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287 JVG – Störung fremden Jagdausübungsrechts

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287 JVG – Störung fremden Jagdausübungsrechts, Überjagende Stöberhunde

287 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
„Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.“ § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch

II. Der Sachverhalt
Ansitzdrückjagd in Norddeutschland. Wie bereits in den vergangenen Jahren, fand im Forst X. eine weiträumige Bewegungsjagd statt. Dabei wurden auch freilaufende Stöberhunde eingesetzt, die wiederholt und zu mehreren in den angrenzenden Jagdbezirk überjagten und dort nach Wild stöberten. Die Pächter des angrenzenden Jagdbezirks waren nicht mehr bereit, dies tatenlos hinzunehmen; bereits in den vergangenen Jahren war es zu ähnlichen Störungen ihres Jagdausübungsrechts gekommen. Sie erhoben beim zuständigen Amtsgericht Klage auf Unterlassung künftiger Störungen durch überjagende Stöberhunde.

III. Das Urteil

Das Gericht gab den Pächtern Recht. Es verurteilte den Veranstalter der Ansitzdrückjagd „unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft“, es zu unterlassen, dass bei künftigen Ansitzdrückjagden der benachbarte Jagdbezirk Y. von den eingesetzten weitjagenden Stöberhunden „mit  abgesucht, durchstöbert und Wild hochgeschreckt wird“. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch gegeben seien. Eine rechtswidrige Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechtes sei bereits erfolgt, und in Zukunft sei mit weiteren Störungen dieser Art zu rechnen.
Rechtswidrige Beeinträchtigung:  Die vernommenen Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, so das Gericht, dass es während der Ansitzdrückjagd mehrfach zu einem Überjagen der eingesetzten Jagdhunde gekommen sei. Dadurch sei das Jagdausübungsrecht der Reviernachbarn rechtswidrig verletzt worden, ohne dass diese die Beeinträchtigung hinzunehmen hätten. Zwar könne ein Überjagen der Hunde nie vollständig ausgeschlossen werden; der Veranstalter der Jagd habe jedoch weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass er irgendwelche Vorkehrungen gegen ein Überjagen der Hunde vorgenommen habe.
Wiederholungsgefahr: Auch in den kommenden Jahren sei mit der Durchführung von Ansitzdrückjagden zu rechnen, bei denen wieder Jagdhunde zum Hochmachen des Wildes eingesetzt würden. Außerdem hätten die Nachbarn bereits vor der Jagd ihre Bedenken gegen die Art der Durchführung der Jagd geäußert, ohne dass Maßnahmen gegen ein unkontrolliertes Überjagen der Hunde getroffen worden seien. Daher sei künftig mit weiteren Störungen dieser Art zu rechnen. Durch dieses Urteil werde dem Forstamt die generelle Durchführung von Bewegungsjagden unter Einsatz frei jagender Hunde nicht untersagt; vielmehr werde es dazu verpflichtet, künftige Jagden nicht in gleicher Weise durchzuführen, damit nicht erneut mit einem unkontrollierten Überjagen zu rechnen sei.

 • Die Jagdnachbarn könnten nur verlangen, dass bei der Durchführung von Ansitzdrückjagden alle „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen  gegen ein Überjagen der Hunde getroffen würden (beispielsweise größerer Abstand zur Reviergrenze, Verwendung besonders zuverlässiger Hunde im Grenzgebiet). Sollte es dann gleichwohl zu einem Überjagen kommen, so begründe dies noch keinen Unterlassungsanspruch, weil es keine absolute Sicherheit gegen ein Überjagen gebe. Amtsgericht Bückeburg, Urteil vom 11.01.2000 – 73 C 175/99 (VI) –, bestätigt durch Landgericht Bückeburg, Urteil vom 5.10.2000 – 1 S 47/00 –

IV. Anmerkungen
1. Rechtswidrige Störung/ Beeinträchtigung
Überjagende Stöberhunde stellen grundsätzlich eine rechtswidrige Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechts dar, die der Jagdnachbar nicht hinnehmen muss. Das gilt schon dann, wenn die Hunde im fremden Jagdbezirk nur stöbern und suchen, also noch kein Wild hochgemacht haben, oder nur Wild aus dem eigenen Revier dorthin verfolgen. Der Jagdnachbar kann mit Erfolg auf Unterlassung klagen, wenn mit einer Wiederholung bei künftigen Jagden zu rechnen ist. Das gilt für Staatsjagden und  Privatjagden in gleicher Weise.
Anders ist es nur dann, wenn der für die Durchführung der Bewegungsjagd  Verantwortliche, also der Jagdleiter/Jagdausübungsberechtigte alle ihm möglichen und  zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ein Überjagen zu verhindern, und dennoch vereinzelt Hunde in das Nachbarrevier eindringen. Denn solche sporadischen Beeinträchtigungen hat der Jagdnachbar nach § 1004 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch zu dulden, weil es einen absolut sicheren Ausschluss des Überjagens nicht gibt.Zu diesen „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen gegen ein Überjagen gehört vor allem, dass ein ausreichender Abstand zum Nachbarrevier eingehalten wird, genügend Teilnehmer zur Grenze hin abgestellt werden und nur geeignete, meist kurzläufige Hunde zum Einsatz kommen, in Grenznähe angeleint. Jeder Jagdherr/Jagdleiter muss sich daher schon bei der Planung der Jagd sehr sorgfältig überlegen, 
ob das zu bejagende Gebiet  aufgrund seiner Größe, Lage und Beschaffenheit überhaupt für eine solche Bejagung geeignet ist;
wie groß in der konkreten Situation der Grenzabstand sein muss; 
welche Hunde zwecks Vermeidung von Grenzverletzungen einzusetzen sind (weitjagende oder kurzläufige Stöberhunde);
wen er vor der Grenze zur Sicherung abstellt (z. B. die Hundeführer, damit die Hunde bei Anruf auch tatsächlich umkehren);
welche sonstigen Maßnahmen zum Schutz des benachbarten Jagdbezirks notwendig sind. Reicht eine Dickung bis in unmittelbare Grenznähe, so scheidet eine Bejagung mit freilaufenden Hunden in der Regel aus, weil ein Abhalten der Hunde nahezu ausgeschlossen, ein Überjagen also programmiert ist. In solchen und ähnlichen Gebieten sind die Hunde anzuleinen und die Treiber vorzuschicken. 
Werden diese oder ähnliche Maßnahmen sorgfältig ausgeführt, so reicht ein vereinzeltes  Überjagen der Hunde nicht aus, um die Rechtswidrigkeit der dadurch verursachten Störung/Beeinträchtigung zu begründen. Denn solche „Ausreißer“ sind dem Einsatz von Jagdhunden gewissermaßen immanent und müssen daher vom  Jagdnachbarn geduldet werden. Dementsprechend dürfen überjagende, erkennbar im jagdlichen Einsatz befindliche Hunde auch keinesfalls im Nachbarbezirk im Rahmen des Jagdschutzes getötet werden.
2. Wiederholungsgefahr Der Unterlassungsanspruch setzt außer einer rechtswidrigen Störung /Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts weiter voraus, dass Wiederholungsgefahr besteht. Es muss also die Befürchtung gegeben sein, dass in Zukunft weitere Jagden auf die gleiche Weise organisiert werden, so dass es dann wiederum zu einem Überjagen der eingesetzten Hunde kommen wird.
Hat bereits in der Vergangenheit eine solche Jagd mit Störungen stattgefunden, so besteht in der Regel Wiederholungsgefahr, wenn jetzt eine erneute Jagd auf die gleiche Weise durchgeführt werden soll. Ebenso liegt Wiederholungsgefahr vor, wenn nach  einer Jagd mit Störungen eine verbindliche Zusage darüber verweigert wird, dass in Zukunft solche Jagden nicht mehr stattfinden werden. 
Wird erstmals eine solche Jagd angesetzt und ist aufgrund der örtlichen Situation (kleine Fläche, Grenznähe, Einbuchtungen, Dickungen) oder der vorgesehenen Jagdhunde (weitjagende Stöberhunde) mit einem erheblichen Überjagen zu rechnen, so muss nicht erst die erste Störung/Beeinträchtigung abgewartet werden, um Unterlassung verlangen zu können. Es genügt, dass diese Gefahr konkret bevorsteht.
3. Wilderei 
Werden Hunde oder Treiber absichtlich oder unter billigender Inkaufnahme so eingesetzt, dass sie auch fremde Revierteile mit durchstöbern, um das dortige oder dorthin geflüchtete Wild zwecks Erlegung hochzumachen, so liegt Wilderei vor. Das gilt selbst dann, wenn es nicht zu einem Erlegen kommt, weil bereits das Nachstellen im fremden Revier den Tatbestand der Wilderei erfüllt.

Wer am Tage vor der Jagd Wild aus dem Nachbarrevier in sein eigenes hineindrückt oder hineindrücken lässt, um es am folgenden Tage erlegen zu können, begeht noch keine Wilderei, sondern nur eine rechtswidrige Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechts (vgl. Bayr. Oberstes Landesgericht, GA 1955,247). Denn dadurch wird das Wild noch nicht unmittelbar gefährdet, es liegt also noch kein Nachstellen vor – das erfolgt erst am nächsten Tage auf der Jagd –, sondern nur eine (noch) straflose Vorbereitungshandlung (Bayerisches Oberstes Landesgericht, GA 1955, 247). Wurde die Tat von einem Jäger begangen, so ist ihm der Jagdschein wegen groben unwaidmännischen Verhaltens zu entziehen. Außerdem ist Unterlassungsklage zu erheben, um künftigen Wiederholungen vorzubeugen.
Ebenfalls begeht keine Wilderei, sondern nur eine rechtswidrige Verletzung des Jagdausübungsrechts, wer am Tage vor der Jagd das Wild aus dem Jagdgebiet heraustreibt, um es zu retten oder den Jäger zu schädigen. Denn ein solches Verhalten ist mangels Erbeutungsabsicht ebenfalls noch kein Nachstellen, sondern „nur“ ein  Verscheuchen. Auch in diesem Falle ist der Jagdschein wegen groben unwaidmännischen Verhaltens zu entziehen und Unterlassungsklage zu erheben, um Wiederholungen auszuschließen.

V. Ergebnis 
1. Überjagende Stöberhunde stellen grundsätzlich eine rechtswidrige  Störung/Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechts dar. Das gilt für Staatsjagden wie für Privatjagden gleichermaßen. Der Jagdnachbar kann daher Unterlassung verlangen, wenn in Zukunft mit weiteren Störungen/Beeinträchtigungen zu rechnen ist oder eine solche erstmals konkret bevorsteht.
2. Anders ist es, wenn nach Sachlage alle „möglichen und zumutbaren“ Maßnahmen  getroffen wurden, um ein Überjagen zu verhindern, und es gleichwohl zu einem vereinzelten Eindringen von Hunden in den benachbarten Jagdbezirk kommt. Das ist als unvermeidbar hinzunehmen.
3. Vor Durchführung einer Bewegungsjagd ist daher sorgfältig zu prüfen,
ob das Gelände aufgrund seiner Lage und Grenzbeschaffenheit überhaupt für eine solche  Jagdart geeignet ist,
welche Hunde zwecks Vermeidung von Grenzverletzungen einzusetzen sind, 
welche sonstigen Sicherungsmaßnahmen entlang der Reviergrenze und der Straßen zu treffen sind (siehe hierzu WuH-Exklusiv „Jagdrecht (1), S. 76 bis 82) .
4. Absichtliches Mitbejagen fremder Revierflächen, etwa durch Aufstöbern des Wildes durch Treiber oder Hunde, um es im eigenen Jagdbezirk zu erlegen, ist Wilderei und damit eine Straftat.

 VI. Tipp
Je nach Sachlage empfiehlt es sich, mit den Jagdnachbarn gemeinsam revierübergreifende Bewegungsjagden durchzuführen, dann stellt sich diese Problematik nicht.

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