eine sonstige Betätigung. Wer entgegen dem Gesetz im Außenbereich eine bauliche Anlage erstellt, und sei es auch nur einen Zaun, muss mit einer Geldbuße („Schwarzbau“) und einer Abbruchs- und Beseitigungsanordnung rechnen. Denn unzulässige bauliche Anlagen werden im Außenbereich grundsätzlich nicht geduldet, damit keine Berufungsfälle entstehen und der Allgemeinheit die freie Landschaft erhalten bleibt.
2. Definitionen
Im Baurecht bedeuten: Landwirtschaft: Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden kann, ferner die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstanbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei (§ 201 Baugesetzbuch). Eine planmäßig beruflich betriebene Pferdezucht auf überwiegend eigener Futtergrundlage ist Landwirtschaft. Dazu kann auch eine Halle zur Bewegung und reiterlichen Erstausbildung der jungen Pferde gehören, nicht jedoch eine Halle für zahlende Reitgäste, die diesen Sport aus Liebhaberei ausüben. Solche Gebäude sind im Außenbereich nicht zulässig. Unter den Begriff der Landwirtschaft fällt ferner die Pensionstierhaltung. Sie liegt vor, wenn ein Landwirt fremde Tiere (Pferde) auf seinem Betrieb gegen Entgelt unterbringt und mit Futter versorgt, das überwiegend von seinen Flächen stammt oder auf diesen angebaut werden kann. Keine landwirtschaftliche Betätigung liegt hingegen vor, wenn ein Landwirt einen Teil seiner (eigenen oder gepachteten) Flächen an einen anderen zu dessen hobbymäßigen oder therapeutischen Tierhaltung verpachtet beziehungsweise unterverpachtet (Schafe, Pferde und andere). Denn hierbei handelt es sich weder um eigene Tierhaltung des Landwirts noch um Bodennutzung zur Erlangung pflanzlicher Erzeugnisse. Betrieb: Ein auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegtes, überwiegend auf eigenen Flächen betriebenes und auf Gewinnerzielung angelegtes landwirtschaftliches Unternehmen, dessen Betriebsinhaber über eine ausreichende landwirtschaftliche Sachkunde verfügt. Auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe fallen hierunter, sofern die einzelnen Merkmale auf sie zutreffen, nicht jedoch eine Tierhaltung aus Liebhaberei sowie Anpflanzungen von Obst, Gemüse und Zierpflanzen für die eigene Familie. Wer also zum Beispiel in seiner Freizeit für sich und seine Familie einen Gemüsegarten im Außenbereich anlegt, ist weder ein „Landwirt“ noch Inhaber eines landwirtschaftlichen „Betriebs“. Er kann dies tun, darf aber hierfür weder eine Gartenhütte noch einen Zaun errichten, auch nicht zum Schutz gegen Wildschäden oder andere Personen. Ist eine solche Anpflanzung ohne Zaun wegen der Wildschäden zwecklos, so ist das Grundstück für eine solche Nutzung nicht geeignet, ein Zaun darf auch in diesen Fällen nicht erstellt werden (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 18. 9 1991 – 3 S 1960/91 -, WuH 18/1996, S. 42). Dienen: Damit eine bauliche Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb „dient“, muss ein funktioneller Bezug zu dem Betrieb bestehen derart, dass ein Landwirt sie – unter Beachtung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs – an gleicher Stelle in gleicher Größe errichten würde.
3. Abbruchverfügung Illegal errichtete bauliche Anlagen im Außenbereich sind grundsätzlich zu entfernen, damit rechtmäßige Verhältnisse wiederhergestellt werden. Der „Schwarzbauer“ darf nicht besser gestellt sein als derjenige, der sich an die Vorschriften hält und nicht baut. Der Erlass einer Abbruchverfügung steht zwar nach Landesrecht im Ermessen der Baubehörde, jedoch entspricht es rechtmäßiger Ermessensausübung, gegen illegales Bauen im Außenbereich einzuschreiten und durch Anordnung der Beseitigung wieder rechtmäßige Zustände zu Gunsten der Allgemeinheit herzustellen. In Natur- und Landschaftsschutzgebieten besteht grundsätzlich eine uneingeschränkte Beseitigungspflicht. Nicht entschieden ist die Frage, ob ein Jagdausübungsberechtigter verlangen kann, dass die Baubehörde gegen illegale bauliche Anlagen im Außenbereich vorgeht und eine Abbruchverfügung erlässt. Ein solcher „Anspruch auf Einschreiten“ setzt voraus, dass der Schutzzweck des § 35 Baugesetzbuch (grundsätzliches Bauverbot im Außenbereich) zumindest auch darin besteht, das Jagdausübungsrecht vor Beeinträchtigungen zu schützen (so genannter Drittschutz). Gerade das aber ist zweifelhaft, weil das Bauverbot vor allem dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung einer freien Außenbereichslandschaft dient. Jedenfalls kann der Jagdausübungsberechtigte – entweder selbst oder besser durch Einschaltung des dafür zuständigen Naturschutzwarts/Landschaftswarts – durch eine Mitteilung an die Baubehörde und Vorlage von Fotos erreichen, dass diese von der Sache Kenntnis erhält, sich die Anlage ansieht und anschließend eine Entscheidung darüber trifft, ob sie eine Abbruchanordnung erlässt. Keine Baubehörde hat so viel Zeit, um ständig den Außenbereich zu kontrollieren.
4. Schutz des Jagdausübungsrechts Die Frage, ob eine bauliche Anlage im Außenbereich zulässig ist und wie die Baubehörde dagegen einschreitet, beurteilt sich nach öffentlichem Recht (Verwaltungsrecht, § 35 Baugesetzbuch). Was der Jagdausübungsberechtigte gegen Störungen und Beeinträchtigungen durch bauliche Anlagen unternehmen kann, bestimmt das Zivilrecht (Bürgerliches Recht, § 823 und § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch). Hierzu folgende Urteile: Wird das Jagdausübungsrecht durch die Errichtung baulicher Anlagen erstens wesentlich und zweitens in nicht ortsüblicher Weise (störender Fremdkörper in der Umgebung) beeinträchtigt, kann der Jagdausübungsberechtigte je nach Sachlage Unterlassung der Störungen, Beseitigung der Anlage oder Minderung des Pachtpreises verlangen. So hat das Oberlandesgericht Saarbrücken (Urteil vom 16. 1. 1990 – 2 U 153/87 –) den Betrieb eines Modellflugplatzes auf einer Wiese im Außenbereich wegen erheblicher Störungen des Wildes und der Jagdausübung untersagt. Laut Sachverständigengutachten hatte der Flugbetrieb wesentliche, am Standort nicht ortsübliche Störungen verursacht (siehe WuH 11/1994, S. 42). Mit ähnlicher Begründung untersagte das Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 12. 7. 1984 – 2 U 579/84 -) einem Golfklub teilweise die Bespielung seines Golfplatzes in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk, da die hiervon ausgehenden Störungen wesentlich und nicht ortsüblich seien. Der zugezogene Sachverständige hatte erklärt, dass der angrenzende Wald und das davor gelegene Wiesengelände für das Wild in diesem Gebiet von existentzieller Bedeutung seien. Erst bei einem Abstand von 300 Metern würden wesentliche Störungen vermieden. Daraufhin untersagte das Gericht dem Golfklub, die Anlage innerhalb einer Entfernung von 300 Metern vom Waldrand zu bespielen und diese Fläche öfter als bei einer landwirtschaftlichen Nutzung zu mähen, damit dieser Bereich dem Wild als Lebensraum erhalten bleibt (siehe WuH 8/1994, S. 47). Nach einem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 14. 1. 1988 – 4 S 36/86 – kann der Jagdausübungsberechtigte vom Erbauer verlangen, dass dieser einen Drahtgeflechtzaun beseitigt, der laut Sachverständigengutachten das Jagdausübungsrecht wesentlich beeinträchtigt und nicht ortsüblich ist. Zu beseitigen sei allerdings nur das Drahtgeflecht, nicht die Pfosten, da diese nicht störten. Zur Frage der Minderung des Pachtpreises bei nachträglich erstellten baulichen Anlagen im Revier: Siehe ausführlich WuH-Exklusiv „Jagdrecht (1)“, S. 24 bis 41.
VI. Ergebnis
1. Im Außenbereich sind bauliche Anlagen grundsätzlich unzulässig. Deshalb sind Wochenendhäuser, Gartenhütten, Tierunterstände und sonstige Anlagen, die der Freizeitgestaltung dienen, einschließlich deren Umzäunungen nicht erlaubt.
2. Die Baubehörde kann den Abbruch dieser Anlagen anordnen, um rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Hiervon wird regelmäßig Gebrauch gemacht, da die freie Außenbereichslandschaft ein Schutzgut der Allgemeinheit ist. In Natur und Landschaftsschutzgebieten besteht grundsätzlich eine Beseitigungspflicht.
3. Eine Ausnahme gilt für bauliche Anlagen, die einem land oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen und notwendig sind oder die aufgrund sonstiger Eigenschaften in den Außenbereich gehören.
4. Wird das Jagdausübungsrecht durch bauliche Anlagen wesentlich und in nicht ortsüblicher Weise gestört/beeinträchtigt, so kann der Jagdausübungsberechtigte Unterlassung oder Entfernung verlangen, je nach Sachlage auch den Pachtpreis mindern. In der Regel ist hierzu die Einschaltung eines Sachverständigen notwendig.