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291 JVG – Repetierer unterladen mitgeführt

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291 JVG – Verlust von Jagdschein und Waffenbesitzkarte, Repetierer unterladen mitgeführt

291 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Ein Jäger darf Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung einschließlich des Ein- und  Anschießens im Revier, zur Ausbildung von Jagdhunden im Revier, zum Jagdschutz oder zum Forstschutz ohne Erlaubnis führen und mit ihnen schießen; er darf auch im  Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten die Jagdwaffen nicht schussbereit ohne Erlaubnis führen.“ § 13 Abs. 6 WaffG 2. „Eine Waffe ist schussbereit, wenn sie geladen ist, das heißt Munition oder Geschosse in der Trommel, im in die Waffe eingeführten Magazin oder im Patronen- beziehungsweise Geschosslager sind, auch wenn sie nicht gespannt ist.“ „Eine Waffe ist zugriffsbereit, wenn sie mit wenigen schnellen Griffen in Anschlag gebracht werden kann, zum Beispiel wenn sie in einem Halfter oder in einer bei  Militär und Polizei üblichen Tasche getragen oder im geschlossenen Handschuhfach des Pkw mitgeführt wird.“ Nr. 12.3.2 Entwurf der allgemeinen WaffVwV (vergleichbar die bisherige Regelung in Nr. 35.6.1 und 35.6.2)
3. „Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.“ § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG
4. „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Schusswaffe unbefugt erwirbt, besitzt oder führt.“ „Handelt der Täter fahrlässig,  so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.“ § 52 Abs. 3 Nr. 2 a und Abs. 4 WaffG

II. Der Sachverhalt
Jäger J. fuhr nichts Böses ahnend in sein Revier. Hinter ihm auf dem Rücksitz lag sein Repetierer, wie gewohnt unterladen, damit nichts passieren konnte. Unterwegs wurde er von der Polizei angehalten, weil er während der Fahrt mit seinem Handy telefoniert hatte und zu schnell gefahren war. Dabei sah die Polizei die Waffe auf dem Rücksitz und stellte fest, dass sich Patronen im Magazin befanden. J. wurde wegen verbotenem Führens einer Schusswaffe angezeigt. Die Staatsanwaltschaft zeigte Verständnis für den Jäger, der die Verschärfungen des neuen Waffengesetzes offenbar noch nicht so richtig mitbekommen hatte. Sie stellte das Verfahren nach § 153 Strafprozessordnung wegen Geringfügigkeit ein. Kurz darauf beantragte J. die Verlängerung seines Jahresjagdscheins. Die Untere Jagdbehörde lehnte den Antrag ab, da J. unzuverlässig sei. Der festgestellte  Sachverhalt rechtfertige die Annahme, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgerecht umgehen werde. Trotz fehlender Verurteilung sei daher von der Unzuverlässigkeit des Jägers auszugehen. Angesichts der Geringfügigkeit des Verstoßes und des bislang unbeanstandeten Lebenswandels könne ihm aber bereits nach einem Jahr ein neuer Jagdschein erteilt werden.

III. Die Entscheidung
Vor Gericht hatte J. keinen Erfolg. Sein Antrag, die Untere Jagdbehörde durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm als Jagdpächter wegen seiner jagdrechtlichen Pflichten einstweilen seinen Jagdschein zu verlängern, wurde  kostenpflichtig abgelehnt. Es fehle an einem Anspruch auf Erteilung/ Verlängerung des Jagdscheins, so das Gericht, weil er  nicht mehr die waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitze. Nach § 17 Abs.1 S. 2 BJG sei daher der Jagdschein zwingend zu versagen. Durch das Mitführen der unterladenen und damit schussbereiten Büchse habe J. den Tatbestand des unbefugten Führens einer Schusswaffe erfüllt (Straftat nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 a  WaffG). Es bestünden daher durchgreifende Zweifel, ob er die erforderliche Gewähr biete, künftig mit Waffen und Munition vorsichtig und sachgerecht umzugehen.  Schon ein  einmaliger Verstoß gegen ein waffenrechtliches Verbot, das eine vorsätzliche Straftat darstelle, reiche in der Regel aus, um diese ungünstige Prognose über das zukünftige Verhalten des Waffenbesitzers zu begründen. Denn eine solche Straftat sei regelmäßig Ausdruck einer gröblichen Fehleinstellung gegenüber den mit den waffenrechtlichen Verboten verfolgten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.3.1996 – 1 C 12.95 –, BVerwGE 101,24). Oberverwaltungsgericht NW, Beschluss vom 11.4.2006 – 20 B 500/06 –

IV. Weiterer Fall
1. Im Zusammenhang mit einem Ladendiebstahl stellte die Polizei bei einem Jäger fest, dass er seine Walther PPK Kal. 7,65 mm im Handschuhfach seines Pkws mitgeführt hatte. Hierzu erklärte der Jäger, dass er gerade von der Jagd gekommen sei, seine Langwaffe habe er bereits zu Hause im Waffenschrank verwahrt, seine Pistole jedoch im Fahrzeug gelassen. Das Strafverfahren wegen unbefugten Mitführens einer halbautomatischen Schusswaffe (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG) wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gegen Auflagen zunächst vorläufig, nach Erfüllung der Auflagen endgültig eingestellt. Gleichwohl erklärte die Untere Jagdbehörde den Jagdschein für ungültig, zog ihn ein und widerrief die Waffenbesitzkarte. Zur Begründung führte sie aus, dass das unbefugte Mitführen der Pistole unabhängig vom  Ausgang des Strafverfahrens die Unzuverlässigkeit begründe, weil der Jäger mit seinem Verhalten gezeigt habe, dass er mit Waffen und Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen werde.
2. Das Gericht wies die Klage des Jägers ab. Zwar sei es zutreffend, dass nach § 13 Abs. 6 WaffG die Waffe nicht nur auf dem Hin- und Rückweg nicht schussbereit mitgeführt werden dürfe, sondern auch auf den üblichen anschließenden gesellschaftlichen  Veranstaltungen sowie auf kurzen Besorgungen und Besuchen, sofern sie im Zusammenhang mit der Fahrt und der Jagd erfolgten. Jedoch habe sich J. nicht auf einer solchen Fahrt befunden. Denn er habe angegeben, dass er zuvor von der Jagd nach Hause zurückgekehrt sei und dort seine Langwaffe deponiert habe. Erst danach sei er zum Baumarkt gefahren. Unabhängig hiervon könne von einem langjährigen Jäger erwartet werden, dass er sich fortlaufend über wichtige Änderungen des Waffenrechts informiere. J. habe sich somit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG als unzuverlässig erwiesen, weil er mit seiner Waffe nicht vorsichtig umgegangen sei und sie nicht sorgfältig verwahrt habe. Bei der Festlegung der Dauer der Unzuverlässigkeit könne aber zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, dass er seine Waffen  schon vor über einem Jahr abgegeben habe und bereits fortgeschrittenen Alters sei. Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 21.1.2005 – 1 A 237/04 –

V. Anmerkungen
Wie das Leben so spielt. Zu schnelles Fahren, ein verbotenes Handy-Gespräch oder nur ein defektes Rücklicht – solche Auffälligkeiten können ungeahnte Folgen haben. Manchmal ist es eben besser, die Waffe unsichtbar mitzunehmen, zum Beispiel im verschlossenen Kofferraum, um sie den Blicken anderer zu entziehen, auch wenn das auf Fahrten zur Jagd und zurück nicht vorgeschrieben ist. Die Fälle zeigen einmal mehr mit aller Deutlichkeit, dass das neue Waffengesetz mit seinen strengeren Regelungen noch immer nicht in allen Köpfen angekommen ist. Besonders wichtig für uns Jäger sind die neuen Bestimmungen über die Aufbewahrung sowie das Führen und Transportieren von Schusswaffen, weil in diesen Bereichen deutliche Verschärfungen gegenüber dem alten Recht eingetreten sind (siehe hierzu WuH-Exklusiv Jagdrecht (1), S. 84 – 98).
1. Einstellung des Strafverfahrens In beiden Fällen ist es den Rechtsanwälten der Jäger gelungen, die Staatsanwaltschaft von der Geringfügigkeit der Verstöße zu überzeugen, so dass die Strafverfahren wegen unbefugten Führens einer schussbereiten Waffe eingestellt wurden. Damit schied eine Bestrafung aus, so dass die Gefahr einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen oder darüber mit fünfjähriger Unzuverlässigkeit gebannt war. Doch damit war die Sache noch nicht erledigt.
Auch eine Einstellung des Strafverfahrens schützt nicht in jedem Falle vor der Unzuverlässigkeit. Denn als öffentliches Sicherheitsrecht richtet sich das Waffenrecht nach den durch das Verhalten des Waffenbesitzers befürchteten Gefahren für die Allgemeinheit, die es abwenden soll, unabhängig davon, ob den Waffenbesitzer ein besonderes Verschulden trifft, während das Strafrecht immer eine Schuld des Täters voraussetzt, sei es Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Deshalb kommt es im öffentlichen Sicherheitsrecht entscheidend auf den Grad der drohenden Gefahren für die Allgemeinheit an, während im Strafrecht die Schwere der Schuld im Vordergrund steht.
Ist zum Beispiel ein Sachverhalt gegeben, der eine Straftat nach dem WaffG oder dem BJG darstellt und die Annahme rechtfertigt, dass der Betroffene künftig mit Waffen oder Munition nicht sachgemäß umgehen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 a bis c WaffG) oder handelt es sich um einen groben oder wiederholten Verstoß gegen das Waffengesetz oder Bundesjagdgesetz (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG), so ist Unzuverlässigkeit gegeben mit der Folge, dass die Waffenbesitzkarte zu widerrufen und der Jagdschein zu versagen /einzuzeihen ist, auch wenn das Strafverfahren eingestellt wurde  Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.2.1996 – 1 B 134.95 –). Für „jagdfremde“ Straftaten, die keinen Bezug zur Jagd oder dem Waffenumgang haben, gilt das grundsätzlich nicht. In diesen Fällen ist mit der Einstellung des Verfahrens in der Regel die Sache auch erledigt.
Liegt in den erstgenannten Fällen trotz Einstellung des Verfahrens Unzuverlässigkeit vor, so ist ihre Dauer wegen der fehlenden Verurteilung jedenfalls erheblich kürzer. Denn bei einer Einstellung wegen Geringfügigkeit liegt zumeist auch kein grober oder wiederholter Verstoß gegen das Gesetz oder gegen einen  ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen vor, das wäre ein Wiederspruch in sich. An Stelle der starren Fünf-Jahres- Frist bei  Verurteilungen richtet sich deshalb in diesen Fällen die Dauer der Unzuverlässigkeit nach der Schwere des Verstoßes beziehungsweise der drohenden Gefahren unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles einschließlich der Person des Betroffenen sowie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das kommt in beiden Fällen klar zum Ausdruck.
2. Unterwegs mit der Waffe
Das vorsätzliche oder auch nur fahrlässige Mitführen einer schussbereiten (geladenen) Waffe stellt nach § 52 WaffG eine Straftat dar. Das gilt für Langwaffen und Kurzwaffen gleichermaßen, wobei bei Kurzwaffen das Strafmaß wegen der größeren Gefahren deutlich höher ist.
Schussbereit ist eine Waffe, wenn sie geladen ist, das heißt wenn Munition oder Geschosse im Patronenlager, im in die Waffe eingefügten Magazin oder in der Trommel sind, auch wenn die Waffe entspannt, gesichert oder nur unterladen ist.
 • Alle Lang- und Kurzwaffen sind daher auf der Fahrt zu einem anderen Ort immer vollständig entladen mitzunehmen (keine Patrone im Patronenlager, im eingefügten Magazin oder in der Trommel). Das gilt für alle Fahrten sowie während der Teilnahme am Schüsseltreiben und bei kurzen Unterbrechungen unterwegs (Besuch des Jagdfreundes, kurze Besorgungen, Tanken usw.).
Auf Fahrten zur Jagd und zurück darf die Waffe zugriffsbereit sein, zum Beispiel der Drilling blank und entladen auf dem Rücksitz liegen, die Pistole entladen im Holster stecken oder sich im Handschuhfach befinden (Entwurf WaffVwV Nr. 12.3.3.1). Das Magazin darf außerhalb der Waffe gefüllt mitgenommen werden.
 • Auf allen anderen Fahrten, zum Beispiel zum Schießstand, Büchsenmacher oder Jagdfreund, muss die Waffe hingegen nicht zugriffsbereit sein (entladen in einem Futteral oder Transportbehältnis oder blank im Kofferraum, ausgenommen im Kofferraum eines Kombis, weil man hier über die Rücklehne die Waffe ergreifen kann. In einem solchen Kombi muss sich die Waffe daher in  einem Futteral oder sonstigen Behältnis befinden).
Die Munition darf derzeit noch unverschlossen mitgenommen werden, ein aus der Waffe herausgenommenes Magazin darf gefüllt sein.
Nach Nr. 12.3.3.2 des derzeitigen Entwurfs der neuen allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz sollen künftig wesentlich strengere Vorschriften gelten. Beim Transportieren von Waffen, also auf Nicht-Jagdfahrten, müssen das Futteral, das Transportbehältnis und der Kofferraum, in denen sich eine Waffe befindet, verschlossen sein, damit man (auch selbst) nur nach Überwindung einer  Sicherheitseinrichtung an diese Gegenstände gelangen kann (Vorhängeschloss). Außerdem muss auf diesen Fahrten die Munition getrennt von der Waffe in einem in gleicher Weise verschlossenen Transportbehältnis mitgenommen werden, sie darf noch nicht einmal in ein von der Waffe getrenntes Magazin eingefügt sein.
Auf Fahrten und Anlässen, die nicht vom Bedürfnis der Jagd gedeckt sind, darf die Waffe nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 WaffG erst gar nicht mitgenommen werden, weil hierfür keine Notwendigkeit besteht (zum Beispiel Besuch der Großmutter).

VI. Ergebnis
1. Auch bei einer Einstellung des Strafverfahrens wegen eines Verstoßes gegen das Jagd oder Waffengesetz kann Unzuverlässigkeit gegeben sein, z. B. wenn die Tat die Annahme rechtfertigt, dass der Waffenbesitzer in Zukunft mit Schusswaffen oder Munition nicht ordnungsgemäß umgehen wird.
2. Die Dauer der Unzuverlässigkeit richtet sich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach den Umständen des Einzelfalles, sie ist regelmäßig erheblich kürzer als die Fünf- Jahres-Frist bei einer Verurteilung.
3. Schusswaffen müssen unterwegs immer vollständig entladen sein. Das gilt für Langwaffen und für Kurzwaffen in gleicher Weise.
4. Auf Fahrten zur und von der Jagd einschließlich im Zusammenhang damit dürfen Waffen zugriffsbereit sein.
5. Auf allen sonstigen Fahrten müssen die Waffen nicht zugriffsbereit sein, also sich in einem Futteral, Transportbehältnis oder im Kofferraum befinden.
6. Der Entwurf für eine neue allgemeine Verwaltungsvorschrift sieht strengere Regeln beim Transportieren vor, Waffen und Munition müssen getrennt und in verschlossenen Behältnissen sein.


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